In Deutschland gelten etwa 3,4 Millionen der Über-65-Jährigen als armutsgefährdet.
Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: Frauen über 65 sind mit einem Anteil von 20 Prozent stärker armutsgefährdet als gleichaltrige Männer (16 Prozent).
Die Ursache: Sie beziehen geringere Renten, weil sie weniger gearbeitet oder verdient haben.
Armut im Alter
Die Vorstellung ist schockierend: Im Alter so wenig Geld zu haben, dass es für Lebensmittel kaum reicht, geschweige denn für ein bequemes Bett oder eine angemessen warme Wohnung. Oder zumindest Freunde und Familie vertrösten zu müssen, weil nicht genug Geld da ist, um sich auf ein Stück Kuchen im Café zu treffen.
Für einen Teil der älteren Menschen in Deutschland ist das die Realität. Laut Statistischem Bundesamt gilt fast jede fünfte Person, die älter ist als 65 Jahre, als armutsgefährdet.
Was armutsgefährdet heißt
Armut zu messen ist nicht leicht. Am verbreitetsten ist die 60-Prozent-Regel. Dabei gilt als armutsgefährdet, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung hat. Das Medianeinkommen ist wiederum die exakte Mitte, wenn man die Menschen in Deutschland nach ihrem Einkommen sortieren würde. Es wird also die relative Armut gemessen, nicht die existenzielle Armut.
Ein Problem dabei: Je mehr „die Mitte“ verdient, desto höher der Anteil der armutsgefährdeten Personen (wenn nicht deren Einkommen in gleichem Maße steigt). Gleichermaßen sinkt die Quote, wenn die Mitte der Gesellschaft weniger verdient und die Renten als Haupteinkommensquelle der Älteren stabil bleiben.
Ob jemand armutsgefährdet ist, hängt wesentlich davon ab, wie viele Personen vom Haushaltseinkommen abhängen – und wie alt sie sind. Die Statistikerinnen und Statistiker versuchen diesen Umständen Rechnung zu tragen. Daher gibt es verschiedene Einkommenshöhen, die die Grenze definieren.
Ab diesen Werten gilt man als armutsgefährdet
Für eine alleinlebende Person lag der Wert für das Jahr 2021 bei 1.145 Euro im Monat . Dazu zählen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Einkommen aus Vermögen, Renten und Pensionen sowie Sozialleistungen. Abgezogen wurden direkte Steuern und Sozialbeiträge. Betrachtet wird jedoch nicht die Wohnsituation. Über-65-Jährige wohnen überdurchschnittlich häufig im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung. Somit kann unter Umständen jemand vom Einkommen her als armutsgefährdet gelten, muss aber weder Miete zahlen noch einen Kredit bedienen. Andere hingegen müssen einen zumeist großen Ausgabenblock fürs Wohnen trotz des geringen Einkommens tragen.
Die Schwellenwerte für die Armutsgefährdung werden nach einem Äquivalenzeinkommen berechnet. Weil mehrere Personen in einem Haushalt gewisse Kosten bündeln, werden sie gewichtet: Der erste Erwachsene zählt mit dem Faktor 1. Weitere Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren werden mit dem Faktor 0,5 gewertet, Kinder unter 14 nur mit 0,3. Diese Faktoren werden addiert, um den Schwellenwert zu ermitteln, der für einen Haushalt gilt:
Haushalt | armutsgefährdet ab einem Haushaltseinkommen von | Berechnung |
---|---|---|
1 Erwachsener | 1.145 Euro/Monat | |
2 Erwachsene | 1.718 Euro/Monat | 1.145 * (1 + 0,5) |
2 Erwachsene + 1 Kind (< 14 J.) | 2.061 Euro/Monat | 1.145 * (1 + 0,5 + 0,3) |
2 Erwachsene + 1 Kind (ab 14 J.) | 2.290 Euro/Monat | 1.145 * (1 + 0,5 + 0,5) |
1 Erwachsener + 1 Kind (< 14 J.) | 1.489 Euro/Monat | 1.145 * (1 + 0,3) |
1 Erwachsener + 1 Kind (ab 14 J.) | 1.718 Euro/Monat | 1.145 * (1 + 0,5) |
Besonders Frauen betroffen
Auffällig ist bei den Zahlen zur Armutsgefährdung der Über-65-Jährigen: Der Anteil von Frauen liegt mit gut 20 Prozent höher als der der Männer mit knapp 16 Prozent. Aufgrund des höheren Frauenanteils unter den älteren Menschen insgesamt betrifft es somit etwa 2,1 Millionen Seniorinnen und 1,3 Millionen Senioren. Außerdem beachtlich: Die Kluft zwischen den Geschlechtern steigt mit dem Alter und ist bei den Über-75-Jährigen nochmals größer. Für die Gesamtbevölkerung, also über alle Altersgruppen hinweg betrachtet, ist der Anteil armutsgefährdeter Frauen hingegen nur leicht höher als der der Männer.
Frauen beziehen weniger Rente
Die Ursache dafür ist: Frauen waren lange Zeit und sind noch immer seltener erwerbstätig, arbeiten häufiger in Teilzeit und verdienen darüber hinaus in vielen Fällen weniger. Dadurch haben sie dann auch geringere Rentenansprüche. Das fällt besonders im Westen auf, wo länger klassische Rollenbilder vorherrschten, während in der ehemaligen DDR Frauen häufiger arbeiteten. So erhalten Frauen in den alten Bundesländern durchschnittlich 39 Prozent weniger Rente als die Männer. Im Osten liegt der Abstand bei 16 Prozent.
Durchschnittlicher Rentenzahlbetrag (inklusive Grundrentenzuschlag und nach Abzug der Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung):
Mehr Kinder – höhere Armutsgefährdung
Dabei spielt auch eine Rolle, ob und wie viele Kinder es in der Familie gibt, wie die Bundeszentrale für politische Bildung aufschlüsselt. Wohnen im Haushalt zwei Erwachsene ohne Kind, liegt die Armutsgefährdung bei 9 Prozent. Für zwei Erwachsene mit zwei Kindern steigt der Wert auf 11 Prozent. Bei drei und mehr Kindern liegt der Armutsgefährdungsanteil sogar bei 32 Prozent.
Alleinerziehende besonders gefährdet
Das Problem vergrößert sich, wenn die Ehe geschieden wird beziehungsweise das Paar sich trennt. 42 Prozent aller Personen in Haushalten von Alleinerziehenden sind armutsgefährdet. Eine Wohnung, die auch den Bedürfnissen der Kinder entspricht, muss dann mit nur einem Einkommen bezahlt werden. Gleichzeitig ist die Zeit, arbeiten zu gehen oder die Karriere zu entwickeln, knapper. Daraus entsteht ein Einkommensdefizit, das sich bis ins Alter trägt. Das trifft ebenfalls überdurchschnittlich häufig Frauen.
Haushalt | Anteil armutsgefährdet |
---|---|
2 Erwachsene ohne Kind | 9,2 % |
2 Erwachsene mit 1 Kind | 8,9 % |
2 Erwachsene mit 2 Kindern | 11,3 % |
2 Erwachsene mit 3+ Kindern | 32,2 % |
1 Erwachsener mit Kind(ern) | 42,3 % |
Frauen arbeiten wesentlich öfter in Teilzeit
Ob alleinerziehend oder nicht: Frauen leisten einen größeren Teil der Familienarbeit und verzichten auf Lohnarbeit. Das zeigen die Teilzeitquoten . 35 Prozent aller Frauen ohne Kinder arbeiteten 2020 in Teilzeit. Der Anteil unter den Müttern lag hingegen bei 66 Prozent. Bei Männern ergibt sich ein anderes Bild. Während 12 Prozent der Männer ohne Kinder in Teilzeit arbeiteten, tun dies nur 7 Prozent der Väter.
Bei Paaren: Jede vierte Frau ist finanziell abhängig
Das Bild hat sich im Vergleich zu 2010 nicht gewandelt. In allen Gruppen nahm die Teilzeitquote sogar leicht zu – was mitunter allerdings auch als Wohlstandsentscheidung gewertet werden kann. Dennoch bestätigt sich, was bereits die Studie „Ältere Menschen in Deutschland“ von 2016 festhielt: Die traditionellen Rollenmuster wandeln sich nur langsam. „Auch von den Frauen in Paargemeinschaften jüngerer Generationen lebte 2014 rund ein Viertel überwiegend von den Einkünften Angehöriger. Der Wert unterschied sich damit kaum vom Anteil der älteren Frauen in Paargemeinschaften.“ Bei den Paaren über 65 leben ebenfalls 25 Prozent der Frauen überwiegend von den Einkünften der Angehörigen. Fällt diese Unterstützung zum Beispiel durch Scheidung weg, steigt das Armutsrisiko.
Für die Studie „Entwicklung der Altersarmut bis 2036 “ der Bertelsmann Stiftung haben das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in die Zukunft geschaut: Bis zum Jahr 2036 wird der Anteil der jeweils 67-jährigen alleinstehenden Frauen, deren Einkommen nicht fürs Leben reicht, stark steigen. Im Untersuchungsjahr 2016 waren 16 Prozent von staatlichen Leistungen abhängig, 2036 werden es der Prognose zufolge bereits 28 Prozent sein.
So lässt sich Altersarmut verhindern
Am besten vor Altersarmut schützen können sich Frauen, indem sie ihre Absicherung möglichst früh in die eigenen Hände nehmen. „Frauen sollten nicht darauf hoffen, dass es schon irgendwie reichen wird“, warnt Deka-Volkswirtin Dr. Gabriele Widmann. „Sie sollten bei der Altersvorsorge einen gesunden Egoismus entwickeln und regelmäßig für sich selbst Geld anlegen, damit sie finanziell unabhängiger werden. Auf die Unterstützung ihrer Kinder möchten sie im Alter ja auch nicht angewiesen sein.“
Korina Dörr, Leiterin des Beratungsdienstes Geld und Haushalt und Expertin für die private Finanzplanung, rät zu regelmäßigem Sparen: „Man sollte den Sparanteil für die Altersvorsorge möglichst früh und dauerhaft in sein Budget einplanen. So schiebt man diese wichtige Absicherung nicht ständig auf und auch anfangs kleine Beträge können sich bis zum Rentenbeginn zu einer stattlichen Summe entwickeln.“
Rechtzeitig abbezahltes Wohneigentum kann dabei ebenfalls helfen, mit der Rente besser auszukommen.
Zudem ist Bildung ein Schlüssel, um sich vor Altersarmut zu schützen. Denn wer nur einen niedrigen Bildungsstand erreicht hat, arbeitet seltener in gut bezahlten Berufen und sind eher von Arbeitslosigkeit betroffen. Auch deshalb liegt die Armutsgefährdung in dieser Gruppe bei sehr hohen 40 Prozent.
Essenziell ist aber Arbeit an sich. „Menschen mit langen Erwerbsbiografien haben in allen Perioden ein sehr niedriges Armutsrisiko“, hält die Studie der Bertelsmann Stiftung fest.
Anteil arbeitender Frauen steigt
Und auch wenn die Teilzeitquote hoch ist, gibt es doch auch einen sehr positiven Trend: Mehr Frauen arbeiten. Die Erwerbsbeteiligungsquote der Frauen lag Mitte der 90er Jahre noch bei 55 Prozent. 2022 hat sie den Rekordwert von 73 Prozent erreicht, wie aus Daten des Mikrozensus hervorgeht. Damit liegt der Wert noch etwas unter dem der Männer. Dieser stieg 2022 erstmals auf über 80 Prozent. Anfang der 2000er waren auch Männer noch seltener in Lohn und Brot, vor allem der hohen Arbeitslosigkeit wegen. So lag ihre Erwerbsbeteiligungsquote 2004 bei nur 70 Prozent.
Besonders stark gestiegen ist der Anteil der arbeitenden Frauen, die zwischen 55 und 64 Jahren alt sind. Bei jüngeren Frauen lassen sich hingegen keine Steigerungen beobachten, da diese schon längere Zeit vergleichsweise hoch ist.
Grundsicherung: Viele Bedürftige scheuen den Antrag
Sollte das Geld im Alter knapp sein, ist es wichtig, die vorhandenen sozialen Sicherungssysteme zu nutzen. Denn viele Menschen, die in Rente sind und deren Geld nicht ausreicht, meiden „den Gang zum Amt“. Gerade ältere Menschen scheuen sich davor, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen – aus Scham oder aus Sorge, ihre Kinder könnten zur Kasse gebeten werden. Doch diese Sorge ist unberechtigt: Die Grundsicherung wird unabhängig vom Einkommen der Kinder gewährt – es sei denn, die Kinder verdienen mehr als 100.000 Euro im Jahr.
Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, bei einem Monatseinkommen von weniger als 924 Euro einen Anspruch auf „Grundsicherung im Alter“ prüfen zu lassen. Mit dieser Leistung unterstützt der Staat diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Stand Dezember 2022 bezogen knapp 3 Prozent der Altersrentner und -rentnerinnen Grundsicherung, wie sich auf den Seiten des Statistischen Bundesamt nachlesen lässt. Die Höhe der bewilligten Unterstützung variiert, weil das Existenzminimum für jeden Antragsteller individuell berechnet wird und dabei zum Beispiel auch der Wohnort eine Rolle spielt.
Fazit
Von Armut im Alter sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Ursache ist, dass sie weniger Zeit in und mit bezahlter Arbeit verbringen, dafür mehr Hausarbeit und Care-Arbeit übernehmen. Dadurch zahlen sie weniger in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Da der Mangel an Geld auch zu sozialer Ausgrenzung führen und negative Folgen für die Gesundheit haben kann, ist es wichtig ein finanzielles Polster aufzubauen.
Häufige Fragen zur Altersarmut von Frauen
Wo liegt die Armutsgrenze bei Rentnern?
Die Armutsgrenze bei Rentnern und Rentnerinnen wird definiert als 60 Prozent des Medianeinkommens der Gesamtbevölkerung. Der Median ist, was die genau Mitte der Bevölkerung verdient. Wenn das Einkommen aus Rente und anderen Quellen unter dieser Grenze liegt, gelten Rentner und Rentnerinnen als armutsgefährdet. In Deutschland liegt die Armutsgefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt 2021 bei einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 1.145 Euro.
Wen betrifft Altersarmut?
Von Armut in Alter sind diejenigen gefährdet, die während ihrer Arbeitsjahre geringe Einkommen hatten, lange arbeitslos waren oder in Teilzeit gearbeitet haben. Frauen sind überdurchschnittlich von Armut im Alter betroffen, da sie aus den genannten Gründen häufiger geringere Renten beziehen.
Warum sind insbesondere Frauen von der Altersarmut betroffen?
Frauen sind aus verschiedenen Gründen besonders von Altersarmut betroffen:
- Erwerbsbiografie: Frauen haben oft längere Phasen der Teilzeitarbeit oder Unterbrechungen in ihrer Erwerbsbiografie aufgrund von Hausarbeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen. Das führt zu niedrigeren Rentenansprüchen.
- Entgeltungleichheit: Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer, was sich auch auf ihre spätere Rente auswirkt (siehe Gender-Pay-Gap).
- Alleinerziehende: Alleinerziehende haben oft eine besondere finanzielle Belastung und sind daher anfälliger für Altersarmut. Frauen sind häufiger alleinerziehend.
- Teilzeitarbeit: Deutlich mehr Frauen arbeiten in Teilzeit als Männer, was zu niedrigeren Rentenansprüchen führt.
Was verbirgt sich hinter der "Grundsicherung"?
Die Grundsicherung ist eine staatliche Leistung, die dazu dient, Rentnerinnen und Rentnern ein Mindesteinkommen zu gewährleisten, falls ihre Rente nicht ausreicht, um die Grundbedürfnisse zu decken. Sie soll sicherstellen, dass alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer vorherigen Arbeit, ein Leben oberhalb der Armutsgrenze führen können. Der Regelsatz beträgt 502 Euro für Erwachsene, die allein oder in einer Wohngemeinschaft leben (Stand 2023). Die genaue Höhe, die einem Berechtigten zusteht, hängt von mehreren Faktoren wie beispielsweise der bezogenen Rente ab.
Wie kann ich mich vor Altersarmut schützen?
Es gibt einige Maßnahmen, die dazu beitragen können, sich vor Altersarmut zu schützen:
- Frühzeitig vorsorgen: Private Altersvorsorge, wie etwa eine zusätzliche private Rentenversicherung oder andere Anlageformen, können die gesetzliche Rente ergänzen.
- Erwerbsbiografie optimieren: Kontinuierliche Erwerbstätigkeit, Weiterbildung und der Aufbau von Rentenansprüchen sind wichtig, um eine solide finanzielle Basis im Alter zu schaffen.
- Entgeltgleichheit unterstützen: Eine faire Entlohnung unabhängig vom Geschlecht ist wichtig, um sich langfristig gerechte Rentenansprüche zu sichern.
- Partnerschaftliche Aufteilung: In Partnerschaften sollten Aufgaben wie Kindererziehung und Pflege fair aufgeteilt werden, um Erwerbsunterbrechungen zu minimieren.
- Information und Beratung: Informieren Sie sich frühzeitig über Ihre Rentenansprüche und nutzen Sie Beratungsangebote, um eine fundierte Altersvorsorgestrategie zu entwickeln. Denken Sie dabei auch an verfügbare Sozialleistungen. Die Beraterinnen und Berater Ihrer Sparkasse helfen Ihnen gerne weiter.