Nicht nur Unternehmen gehen pleite – auch Privatpersonen. Das passiert, wenn sie so viele Schulden anhäufen, dass sie diese nicht mehr zurückzahlen können. In einem solchen Fall ist die Privatinsolvenz, auch Verbraucherinsolvenz genannt, der letzte Ausweg.
Die Privatinsolvenz ist die letzte Option, wenn Schuldnerinnen oder Schuldner keine andere Möglichkeit zum Schuldenabbau haben.
Sie setzt neben der Zahlungsunfähigkeit voraus, dass sie sich mit ihren Gläubigerinnen und Gläubigern auf diese Lösung einigen.
Nehmen alle diesen Vorschlag an, können die Schuldnerinnen beziehungsweise Schuldner die Verbraucherinsolvenz beantragen, die nach drei Jahren mit der Restschuldbefreiung endet.
Schulden – Überschuldung – Privatinsolvenz
Schulden sind so lange unproblematisch, wie Sie sie mithilfe Ihres Einkommens oder Vermögens begleichen können. Übersteigen Ihre Verbindlichkeiten bei Dritten (sogenannten Gläubigerinnen beziehungsweise Gläubigern) Ihre Mittel, spricht man von einer Überschuldung.
Können Sie Ihre Außenstände nicht mehr aus eigener Kraft bezahlen, sollten Sie sich umgehend Hilfe bei einer Schuldnerberatung suchen. Die gibt es bei Verbraucherzentralen und Kommunen kostenlos. Auch die Sozialämter der Gemeinden, Städte und Landkreise bieten gratis Beratungen an.
Eine andere (kostenpflichtige) Alternative sind auf Insolvenz spezialisierte Anwältinnen und Anwälte. Sie können sich auch vertrauensvoll an Ihre Sparkasse wenden. Die meisten Institute sind darauf vorbereitet, mit ihren Kundinnen und Kunden einen Weg aus der Krise zu suchen.
Ist eine Einigung mit Ihren Gläubigern möglich?
Bestätigt sich der Verdacht der Überschuldung, müssen Sie im ersten Schritt eine außergerichtliche Lösung mit Ihren Gläubigern finden. Dieser Zwischenschritt nennt sich Schuldenbereinigung und ist nur für Privatpersonen vorgesehen. Unternehmen können direkt zu einem Insolvenzgericht gehen.
Im Idealfall führt die Schuldenbereinigung dazu, dass die Gläubiger zustimmen, die ausstehenden Rechnungen
- weiter zu stunden (also aufzuschieben),
- sie zu stückeln oder
- sogar zu (teilweise) erlassen.
Voraussetzung für den Erfolg: Alle Gläubiger müssen sich darauf einlassen. Ist das nicht der Fall, lehnt also nur ein einziger Gläubiger ab, bleibt häufig nur noch die Privatinsolvenz.
Kredit statt Privatinsolvenz?
Viele Menschen versuchen, ihre Schulden mit einem Kredit in den Griff zu bekommen. Das ist aber nicht immer der richtige Weg. Damit können sie zwar alle Rechnungen bezahlen. Doch neue Verbindlichkeiten entstehen – im Zweifelsfall sind sie sogar größer. Denn nun müssen die Schuldnerinnen beziehungsweise Schuldner zusätzlich Zinsen zahlen.
Kurzfristig verschafft eine Umschuldung sicherlich Zeit. Doch das Problem löst sie nur, wenn es gelingt, mit dem Kreditinstitut monatliche Abzahlungsraten zu vereinbaren, die mühelos leistbar sind. Dann ist ein Kredit sehr wohl eine gute Option.
So eröffnen Sie die Privatinsolvenz
Ist die Privatinsolvenz unausweichlich, müssen Sie beim Amtsgericht mit Ihrem Berater einen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens stellen. Darin müssen Sie Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen.
Zentraler Teil dieses Antrags ist es, von der Restschuld befreit zu werden. Damit sind die Betroffenen nach Ende des Verfahrens schuldenfrei.
Wohlverhaltensphase: Konsequent Einnahmen abführen
Die Privatinsolvenz beginnt
- nach der Eröffnung des Verfahrens durch das Gericht und
- der Bestellung eines Insolvenzverwalters oder einer Insolvenzverwalterin
mit der sogenannten Wohlverhaltensphase. Sie dauert nunmehr meist drei Jahre – vor einer Gesetzesänderung im Oktober 2020 waren es noch bis zu sechs Jahre.
In dieser Zeit müssen Sie den pfändbaren Teil Ihrer Einnahmen an den Insolvenzverwalter beziehungsweise die Insolvenzverwalterin abführen. Dabei bleibt Ihnen das sogenannte Existenzminimum erhalten. Ihnen wird also nichts genommen, was Sie zum Leben benötigen.
Können Sie Ihren Arbeitsplatz nur mit dem Auto erreichen? Dann dürfen Sie es behalten, obwohl Autos generell zur Pfändungsmasse zählen.
Der Insolvenzverwalter oder die Insolvenzverwalterin überweist zuerst einen Teil Ihrer Zahlungen für die Deckung der Verfahrenskosten. Der Rest geht nach festgelegten Anteilen an Ihre Gläubigerinnen und Gläubiger.
Während der Wohlverhaltensphase müssen Sie gesetzliche Auflagen erfüllen. Dazu zählen:
- Sie müssen ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse offenlegen.
- Sie müssen das Gericht darüber informieren, wenn Sie Wohnsitz oder Arbeitsplatz wechseln.
- Sie verpflichten sich, jede zumutbare Arbeit anzunehmen.
- Sie müssen im Falle einer Erbschaft die Hälfte davon abgeben.
Restschuldbefreiung: Streichung aller noch ausstehenden Forderungen
Nach Abschluss der Wohlverhaltensphase folgt die Restschuldbefreiung. Das heißt: Sie als Schuldnerin oder Schuldner werden von allen noch ausstehenden Forderungen befreit.
Damit verlieren alle Gläubigerinnen und Gläubiger ihren Anspruch auf die Zahlung noch verbliebener offener Rechnungen. Mit der Restschuldbefreiung endet die Privatinsolvenz.
Vor- und Nachteile: Endlich schuldenfrei, aber …
Eine Privatinsolvenz bedeutet einen Neuanfang. Dieser Weg ist mit einigen Vorteilen, aber auch Nachteilen verbunden.
Die Vorteile
Mit Beginn der Wohlverhaltensphase müssen Sie keine Angst mehr vor Kontopfändungen haben.
Der Gerichtsvollzieher oder die Gerichtsvollzieherin wird nicht mehr vor Ihrer Tür stehen.
Gläubigerinnen und Gläubiger werden keine Mahnungen mehr schicken.
Die Insolvenzverwalterin oder der Insolvenzverwalter regelt all Ihre finanziellen Angelegenheiten.
Das Existenzminimum ist gesichert: Für Sie bleibt ausreichend Geld zum Leben übrig.
Nach wenigen Jahren sind Sie schuldenfrei.
Negative Einträge bei Kreditauskunfteien wie zum Beispiel der Schufa werden sechs Monate nach Ablauf der Wohlverhaltensphase gelöscht.
Die Privatinsolvenz hat jedoch auch Nachteile
Das Existenzminimum ist gesichert, aber Sie verpflichten sich zu einem bescheidenen Lebensstil.
Treuhänder-, Anwalts- und Gerichtskosten bleiben.
Sowohl Ihr Arbeitgeber als auch Ihre Vermieterin beziehungsweise Ihr Vermieter werden informiert. Denn ein Teil Ihres Lohns wird gepfändet und Geld aus Ihrer Mietkaution eingezogen, falls Sie Ihren Mietvertrag kündigen.
Der Abschluss neuer Verträge ist während des Verfahrens grundsätzlich schwierig.
Privatinsolvenz und Inflation: Wichtige Aspekte
Angesichts der stark gestiegenen Inflation ist davon auszugehen, dass das Thema Privatinsolvenz 2023 an Bedeutung zunimmt: Verschiedenen aktuellen Studien zufolge ist mit einer wachsenden Zahl von Privatinsolvenzen zu rechnen.
Häufige Fragen zur Privatinsolvenz
Kann ich die Privatinsolvenz auch online beantragen?
Bislang nicht. Aber es ist mittlerweile möglich, die Antragsformulare online herunterzuladen. Der ausgefüllte Antrag muss jedoch persönlich oder per Post an das Insolvenzgericht übermittelt werden.
Sind beantragte Privatinsolvenzverfahren im Internet einsehbar?
Ja, auf der Website www.insolvenzbekanntmachungen.de . Dort veröffentlichen alle Insolvenzgerichte die bei ihnen eingereichten Verfahren.
Was darf ich trotz Privatinsolvenz behalten?
Als Schuldnerin oder Schuldner dürfen Sie unter anderem Haushaltsgegenstände, Möbel und Kleidung behalten. Ein Auto nur dann, wenn es zwingend zur Ausübung eines Berufs nötig ist.
Wie viel Gehalt darf ich während der Privatinsolvenz behalten?
Eine Übersicht über den pfändbaren und den unpfändbaren Betrag des Arbeitseinkommens können Sie nach Paragraf 850c der Zivilprozessordnung (ZPO) der sogenannten Pfändungstabelle entnehmen.
Wonach richtet sich die Freigrenze?
Die Höhe der Pfändungsfreigrenze ist abhängig vom monatlichen Nettoeinkommen der Schuldnerin oder des Schuldners sowie der Anzahl der Personen, denen gegenüber sie unterhaltspflichtig sind.
Kann ich nach einer Privatinsolvenz wieder einen Kredit aufnehmen?
Wenn Sie über ein geregeltes Einkommen verfügen, können Sie Ihre Sparkasse oder Bank unter Umständen davon überzeugen, Ihnen einen Kredit zu gewähren. Bei hohen Kreditsummen wie etwa für ein Haus sind die Kreditinstitute zunächst vorsichtig und werden Ihre Bonität (Zahlungsfähigkeit beziehungsweise Kreditwürdigkeit) besonders genau prüfen.
Wie oft kann man Privatinsolvenz anmelden?
Die Insolvenzordnung schreibt keine Höchstzahl vor. Sie legt aber bestimmte Einschränkungen für eine wiederholte Privatinsolvenz oder für die Beantragung der Restschuldbefreiung fest.
Muss ich während der Privatinsolvenz Unterhalt zahlen?
Unterhaltsberechtigte können Forderungen, die bereits vor Insolvenzeröffnung bestanden, geltend machen. Dafür müssen sie diese bei der Insolvenzverwalterin oder beim Insolvenzverwalter anmelden. Übrigens: Die Restschuldbefreiung am Ende des Privatinsolvenzverfahrens gilt nicht für Unterhaltsschulden. Diese müssen Sie als Schuldnerin oder Schuldner weiterhin bezahlen.
Wie lange dauert eine Privatinsolvenz?
Eine Privatinsolvenz dauert drei Jahre. Wird eine Restschuldbefreiung beantragt, ist die betroffene Person nach dem Zeitraum schuldenfrei.
Wie lange steht man nach einer Privatinsolvenz noch in der Schufa?
Erst, wenn man als schuldenfrei gilt, wird nach einem weiteren Zeitraum von sechs Monaten die Restschuldbefreiung auf den Tag genau erteilt und aus den Datenbanken der Kreditauskunfteien wieder gelöscht.
Was wird bei einer Privatinsolvenz gepfändet?
Läuft ein privates Insolvenzverfahren, darf der Insolvenzverwalter oder die Insolvenzverwalterin das Einkommen des Schuldners oder der Schuldnerin pfänden. Dieses wird dann zum Betrag der Insolvenzmasse hinzugefügt. Damit werden die Kosten des Verfahrens und die Forderungen der Gläubigerinnen und Gläubiger beglichen. Aber nicht das gesamte Einkommen darf gepfändet werden: Teils unterliegen Beträge und Bezüge einem Pfändungsschutz. Dadurch sollen Schuldner und Schuldnerinnen ihre Lebenshaltungskosten decken und ihre Existenz sichern können. Der Pfändungsbetrag hängt von der Höhe des Nettoeinkommens ab. Je höher der Nettolohn, desto höher fällt der pfändbare Betrag aus. Die Pfändungsschutzgrenze liegt bei 1.402,28 Euro.