Eigentlich hatten Sie nicht vor umzuziehen. Doch plötzlich kündigt die Vermieterseite das Mietverhältnis. Grund: Eigenbedarf. Wir zeigen Ihnen, wann eine Eigenbedarfskündigung rechtens ist – und wann nicht. Außerdem erfahren Sie, was Sie jetzt tun können.
Die Möglichkeit einer Eigenbedarfskündigung besteht, wenn der Vermieter oder die Vermieterin selbst, dessen oder deren enge Familienangehörige oder Mitglieder des Haushalts in die Immobilie einziehen sollen.
Die gesetzlich festgelegten Kündigungsfristen richten sich danach, wie lange das Mietverhältnis schon andauert. Sie variieren bis auf wenige Ausnahmen zwischen 3 und 12 Monaten.
Wenn die Kündigung eine unzumutbare Härte für den Mieter oder die Mieterin darstellt, kann sich die Kündigungsfrist in vielen Fällen mindestens verlängern.
3 Möglichkeiten bei Kündigung des Mietvertrags wegen Eigenbedarfs
Ein unerwartetes Kündigungsschreiben ist für die meisten Mieterinnen und Mieter verständlicherweise erstmal ein Schock. Atmen Sie tief durch. Grundsätzlich gibt es 3 mögliche Folgen, die das Schreiben für Sie haben kann:
Die Kündigung ist rechtmäßig. In diesem Fall müssen Sie grundsätzlich innerhalb der Kündigungsfrist ausziehen. Ist dies problematisch, können Sie jedoch möglicherweise im Gespräch mit der Vermieterseite einen Kompromiss bewirken.
Die Kündigung ist rechtmäßig, stellt aber eine unzumutbare Härte für Sie dar. Mehr dazu, wann es sich um eine unzumutbare Härte handeln kann, erfahren Sie weiter unten. In diesem Fall können Sie die Frist mindestens hinauszögern.
Die Kündigung ist nicht rechtmäßig: Sie können widersprechen und in der Wohnung oder dem Haus bleiben. Der Mietvertrag bleibt bestehen.
Checkliste: Analysieren Sie die Rechtmäßigkeit der Eigenbedarfskündigung
Die folgende Checkliste kann Ihnen einen ersten Anhaltspunkt dazu geben, ob Ihre Eigenbedarfskündigung rechtens ist – und welche der obigen Möglichkeiten Sie dadurch haben. Lesen Sie vorab das Kündigungsschreiben gründlich durch. Gleichen Sie dann mit den nachfolgenden Fragen ab.
- Ist die Form gewahrt und die Kündigungsfrist angemessen?
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und den Kündigungsgrund „Eigenbedarf“ enthalten. Es muss eine Frist für die Kündigung genannt sein. Dabei gelten grundsätzlich die folgenden gesetzlichen Kündigungsfristen:
- mindestens 3 Monate bei Mietverhältnissen mit einer Dauer von bis zu 5 Jahren
- mindestens 6 Monate bei Mietverhältnissen mit einer Dauer von zwischen 5 und 8 Jahren
- mindestens 9 Monate bei Mietverhältnissen mit einer Dauer von über 8 Jahren
- mindestens 12 Monate bei Mietverhältnissen mit einer Dauer über 10 Jahren, wenn der Mietvertrag vor 2001 geschlossen wurde und dies vorsieht
Von diesen Fristen darf der Vermieter oder die Vermieterin in bestimmten Fällen abweichen. Das kann etwa gelten, wenn die Wohnung nur vorübergehend gemietet wurde. Außerdem muss die Kündigung in der Regel spätestens am 3. Werktag des jeweiligen Kalendermonats erfolgen, damit die obigen Fristen gelten. Bei einer späteren Kündigung gilt die Frist normalerweise zum 3. Werktag des folgenden Monats.
Beispiel: Mieter Marc wohnt seit 4 Jahren in der Wohnung von Vermieterin Anne. Anne stellt Marc am 3. Januar eine Eigenbedarfskündigung zu. Das Mietverhältnis kann frühestens zum 31. März enden. Stellt sie die Kündigung am 4. Januar zu, ist ein Ende frühestens zum 30. April möglich.
Ausnahmen:
- Bei Wohnraum, der Teil einer von der Vermieterseite selbst bewohnten Wohnung ist, ist die Kündigung spätestens am 15. eines Monats zum Ablauf dieses Monats zulässig. Die gesetzlichen Regelungen zu Kündigungsterminen finden Sie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 573c .
- In bestimmten Fällen gelten Kündigungssperrfristen. Hat beispielsweise ein neuer Eigentümer oder eine neue Eigentümerin das Mietshaus gekauft und in Eigentumswohnungen umgewandelt, ist eine Kündigung der Mieterinnen und Mieter ab Kauf 3 Jahre lang unzulässig. In einigen Städten mit besonderer Wohnungsnot gelten dafür sogar 10 Jahre. Mehr dazu erfahren Sie im BGB § 577a Abs. 1a .
- Wird der Eigenbedarf rechtmäßig begründet?
Im Bürgerlichen Gesetzbuch § 573 ist dargelegt, dass die Vermieterseite ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben muss. Bei einem Eigenbedarf ist dieses Interesse, dass er oder sie selbst einziehen will oder enge Familienangehörige oder Angehörige des Haushalts untergebracht werden sollen. Angehörige des Haushalts sind alle, die im Haushalt des Vermieters oder der Vermieterin wohnen. Zu den engen Familienmitgliedern der Vermieterseite gehören in diesem Sinn nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Juli 2024 (Az. VIII ZR 276/23):
- Großeltern
- Eltern (nur die eigenen, nicht die des Partners oder der Partnerin)
- Onkel oder Tante (nicht aber angeheiratete)
- Bruder
- Schwester
- Kinder oder Stiefkinder
- Nichten
- Neffen
- Enkel
- Schwager oder Schwägerin
Cousins und Cousinen sowie angeheiratete Onkel und Tanten, Großnichten und Großneffen oder die Eltern des Partners oder der Partnerin gehören nicht zu den engen Familienmitgliedern. Sollen diese einziehen, ist eine Eigenbedarfskündigung also nicht möglich. Ausnahme: Sie sind Angehörige des Haushalts.
In der Eigenbedarfskündigung muss stehen, wer einzieht. Dabei muss der Name der Person jedoch nicht genannt werden. Eine Angabe wie „meine Eltern möchten in die Wohnung einziehen“, sollte ohne Namensnennung genügen. Gibt es keine solche Begründung des Eigenbedarfs, ist die Eigenbedarfskündigung wahrscheinlich unwirksam.
Hinweis: Eine Kündigung zum Zweck einer Mieterhöhung wäre übrigens kein berechtigtes Interesse – und nicht rechtens. Ein berechtigtes Interesse liegt jedoch natürlich nicht nur bei Eigenbedarf vor. Auch wenn ein Hausmeister oder eine Hausmeisterin einzieht, kann das ein berechtigtes Interesse darstellen. Es ist jedoch kein Eigenbedarf.
- Wird der Bedarf angemessen konkretisiert?
Im Kündigungsschreiben wegen Eigenbedarfs muss nicht nur stehen, wer einziehen soll, sondern auch warum. Die Gründe müssen im Kündigungsschreiben konkret dargelegt werden. Ein Beispiel: „Aufgrund ihres Alters ist eine ebenerdige Wohnung für meine Eltern besser geeignet.“
Die Vermieterseite sollte also angeben, warum die Nutzung genau dieser Wohnung für sie oder die nahestehende Person erforderlich ist. Dabei muss sie weder darauf eingehen, wie die jeweilige Person bisher wohnt, noch darauf, an welchem Tag der Umzug stattfinden soll. Allerdings muss der Umzugsplan konkret sein. Der Plan, irgendwann einmal selbst in die Wohnung einziehen zu wollen, genügt für eine Eigenbedarfskündigung nicht. Auch eine vorübergehende Eigennutzung für ein paar Monate ist in der Regel kein ausreichender Grund für eine Eigenbedarfskündigung.
- Ist die Wohnung für den genannten Bedarf geeignet?
Die Wohnung sollte den Bedürfnissen der Person entsprechen, für die der Eigenbedarf geltend gemacht wird. Beispiel: Bei der obigen Begründung, dass die Eltern aufgrund ihres Alters in eine ebenerdige Wohnung ziehen möchten, muss sich die Wohnung tatsächlich im Erdgeschoss befinden. Liegt sie im dritten Stock ohne Aufzug, ergibt eine solche Begründung keinen Sinn – und kann als ungültig bewertet werden.
- Liegt kein Fall vor, in dem Eigenbedarf ausgeschlossen ist?
Handelt es sich bei der Vermieterseite um ein Unternehmen, wie eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft, kann diese keinen Eigenbedarf anmelden. Denn juristische Personen können keinen Eigenbedarf geltend machen. Nur Privatpersonen oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts (auch Erbengemeinschaften) haben diese Möglichkeit.
Auch bei Mietverträgen, in denen ein Eigenbedarf vertraglich ausgeschlossen ist, kann der Vermieter oder die Vermieterin keinen Eigenbedarf anmelden. Bei Sozialwohnungen ist Eigenbedarf während der Dauer der Sozialbindung nur möglich, wenn die Person, die einziehen soll, eine Wohnberechtigung für eine Sozialwohnung hat.
- Bedeutet die Kündigung für Sie eine unzumutbare Härte?
Auch wenn Sie alle obigen 5 Fragen mit „Ja“ beantwortet haben und die Eigenbedarfskündigung damit keine eindeutigen Anzeichen dafür aufweist, unrechtmäßig zu sein, können Sie als Mieter oder Mieterin der Kündigung in bestimmten Fällen widersprechen. Das gilt dann, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für Sie eine unzumutbare Härte darstellen würde. Als eine solche Härte können beispielsweise folgende Gründe angesehen werden:
- Sie können aufgrund Ihres sehr hohen Alters und Ihrer Pflegebedürftigkeit nicht mehr umziehen.
- Sie können aufgrund einer schweren Krankheit nicht umziehen.
- Sie können aufgrund Ihrer aktuellen Schwangerschaft nicht umziehen.
- Sie stehen kurz vor dem Universitätsabschluss und können daher momentan nicht umziehen.
Eine unzumutbare Härte müssen Sie konkret begründen. Im Streitfall entscheidet das Gericht, ob die Kündigung vor diesem Hintergrund gültig ist oder nicht. Die unterschiedlichen Interessen – Ihre Seite und die Vermieterseite – werden dann abgewogen und die Entscheidung mit Blick auf den Einzelfall getroffen.
Hinweis
Diese Checkliste bietet eine erste Orientierung. Lassen Sie sich unbedingt rechtlich beraten, insbesondere wenn ein Härtefall oder Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Eigenbedarfs vorliegt. Wer eine passgenaue Rechtsschutzversicherung mit dem Baustein Haus- und Wohnungsrechtsschutz hat, ist bei Auseinandersetzungen rund um das Mietverhältnis auf der sicheren Seite.
Fazit: Wie Sie auf die Kündigung reagieren können
Ist die Eigenbedarfskündigung rechtmäßig und es liegt keine unzumutbare Härte für Sie vor, bleibt Ihnen rechtlich nichts anderes übrig als auszuziehen. Persönlich können Sie aber natürlich das Gespräch mit der Vermieterseite suchen. Vielleicht geht es nur um wenige Monate, bis zu denen Sie ohnehin ausgezogen wären? Oder die Vermieterseite wäre bereit, Ihnen auf anderem Weg entgegenzukommen, wenn dies für Sie notwendig ist? Möglicherweise können Sie eine gemeinsame Lösung finden.
Zweifeln Sie hingegen an der Rechtmäßigkeit Ihrer Kündigung auf Eigenbedarf? Oder stellt die Kündigung eine unzumutbare Härte für Sie dar? Dann können Sie der Kündigung widersprechen. Auch dabei müssen Sie jedoch Form und Fristen wahren. So müssen Sie Ihren Widerspruch schriftlich verfassen. Dieser muss der Vermieterseite in der Regel spätestens 2 Monate vor Ende der Kündigungsfrist vorliegen.
Wichtig ist außerdem insbesondere bei einer unzumutbaren Härte, dass Sie den Grund Ihres Widerspruchs konkret nennen und darlegen. Ein Widerspruch wegen sozialer Härte kann unter Umständen bewirken, dass Sie die Kündigungsfrist zumindest hinauszögern, etwa bis Sie den kurz bevorstehenden Bachelorabschluss in der Tasche haben. Ob eine unzumutbare Härte im konkreten Fall vorliegt, klärt letztlich das Gericht.
Tipp: Lesen Sie auch unsere Ratgeber für Mieterinnen und Mieter.
Sonderfall: Wenn es eine alternative Immobilie gibt
Falls der Vermieter oder die Vermieterin noch eine weitere Wohnung im selben Haus oder derselben Wohnanlage hat, die während der laufenden Kündigungsfrist verfügbar ist und sich ebenfalls für die jeweilige Begründung eignet, könnte er oder sie ebenso diese für den Eigenbedarf nutzen oder er oder sie muss dem Mieter oder der Mieterin diese normalerweise als Alternative anbieten. Das gilt in der Regel, wenn die andere Wohnung während der laufenden Kündigungsfrist leer steht oder frei wird und vergleichbar ist.
Achtung: Wenn der Mieterseite eine bestehende Alternative nicht angeboten wird, folgt daraus nicht automatisch, dass die Kündigung nachträglich unwirksam wird. Möglich ist unter Umständen etwa, dass der Mieter oder die Mieterin dann Schadenersatz fordern kann.
Für Vermieterinnen und Vermieter: Achten Sie bei der Eigenbedarfskündigung auf klare Begründungen
Eine Eigenbedarfskündigung müssen Sie schriftlich verfassen. Haben Sie ein gutes Verhältnis zur Mieterseite, kann ein persönliches Gespräch vorab jedoch viel ausmachen: Versetzen Sie sich in die Situation des Mieters oder der Mieterin und zeigen Sie Verständnis. Ihre Nachricht bedeutet schließlich eine massive Veränderung für Ihren Mieter oder Ihre Mieterin. Selbst wenn die andere Seite erst einmal schockiert reagiert, können sich die Wogen durch ein nettes persönliches Gespräch oft glätten lassen. Eine freundliche und klare Kommunikation kann oft dabei helfen, Auseinandersetzungen zwischen Mieter- und Vermieterseite zu vermeiden.
Ob eine Eigenbedarfskündigung rechtmäßig ist, hängt neben den formalen Aspekten und Fristen vor allem auch von deren Begründung ab. Erklären Sie der Mieterseite den Grund möglichst schon, bevor Sie die Kündigung schicken. Ein zulässiger und nachvollziehbarer Grund ist beispielsweise, wenn Sie nach Ihrer Scheidung nun selbst in die jeweilige Wohnung einziehen müssen. Ein paar ehrliche und offene Worte können für gegenseitiges Verständnis sorgen. Und dieses ist eine gute Basis, um ein Mietverhältnis im Guten zu beenden.
Tipp: Lesen Sie auch unsere Ratgeber für Vermieterinnen und Vermieter.
Das Eigenbedarfsrecht darf nicht missbraucht werden
Der Eigenbedarf darf nicht nur als Vorwand genutzt werden, um unliebsame Mieter oder Mieterinnen loszuwerden oder eine Neuvermietung zu höheren Preisen vorzunehmen. Wenn die Mieter oder Mieterinnen nachweisen können, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, können sie unter Umständen Schadenersatzansprüche geltend machen.
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Häufige Fragen zur Eigenbedarfskündigung
2 Was sind Härtefälle bei einer Eigenbedarfskündigung?
Härtefälle bei einer Eigenbedarfskündigung liegen vor, wenn die Kündigung für den Mieter oder die Mieterin unzumutbare Nachteile mit sich bringt. Beispiele dafür sind ein sehr hohes Alter, schwere Erkrankungen oder eine bestehende Schwangerschaft, die einen Umzug erschweren. Familien mit schulpflichtigen Kindern können unter Härtefallregelungen fallen, wenn ein Umzug den Schulweg oder die Betreuungssituation erheblich beeinträchtigen würde.
Der Mieter oder die Mieterin muss die Gründe darlegen, und der Vermieter oder die Vermieterin muss diese abwägen. Letztlich entscheidet im Streitfall das Gericht, ob ein Härtefall anerkannt wird und die Kündigung unwirksam ist.
3 Was passiert nach einem Widerspruch gegen eine Eigenbedarfskündigung?
Nach einem Widerspruch gegen eine Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter oder die Vermieterin prüfen, ob der Härtefall tatsächlich eine unzumutbare Belastung für den Mieter darstellt. Wenn die Vermieterseite den Widerspruch nicht anerkennt, kann sie auf Räumung klagen.
In diesem Fall prüft das Gericht die Interessen beider Parteien und entscheidet, ob die Kündigung rechtmäßig ist oder ob der Härtefall überwiegt. Falls das Gericht zugunsten der Mieterseite entscheidet, bleibt das Mietverhältnis bestehen. Andernfalls erhält der Mieter oder die Mieterin eine gerichtlich festgelegte Frist zur Räumung der Wohnung.