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Zwei Männer in einem Büro sitzen nebeneinander und lachen. Einer hat ein Smartphone am Ohr der andere hält sich die Nase zu. Vor ihnen liegt eine Virtuel Reality Brille

Virtual Reality – Einsatzbereiche

Hype oder Chance
Ein Neurochirurg begeht ein 3D-Modell des Gehirns. Eine IT-Spezialistin begutachtet eine komplexe Kolbenpumpe von innen. Ein junger Mann balanciert auf einem Seil über eine Schlucht. Alles möglich mit Virtual Reality. Wie viel Potenzial wirklich in der Anwendung steckt.

Jeder Mensch kann plötzlich im Stadion sitzen, ein Raumschiff steuern oder ins Meer abtauchen. Eine Datenbrille macht neue Welten erfahrbar. Die Gefühle, die in der virtuellen Realität hervorgerufen werden, sind so intensiv als erlebe man sie in Wirklichkeit.

Die zugrundeliegenden Technologien klingen vielversprechend. Die Bedeutung der Branche wächst. Die Auswirkungen auf die emotionalen Erfahrungen der Menschen sind immens. Laut einer Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)  tragen VR-Technologien das Potenzial starker Effekte auf die Volkswirtschaft in sich. Insbesondere die Spieleindustrie beschleunigte die Anwendungen von VR-Technologien. Heute treibt auch die Großindustrie die Entwicklung voran.

Eine Branche mit Potenzial: Laut einer Prognose  soll sich der globale Umsatz mit Virtual Reality im Jahr 2021 auf rund 19 Milliarden US-Dollar belaufen.

Kurz erklärt: Virtual Reality

Virtual Reality (VR) meint eine durch spezielle Hard- und Software erzeugte künstliche Wirklichkeit. Experten nennen sie auch synthetische Welten. Das ist ein computergenerierter dreidimensionaler Raum, der dazu entworfen wird, dem Menschen neue visuelle Möglichkeiten zu bieten. VR beschreibt die Technik hinter dieser Erfahrung.

Ein Besuch vergangener Kulturen, ein Rundgang in einem neuen Haus: VR ermöglicht es dem Nutzer, in Echtzeit eine computergenerierte, interaktive virtuelle Umgebung zu erleben. Dazu muss der Nutzer einen VR-Helm oder eine VR-Brille tragen, meistens mit Kopfhörern. Er steuert das Erlebte durch Bewegung. Sensoren übersetzen diese Bewegung. Grenzen der virtuellen Umgebung gibt es praktisch nicht.

Die Entwicklung von VR-Technologien begann in den 90er Jahren. Erste erfolgreiche Produkte für Virtual Reality in der Videospielindustrie waren die Wii-Fernbedienung oder die Play-Stationen Move/Eye. Diese können die Gesten und Bewegungen des Spielers auf der Spiele-Konsole abbilden.

Derzeit gibt es zwei Klassen von VR-Geräten auf dem Markt: High-End Headsets wie Oculus Rift oder das vom Spielentwickler Valve mitkonzipierte HTC Vive, die an einen herkömmlichen PC angeschlossen werden. Mobile Headsets wie Google Daydream, Samsung GearVR oder das aus Pappe bestehende Google Cardboard, die deutlich günstiger sind und mit Smartphones funktionieren.

5 Fragen und Antworten

Welche Branchen setzen Virtual Reality bereits ein?

Die Einsatzbereiche sind vielfältig: Virtuelle Visualisierungen finden sich in der Architektur, Medizin, Chemie, Energie oder im Bildungsbereich. Besonders bekannt ist die Pilotenausbildung in Flugsimu­latoren. In der Industrie kommt die Technologie bei der Erstellung von vir­tuellen Prototypen, zur Planung von Produktionen oder für virtuelle Trainings zum Einsatz. VR-Technologien werden zum Beispiel vom US-Konzern Walmart verwendet, um seine Mitarbeiter anzulernen. Auch das US-Ski-Team setzt die VR-Technologie zum Training ein. Unternehmen mit industrieller Fließbandfertigung nutzen hochspezialisierte Datenbrillen, um Informationen zum Zustand oder Fehlerquellen abzurufen.

In der Automobilindustrie gibt es schon heute aufwändige Simulationen und Technologien zur Visualisierung von Produkt und Design. Einige Unternehmen setzen unterhaltende Elemente von Spielen auch in spielfremde Zusammenhänge (Gamification) im Bereich Marketing oder zur Anreicherung der Medien ein.

Räumliche Simulationen in der Geologie eignen sich für die Planung von Infrastrukturmaßnahmen, die die Landschaft verändern. Die Umwelt fühlt sich so echt an, dass der Nutzer nicht nur sehen, sondern auch erleben kann, was sich durch ein Vorhaben verändert.

In der Unterhaltungsindustrie gibt es schon heute Fitness­geräte mit VR-Unterstützung sowie Simulatoren, die einen virtuellen Flug über Städte ermöglichen. Unter dem Oberbegriff virtuelle Rehabilitation untersuchen Forscher den therapeu­tischen Einsatz von virtueller Realität.

Wer arbeitet bereits an Lösungen?

Inzwischen arbeiten fast alle großen Technologieunternehmen an neuen Lösungen im Bereich virtuelle Realität. Vor allem US-amerikanische und asiatische Unternehmen führen die kostenintensive Forschung und Anwendung an. Das ergab eine Studie der BSP Business School Berlin in Zusammenarbeit mit der Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation.  

Auch in Deutschland haben sich laut der BSP-Studie in den vergan­genen Jahren einige Firmen etabliert. Diese Unternehmen entwickeln bereits sehr erfolgreich Virtual-Reality-Software für die Industrie. Zum Beispiel IC.IDO, imzimity oder der Spiele-Entwickler Crytek.

Es gibt außerdem zahlreiche kleinere und mittelgroße Unternehmen, die intensiv an VR-Anwendungen und neuen Geschäftsmodellen arbeiten. Zum Beispiel steigt die Verfügbarkeit von 3D-Daten in der medizinschen Anwendung.

Darüber hinaus erwirtschaften bevorzugt internationale Konzerne über ihre regionalen Ableger einen großen Teil der Umsätze. Die Entwickler kommen meist aus den Bereichen IT, Content oder Industrial Application.

Welches Potenzial hat Virtual Reality für den deutschen Mittelstand?

Mann mit VR Brille sitzt am Tisch. Neben ihm eine Frau die einen virtuellen Wagen beschreibt.

Virtuelle Realität scheint wirtschaftlich zuneh­mend attraktiv zu werden. Zum Marktpotenzial gibt es allerdings noch wenig konkrete Daten.

Laut der BSP-Studie werden sich neue Geschäftsmodelle vor allem im Bereich der Produktpräsentation im Business-to-Business-Bereich, aber auch am Point of Sale etablieren. Dies begründen die Autoren mit der hohen Qualität der VR-Darstellung und dem damit verbundenen Eintauchen in andere Realitäten.

Vor allem der klassische Bewegtbild-Dienstleistungsbereich werde sich laut Studie durch VR erweitern. Gefragt sind die Entwicklung, Herstel­lung und die Vermietung von Hard- und Software. Begleitende Geschäfts­bereiche wie die Vermietung spezieller Aufnahme­studios mit der benötigten Hochleistungs-IT werden entstehen.

Die hohe Komplexität der VR-Produktionen und die Vielzahl an Möglichkeiten in allen Industriebereichen ziehen eine hochgradige Spe­zialisierung von Produkten, Workflows und Dienst­leistungen nach sich, prognostiziert die BSP-Studie. Zu erwarten sei, dass sich die VR-Geschäftsmodelle zügig internationalisieren und weitere loka­len Hidden Champions entstehen. Das gelte auch für den Mittelstand.

Was sind die Vorteile von Virtual Reality?

Die Technologie erlaubt es, komplexe Produkte am Computer darzustellen. Zum Beispiel lassen sich echte Lichtverhältnisse, Bewegungen oder Maschinenabläufe simulieren. Der Nutzer kann Maschinen oder Online-Shops begehen.

Virtual Reality ist einsatzbar auf Roadshows, Messen oder als feste Installation im B2B- oder B2C-Bereich, um den Vertrieb zu unterstützen. Im Bereich Mode zum Beispiel kann sich der Käufer seine Kleidung mit Hilfe eines Fashion-Konfigura­tors individuell zuschneiden und sie hautnah erleben – vergleichbar dem Auto-3D-Konfigurator.

Werbung und Einkaufserlebnisse lassen sich positiv verstärken: Das bindet den Kunden bei seiner Kaufentscheidung und steigert seine Zufriedenheit. Und: Wer als Unternehmen in den Bereich Virtual Reality investiert, punktet als Vorreiter.

Was sind die Nachteile?

Das Gehirn glaubt, was es sieht. Diese Nähe birgt auch Risiken. Virtuelle Gewalt ist Gewalt, die mir selbst widerfährt. Kommt mir jemand virtuell nahe, spüre ich zwar keinen Körperkontakt, fühle mich aber emotional bedrängt.

Zum ersten Mal in der Geschichte hat die Menschheit nicht nur eine Welt, sondern mehrere Welten, in denen sie mental leben kann. Bisher gibt es kaum Studien oder Statistiken  darüber, welche neurologischen Auswirkungen die Virtual-Reality-Brillen auf den menschlichen Körper haben. Komplett unerforscht sind auch die langfristigen Folgen einer kontinuierlichen VR-Nutzung.

Besonders Kindern fällt es schwer, virtuell und real Erlebtes voneinander zu trennen. Viele der VR-Brillenhersteller orientieren sich bei der Altersfreigabe am amerikanischen Internetgesetz und empfehlen, die Brillen erst ab 12 Jahre zu nutzen.

Unabsehbar sind laut der LBBW-Studie die Rückwirkungen auf die Arbeitsmärkte, das reale Bruttoinlandsprodukt sowie die soziale Interaktion. Entscheiden sich Menschen dazu, ihre Zeit vermehrt in synthetischen Welten zu verbringen und dort digitale statt reale Güter zu konsumieren und produzieren, werden auch virtuelle und reale Ökonomien interagieren. So sehe man laut LBBW-Studie in den USA, dass viele Langzeitarbeitslose sich vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben und ihre Zeit eher mit Gaming als mit der Suche nach Arbeit verbringen.

Virtual Reality: Hype oder echte Chance?

„Virtual Reality ist klar mehr Chance als Hype“, sagt Dr. Guido Zimmermann, Senior Economist bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Er hat die Effekte der virtuellen Realität auf die Volkswirtschaft untersucht. „VR ist eine der Technologien, die neue Industriewelten schaffen – zusammen mit der Blockchain, künstlicher Intelligenz und der Auswertung von Daten.“ Ursprünglich aus dem Gaming entstanden, sind die technologischen Konzepte inzwischen in allen Branchen und in die Forschungslabore der Großindustrie gesickert. Mittelfristig dürften sie dort konkrete Anwendung finden.

Wie aber auch bei anderen Zukunftstechnologien sollten die Erwartungen nicht zu hoch ausfallen. Zum einen werden die meisten Mittelständler noch keine eigenen Anwendungen haben. Sie werden erst etwas später auf den Zug der Großindustrie springen. Das ist normal.

Zum anderen wird die Technologie vor allem komplementär zum Einsatz kommen. Sie wird dem Menschen also Routineaufgaben abnehmen können. Das bedeutet: VR hilft dem Menschen – der Beschäftigte wird aber nicht in völlig neue virtuelle Realitäten abtauchen.

Porträt eines bärtigen Mannes der eine VR Brille trägt und die Hände von sich streckt.

Ist Augmented Reality das gleiche wie Virtual Reality?

Nur zum Teil. Bei Augmented Reality (AR) geht es um eine erweiterte digitale Realitätswahrneh­mung. Es ist also keine komplett virtuelle Welt. Zu den aktuellen Auf­nahmen der Außenwelt blenden sich zusätzliche Informationen zu einzelnen Objekten in das Sichtfeld des Nutzers. Das können Bilder, Videos oder Texte sein, durch die der Anwendende ein Plus an Information erhält.

Beispiel: Das AR-Spiel „Pokémon Go“ von Nintendo. Der Spieler geht mit seiner Smartphone-Kamera auf virtuelle Monsterjagd und bleibt trotzdem in seiner realen Umgebung. Die 3D-Monster werden perspektivisch korrekt hinzugefügt. Wichtig ist immer eine Interaktion zwischen dem Nutzer und den zusätzlichen Informationen. Blendet die Software nur die Daten ein, handelt es sich nicht um Augmented Reality.

3 Fragen an

Dr. Guido Zimmermann

Senior Economist bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)

Herr Zimmermann, Sie haben die wirtschaftlichen Auswirkungen von VR untersucht. Kommt bald die virtuelle Volkswirtschaft?

Nein, die kommt nicht so bald. Wir sehen aber schon jetzt den Einzug von Augmented Reality in der Industrie. Und mit der Zeit werden derartige Instrumente Alltag in den Unternehmen sein.

Welche Unternehmen sollten jetzt aktiv werden?

Die Großindustrie ist ja schon aktiv. Der Mittelstand wird nutzerfreundliche Anwendungen sukzessive übernehmen. Es hängt von der jeweiligen Branche ab, wie schnell das geht. Architekturbüros oder Einrichtungshäuser sind sicher mit die ersten, die solche Technologien einsetzen werden.

Wichtiger als VR sind für den deutschen Mittelstand aber vor allem Methoden der künstlichen Intelligenz. Hier ist die Anwendungspalette viel größer.

Wie gut ist Deutschland in der Entwicklung der VR-Technologie aufgestellt und was sind für Unternehmen aktuell die größten Herausforderungen?

Die Forschungsabteilungen der Großindustrie machen hier sehr gute Arbeit. Die USA und China sind aber auch in diesem Technologiesegment führend.

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