Die Ehe: ein finanzielles Risiko?
In langjährigen Partnerschaften oder Ehen ist es selbstverständlich: beide Partner sind füreinander da – auch finanziell. Arbeitet einer der Partner in Teilzeit oder gar nicht, etwa um sich um gemeinsame Kinder zu kümmern, gleicht der andere das aus. Für den Moment sicher eine gute und praktikable Lösung. Wenn sich (Ehe-)Paare trennen, zeigt sich jedoch zumeist: Gut und praktikabel bleibt es lediglich für den Haupt- oder Alleinverdiener.
In den meisten Fällen ist es der Mann, der jahrelang (gutes) Geld verdient, sich beruflich weiterentwickelt und konstant in die Rentenkasse einzahlt. Er ist es, der zudem private Altersvorsorge betreibt, um die Rentenzahlungen aufzubessern.
Die kurzfristigen finanziellen Vorteile dieser Rollenverteilung liegen auf der Hand: Die Männer verdienen in den meisten mehr Fällen mehr als ihre Frauen. Mit dem Gehalt des Mannes lässt sich demnach leichter eine Familie versorgen.
Wenn die Ehe scheitert, stehen viele dieser Frauen an der Armutsgrenze, warnt Katharina Staffe, Senior-Referentin für betriebliche Altersvorsorge beim Verband öffentlicher Versicherer in Düsseldorf.
Die Statistiken belegen dies: Frauen haben nach Scheidungen rund 40 Prozent weniger Geld zur Verfügung, während Männer mit nur sieben Prozent weniger auskommen müssen. Und wer weniger Geld hat, der wird sich auch weniger um seine Altersvorsorge kümmern können.
Frauen sind nach Trennungen deshalb oft finanziell doppelt benachteiligt: Sie verlieren mit ihrem Partner nicht nur ihre Alterssicherung, sondern auch die Möglichkeit, sich eine eigene Rente aufzubauen.
Abgesichert durch Ehegattenunterhalt?
Wer sich darauf verlässt, im Falle einer Scheidung ausreichend Unterhalt vom Ex-Partner zu erhalten, hat das Nachsehen. Mit dem 2008 reformierten Unterhaltsrecht wurde dieser nämlich bedeutend eingeschränkt.
Diese Regelung soll dazu führen, dass mehr (verheiratete) Frauen berufliche Eigenverantwortung übernehmen, selber arbeiten gehen und so eigenständig für das Alter vorsorgen.
Der erwünschte Effekt ist bisher jedoch ausgeblieben, weil das umstrittene Ehegattensplitting größere Vorteile verspricht. In Deutschland führt es dazu, dass Frauen weniger arbeiten. Nirgendwo in Europa und den USA trägt die Frau so wenig zum Familieneinkommen bei wie in den westlichen Bundesländern Deutschlands.
Somit belohnt und fördert der Staat das traditionelle Alleinernährer-Modell des Mannes – und sorgt langfristig dafür, dass Frauen eine viel zu geringe staatliche Rente erhalten.
Abgesichert durch den Versorgungsausgleich?
Egal ob beide Partner ähnlich viel verdienen oder ob es eine Lücke zwischen beiden Einkommen gibt: Im Falle einer Scheidung kommt es in der Regel zu einem sogenannten Versorgungsausgleich. Jeder Rentenanspruch, der während der Ehe entstanden ist, wird demnach addiert und jeweils zu 50 Prozent an die Partner vergeben. Eine Frau, die gar nicht oder nur wenig gearbeitet hat, erhält somit einen Teil der Rentenzahlungen ihres Ex-Mannes.
Allein auf diesen Versorgungsausgleich zu bauen, ist jedoch nicht ratsam. Wie hoch dieser ist, hängt nämlich davon ab, wie lange Sie verheiratet waren und wie viele Rentenpunkte Ihr Mann in dieser Zeit gesammelt hat. Ein Beispiel:
Sie waren zehn Jahre lang mit einem Mann verheiratet, der monatlich 3.156 Euro verdient. Dieser Wert entspricht dem angesetzten Durchschnittseinkommen und somit einem Rentenpunkt pro Jahr. Haben Sie selber in den zehn Jahren nicht verdient, erhalten Sie nach der Scheidung fünf der zehn Rentenpunkte Ihres Ex-Mannes. Das entspricht aktuell (Westdeutschland/2019) fünf Mal 32,94 Euro, also 164,70 Euro pro Monat. Nicht besonders viel, oder?
Abgesichert durch Witwenrente?
Nicht nur eine Trennung, auch der Tod des Ehemannes kann dazu führen, dass Frauen von heute auf morgen allein finanziell über die Runden kommen müssen.
Zwar erhalten Hinterbliebene dann – sofern sie bereits im Rentenalter sind – die sogenannte Witwenrente, doch häufig ist diese zu klein, um davon gut zu leben. Je nachdem, wie lange Sie verheiratet waren, beträgt die Hinterbliebenenrente lediglich 55 bis 60 Prozent der Rente des Verstorbenen. Ohne eigene Altersvorsorge wird es da schnell eng.
Abgesichert durch einen Ehevertrag?
Eine Möglichkeit, mit der sich Frauen absichern können, ist ein Ehevertrag (im Amtsdeutsch: Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung), in dem die Vermögensverhältnisse nach einer möglichen Trennung geregelt sind. Hier können Sondervereinbarungen für Gütertrennung, Versorgungsausgleich oder Ehegattenunterhalt getroffen werden.
Das lehnen Frauen häufiger ab als Männer, weil sie es unromantisch finden. Und vielleicht auch, weil sie Nachteile für sich befürchten.
Vollkommen zu Recht. „Es wird immer wieder zu einem Ehevertrag geraten, doch meistens will sich mit ihm nur der besser gestellte Partner absichern – und das ist meistens der Mann“, sagt Katharina Staffe.
Sollten Sie sich dennoch für einen Ehevertrag entscheiden, lassen Sie sich auf jeden Fall gut beraten, damit der Vertrag nicht zum Nachteil für Sie oder Ihren Partner ausfällt.
So gelingt unabhängige Vorsorge
Letztlich spielt es keine Rolle, ob Sie verheiratet sind oder in einer festen Partnerschaft leben: Es ist wichtig, dass Sie Ihre Altersvorsorge selber in die Hand nehmen und nicht von Ihrem (Ehe-)Mann abhängig sind.
Am einfachsten ist das natürlich, wenn Sie selber berufstätig sind und sich Stück für Stück eine Alterssicherung aufbauen.
Sie sind berufstätig
„Frauen, die in einem beständigen Arbeitsverhältnis stehen, sollten betriebliche Altersvorsorge (bAV) in Anspruch nehmen, erklärt Katharina Staffe und fügt hinzu: „Dies kann zum Beispiel durch Entgeltumwandlung erfolgen.“
Dabei werden die eigenen Beiträge aus dem Bruttoeinkommen gezahlt, man spart Sozialversicherungsbeiträge und Steuern.
Staffe: „Aber vielleicht unterstützt auch der Arbeitgeber die bAV, denn dank der Einführung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) erhalten Arbeitgeber vom Staat einen Zuschuss, wenn sie Arbeitnehmern mit einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von maximal 2.200 Euro eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung gewähren – und das zusätzlich zum Arbeitslohn.“ Erkundigen Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber.
Sie arbeiten nicht oder nur wenig
Diplom-Kauffrau Staffe weiß aber auch, dass viele Frauen nicht arbeiten können, weil sie sich beispielsweise um die Kinder, den Haushalt oder die Pflege von Angehörigen kümmern müssen. In solchen Fällen sei es jedoch besonders wichtig, dass sie sich Gedanken um eine private Altersvorsorge machen.
„Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig und für jeden individuell sinnvoll. Das Wichtigste ist, dass sich Frauen überhaupt mit dem Thema beschäftigen und sich zu den vielen Möglichkeiten beraten lassen“, sagt die Expertin. „Das mag lästig und vielleicht auch unangenehm sein, aber es zahlt sich am Ende aus.“
Zu den bekanntesten Modellen gehört die sogenannte Riester-Rente. Wer wenig oder gar nichts verdient, kann schon ab 60 Euro pro Jahr die volle staatliche Förderung erhalten. Die Beiträge können zudem von der Steuer abgezogen werden, die Rente selbst ist allerdings steuerpflichtig.
Die Riester-Rente ist flexibel und kann im Laufe der Zeit und bei wechselnden Lebenssituationen und Einkommen angepasst werden.
„Sie ist für Mütter sehr interessant, weil es neben einer Grundzulage in Höhe von 175 Euro auch noch 300 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind, das nach 2008 geboren wurde, gibt“, sagt Katharina Staffe.
Rentenversicherung: Mehr Sicherheit – oder mehr Rendite?
Zu den Klassikern unter den privaten Vorsorgemöglichkeiten zählt weiterhin die private Rentenversicherung. Sie bietet eine hohe Sicherheit, weil sie lebenslange Leistungen bereits beim Vertragsabschluss garantiert und Verluste ausgeschlossen sind. Zusätzlich zahlen die Versicherungen eine Überschussbeteiligung aus der jährlichen Rendite aus. Auf diese Weise erhöht sich die private Rente mit jedem Vertragsjahr.
„Die private Rentenversicherung ist bequem und flexibel, weil sich die Einzahlung variabel gestalten lässt und die Auszahlung entweder als lebenslange Rente, als Kapitalauszahlung auf einen Schlag oder bei einem frühzeitigen Todesfall an einen Hinterbliebenen gezahlt werden kann,“ sagt Vorsorgespezialistin Staffe.
Wer risikobereiter ist, kann beispielsweise auch in eine fondsgebundene Rentensicherung einzahlen und verbindet einen Fondssparplan in renditestarken Börsensegmente mit einer Rentenversicherung.
Die Renditechancen sind aber auch von den Bewegungen an der Börse und damit vom erzielten Anlageerfolgt abhängig „Deswegen sollte bei Geldanlagen an den Börsen immer auf einen langen Anlagezeitraum geachtet werden“, warnt Katharina Staffe.
Die Zukunft auf mehr als eine Säule bauen
Am Ende gibt es bei der Altersvorsorge keine Patentlösung. Im Gegenteil: Die Möglichkeiten sind fast so vielfältig wie es die Biografien sind. Eines kann man aber mit Sicherheit sagen: Die gesetzliche Rente allein reicht nicht, um den Lebensstandard zu halten. Eine solide Alterssicherung, mit der Mann und Frau sorgenfrei in die Zukunft blicken können, muss heute auf verschiedene Säulen verteilt werden.