Eine staatliche Verschuldung hat weitreichende Auswirkungen, deshalb gibt es die Schuldenbremse.
In Deutschland ist die Schuldenbremse im Grundgesetz festgeschrieben, dennoch ist sie in der Diskussion.
Schuldenbremse aussetzen, abschaffen oder reformieren? Diese drei Möglichkeiten gibt es.
Was ist eine Schuldenbremse?
Die Schuldenbremse soll sicherstellen, dass die Regierung nicht übermäßig hohe Schulden anhäuft und dass sie die finanzielle Stabilität des Landes bewahrt. Diese Regelung fördert die Haushaltsdisziplin und langfristige Stabilität, indem sie
- klare Grenzen für die Verschuldung setzt und
- die Rückzahlung der Staatsschulden in absehbarer Zeit verlangt.
Denn zu viele Schulden eines Staates können zu einschneidenden Problemen seiner Bürger und des Landes führen.
In aller Regel muss auch der Staat auf die Schulden, die er aufgenommen hat, Zinsen zahlen. Problematisch wird es, wenn der Betrag für die Zinsen höher ist als in der Budgetplanung der 14 Ministerien vorgesehen ist. In der Vergangenheit gab es einen beispiellosen Zinsanstieg, sodass von den Steuereinnahmen in der Staatskasse weniger übrig blieb. Teils, so die Aussagen vom Institut der deutschen Wirtschaft, hat der Staat im Jahr 2023 zehnmal so hohe Ausgaben für Zinsen wie im Jahr 2021.
Wie hoch ist die Schuldenbremse?
Die Schuldenbremse legt fest, in welchem Umfang sich ein Staat verschulden darf, oft in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder andere finanzielle Kennzahlen. Deutschland darf sich von 2016 an jedes Jahr bis zu einer Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes neu verschulden. Das ist im Grundgesetz Artikel 109 festgehalten.
Der Bundeshaushalt für 2023 wurde mit Ausgaben in Höhe von 476,29 Milliarden Euro beschlossen. Dabei war eine Neuverschuldung in Höhe von 45,61 Milliarden Euro vorgesehen.
Woher kommt die Schuldenbremse?
Die Idee der Schuldenbremse hat historische Wurzeln, aber in modernen Zeiten wurde sie verstärkt umgesetzt als Reaktion auf Finanzkrisen, insbesondere in Europa. In Deutschland wurde die Schuldenbremse im Jahr 2009 durch eine Änderung des Grundgesetzes eingeführt.
Dies geschah als Reaktion auf die Finanzkrise von 2008 – unter anderem ausgelöst durch die Immobilienblase in den USA. So führten die übermäßigen Vergaben von Hypothekenkrediten zu einer Vertrauenskrise ins Finanzsystem, was wiederum zu einer weltweiten Wirtschaftskrise führte. Jene Krise hatte erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft mit Konsequenzen wie Arbeitsplatzverlusten, Bankenrettungen und staatlichen Konjunkturprogrammen – das verschärfte die Staatsverschuldung. Dagegen hat sich Deutschland mit der Schuldenbremse rechtlich dazu verpflichtet, langfristig die fiskalische Stabilität zu sichern. Für die Grundgesetzänderung stimmten am 29. Mai 2009 CDU/CSU und SPD, mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag .
Schuldenbremse aussetzen, abschaffen oder reformieren?
Aber die Zeiten ändern sich. Müssen sich deshalb auch die Regeln ändern? Die Frage, ob die Schuldenbremse abgeschafft, ausgesetzt oder reformiert werden sollte, ist nicht so einfach zu beantworten. Denn die Angelegenheit ist nicht nur kontrovers, sondern auch komplex. Die Entscheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise
- den wirtschaftlichen Bedingungen,
- der politischen Philosophie
- und den spezifischen Bedürfnissen eines Landes.
Deshalb ist es wichtig, eine ausgewogene Diskussion darüber zu führen und die Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen.
Drei Möglichkeiten
- Wenn die Schuldenbremse ausgesetzt wird
Nachdem Deutschland sieben Mal hintereinander einen ausgeglichenen Haushalt, teils sogar Finanzüberschüsse ausgewiesen hat, wurde – etwa aufgrund der Belastungen durch die Corona-Pandemie – in den Jahren 2020, 2021 und 2022 die Schuldenbremse ausgesetzt. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum derzeitigen Haushalt, soll die Schuldenbremse auch im Jahr 2023 erneut ausgesetzt werden. Aussetzung bedeutet: von den festgelegten Grenzen für die Verschuldung wird abgewichen. Das kann in Zeiten außergewöhnlicher Umstände erfolgen, wie etwa während einer schweren Wirtschaftskrise oder nach Naturkatastrophen. Jedoch geht die Aussetzung der Schuldenbremse oft mit der Verpflichtung einher, diese Maßnahme später wieder aufzuheben.
- Wenn die Schuldenbremse abgeschafft wird
Eine Abschaffung der Schuldenbremse kann aus verschiedenen Gründen erfolgen.
- Ein Grund wäre, um in wirtschaftlich schwierigen Zeiten flexibler auf Herausforderungen reagieren zu können und mehr staatliche Ausgaben zu ermöglichen. Befürworter sehen darin eine notwendige Maßnahme, um auf außergewöhnliche Umstände zu reagieren oder wirtschaftliches Wachstum zu fördern.
- Ein anderer Grund könnte sein, dass die Regierung weniger Einschränkungen akzeptiert und kurzfristige finanzielle Bedürfnisse priorisiert. Kritiker argumentieren, dass dies die finanzielle Stabilität gefährden und langfristig zu ernsthaften wirtschaftlichen Problemen führen kann.
- Wenn die Schuldenbremse reformiert wird
Einige Politiker meinen, eine strenge Sparpolitik nehme dem Staat die Flexibilität. Die Schuldenbremse solle reformiert werden, denn die jetzige sei nicht mehr zeitgemäß. Unter anderem gebe es einen extremen Investitionsbedarf und da könne die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form schnell zu einem Investitionsblocker, also einer Zukunftsbremse werden. So gibt es den Vorschlag: nur noch Kredite für Investitionen (zukünftige Vorhaben) zu geben, nicht aber für konsumtive Ausgaben (laufende Periode).
Besser mit Schuldenbremse
Die Mehrheit der Bevölkerung will einer Umfrage zufolge (Stand: 23.11.2023) die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form beibehalten.
- 61 Prozent der Befragten sprechen sich gegen eine Lockerung der Schuldenbremse aus.
- 35 Prozent wollen die Schuldenbremse lockern.
- 4 Prozent sind unentschlossen.
Quelle: Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen für ZDF-"Politbarometer"
Wo leiht sich der Staat eigentlich sein Geld?
Geldgeber für den Staat sind Banken (zentral versteigert der Bund seine Wertpapiere über die Deutsche Finanzagentur an 37 ausgewählte Geschäftsbanken), Zentralbanken, Investmentfonds, Versicherungen sowie auch private Anleger und Anlegerinnen im In- und Ausland. Die genaue Mischung dieser Quellen hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich
- der finanziellen Strategie der Regierung,
- der Marktsituation,
- der Zinssätze
- und der Bedingungen auf den Finanzmärkten.
Oft wird eine ausgewogene Finanzierungsstruktur angestrebt, um die Abhängigkeit von einer einzigen Quelle zu verringern.
Wie sehr hängen staatliche Förderungen mit der Schuldenbremse zusammen?
Grundsätzlich gibt es immer eine Spannung zwischen dem Bedarf staatlicher Förderungen und dem Ziel, die Staatsverschuldung zu begrenzen. In Phasen wirtschaftlicher Herausforderungen oder bei Krisen kann es notwendig sein, staatliche Förderungen zu erhöhen, um die Wirtschaft zu stabilisieren oder bestimmte Vorhaben zu unterstützen. Dies könnte dazu führen, dass die Schuldenbremse vorübergehend ausgesetzt oder gelockert wird, um zusätzliche finanzielle Spielräume zu schaffen. Das könnte auch wichtig für nachfolgende Generationen sein. Ebenso wichtig ist es in Sachen Generationengerechtigkeit aber auch, eben unseren Kindern keinen überschuldeten Haushalt zu hinterlassen.
Je nachdem, für welche Gangart sich die Bundesregierung entscheidet – Aussetzung, Abschaffung oder Reformierung der Schuldenbremse – kann das direkte Auswirkungen auf Vorhaben im Klimaschutz, bei der Energiewende, bei der sozialen Infrastruktur oder auch bei staatlichen Förderprogrammen haben.
Schuldenbremse: Wie haushalten andere Länder?
Die Einführung der Schuldenbremse soll die Haushaltsdisziplin eines Landes stärken. Die spezifischen Umstände der Schuldenbremse können je nach Land variieren. Hier einige Beispiele:
- Die USA legen eine Schuldenobergrenze fest und erhöhen sie regelmäßig. Die Schuldenobergrenze wurde zuletzt bis 2025 ausgesetzt, um einen Zahlungsausfall zu verhindern.
- Großbritannien hat keine gesetzliche Schuldenbremse, verfolgt jedoch fiskalische Ziele, darunter eine Nettokreditaufnahme von nicht mehr als 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP).
- Die EU-Schuldenregeln besagen (sogenannte Maastricht-Kriterien), dass ein Mitgliedstaat nicht mit mehr als 60 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet sein sollte und das jährliche Finanzierungsdefizit unter 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bleiben muss. Wegen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs sind die Regeln bis 2024 ausgesetzt.
- In Frankreich gibt es keine verankerte Schuldenbremse, und die Regierung bevorzugt traditionell schuldenfinanzierte Investitionen. Im laufenden Jahr 2023 wird ein Defizit von 4,9 Prozent erwartet. Von der Summe her hat Frankreich die höchste Staatsverschuldung in der EU.
- Italien hat eine Verfassungsverpflichtung zur Haushaltsdisziplin, erlaubt jedoch flexiblere Ausnahmen. Die Staatsschulden werden bis Ende 2023 voraussichtlich 139,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) erreichen. Das jährliche Haushaltsdefizit könnte von derzeit 3,6 auf 4,3 Prozent des BIP steigen.
- Luxemburg, Estland, Dänemark und Schweden werden in Europa für 2023 die geringsten Haushaltsdefizite prognostiziert.
Die schwarze Null beruhigt nicht alle
In der Summe soll eine Neuverschuldung vermieden und ein (nahezu) ausgeglichener Haushalt – die sogenannte „schwarze Null“ – erreicht werden. Dann übersteigen die Ausgaben nicht die Einnahmen und eine Neuverschuldung ist nicht mehr notwendig. Doch nicht alle Finanzexperten finden das sinnvoll, weil das die Handlungsfähigkeit eines Staates stark mindern kann.
Nicht zuletzt macht auch diese gedämpfte Freude über eine schwarze Null den großen Unterschied zwischen einer privaten Verschuldung und einer staatlichen Verschuldung.
Hier dreht sich alles ums Geld. Mit uns bleiben Sie auf dem Laufenden und erfahren alles über clevere Spartipps, lukrative Anlagemöglichkeiten, smarte Altersvorsorgen und News aus der Finanzwelt. Denn: Wissen zahlt sich aus!
Stand: 29.11.2023