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Nahaufnahme der Produktion von 50-Euro-Scheinen in Druckmaschine

Quantitative Lockerung: Der Plan B der Geldpolitik

Wirtschaft unter Druck
Wenn die Wirtschaft ins Wanken gerät, können Zentralbanken zur quantitativen Lockerung greifen – um Geldströme anzukurbeln, Unternehmen zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu sichern. Wie funktioniert dieses finanzpolitische Instrument, und welche Risiken birgt es?
Das Wichtigste in Kürze:
  • Quantitative Lockerung ist eine unkonventionelle geldpolitische Maßnahme, bei der Zentralbanken Staatsanleihen und andere Wertpapiere kaufen, um Geld in die Wirtschaft zu pumpen.

  • Das Vorgehen soll die Kreditvergabe ankurbeln, die Konjunktur stärken und die Inflation auf ein gewünschtes Niveau bringen.

  • Mögliche Risiken umfassen steigende Preise, überbewertete Vermögenswerte und eine Abhängigkeit der Wirtschaft von der Maßnahme.

Was ist quantitative Lockerung? Definition und Bedeutung

Quantitative Lockerung, oft als QE (für Quantitative Easing) bezeichnet, ist eine geldpolitische Methode, die Zentralbanken – wie die Europäische Zentralbank oder die US-Notenbank (Federal Reserve) – einsetzen, um die Geldmenge im Finanzsystem zu erhöhen. Sie dient dazu, die Wirtschaft zu stabilisieren und das Wachstum anzukurbeln, wenn traditionelle Instrumente wie Zinssenkungen nicht mehr ausreichen – insbesondere in Zeiten von Rezessionen oder wirtschaftlicher Stagnation.

Im Rahmen von QE kauft die Zentralbank in großem Umfang Staatsanleihen oder andere Wertpapiere von Finanzinstituten. Das Ziel ist, die Liquidität zu erhöhen und gleichzeitig die Zinssätze langfristig niedrig zu halten. Diese Maßnahme soll die Kreditvergabe erleichtern und Investitionen sowie Konsum anregen.

Bedeutung für die Wirtschaft

Traditionell steuern Zentralbanken die Wirtschaft durch Anpassung des Leitzinses. Liegt dieser jedoch nahe oder bei null, hat eine weitere Senkung kaum noch Wirkung. In solchen Fällen greift die Geldpolitik zur quantitativen Lockerung:

  • Banken und Sparkassen erhalten durch den Verkauf von Wertpapieren mehr Kapital und können dieses für Kredite einsetzen.
  • Der Ankauf von Staatsanleihen erhöht deren Nachfrage und senkt die Renditen, wodurch langfristig auf breiter Basis die Kreditzinsen sinken.
  • Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von günstigeren Finanzierungen, und Unternehmen investieren wieder mehr.

Auswirkungen auf die Finanzmärkte

Die Ankäufe der Zentralbank kurbeln den Interbankenhandel an und beeinflussen wichtige Indikatoren wie das Preisniveau oder das Bruttoinlandsprodukt. Zudem entstehen durch die zusätzliche Liquidität häufig steigende Kurse an den Finanzmärkten. Dies kann die Vermögenspreise, etwa im Dax, positiv beeinflussen.

Wie funktioniert quantitative Lockerung? Eine einfache Erklärung

Im Gegensatz zu klassischen Zinssenkungen, die nur indirekt die Kreditvergabe anregen, setzt quantitative Lockerung gezielt darauf, die Geldmenge im System zu erhöhen. Sie stellt somit ein direktes Eingreifen der Zentralbanken in die Finanzmärkte dar. Hier der Ablauf in der Theorie:

  1. Wertpapierkäufe

    Die Zentralbank kauft Anleihen oder andere hochwertige Wertpapiere von Geschäftsbanken oder anderen Institutionen.

  2. Erhöhte Geldmenge im Bankensystem

    Durch den Verkauf haben Banken und Sparkassen mehr Kapital zur Verfügung. Diese Mittel können sie nutzen, um Kredite zu vergeben.

  3. Attraktivere Kredite und Investitionsmöglichkeiten

    Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von besseren Finanzierungsbedingungen.

  4. Wirtschaftswachstum

    Unternehmen investieren mehr, starten neue Projekte und schaffen Arbeitsplätze. Gleichzeitig profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher von günstigeren Hypotheken, Konsumkrediten oder anderen Finanzierungen. Mehr Geld in Umlauf stärkt die Kaufkraft und kurbelt die Konjunktur an.

Wenn die Zentralbank also beispielsweise 100 Milliarden Euro in den Markt pumpt, können Banken diese Mittel für neue Kredite einsetzen. Das beeinflusst das Preisniveau positiv, regt den Konsum an und die Inflation bleibt stabil.

Beispiele für QE aus der Praxis
Japan: Pionier der quantitativen Lockerung

Japan setzte QE bereits in den frühen 2000-er Jahren ein, um die anhaltende Deflation und Stagnation nach der Asienkrise 1997 zu bekämpfen. Die Ergebnisse:

  • Das japanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von 4,1 Billionen US-Dollar im Jahr 1998 auf 6,27 Billionen US-Dollar im Jahr 2012. Der Effekt war jedoch nur kurzfristig. Bis 2015 fiel das BIP wieder auf 4,44 Billionen US-Dollar.
  • Einige sehen das Programm als teilweise gescheitert an, da die strukturellen Probleme der japanischen Wirtschaft nicht gelöst wurden.

USA: QE nach der Finanzkrise und in der Covid-19-Pandemie

  1. Von 2009 bis 2014 kaufte die Federal Reserve (Fed) massiv Staatsanleihen, Hypotheken und andere Wertpapiere, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Bis 2017 wuchsen die Bankreserven in den USA auf über 4 Billionen US-Dollar. Die Zinssätze für Hypotheken und Unternehmensanleihen sanken deutlich und der Aktienmarkt erholte sich. Kritische Stimmen bemängelten jedoch eine zunehmende soziale Ungleichheit, da vor allem Vermögende von den steigenden Kursen profitierten. Unerwartet hielten Banken zudem 2,8 Billionen US-Dollar als Überschussreserven zurück, was die Wirksamkeit des Programms teilweise einschränkte.
  2. Im Jahr 2020 startete die Fed ein weiteres QE-Programm, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu bekämpfen. Sie plante den Kauf von Vermögenswerten im Wert von 700 Milliarden US-Dollar. Doch ab 2022 änderte die Fed ihre Strategie und erhöhte die Zinsen deutlich, um die Inflation zu bekämpfen.

Eurozone: Die Maßnahmen der EZB (2015–2018)

Die Europäische Zentralbank (EZB) führte QE ein, um die niedrige Inflation zu bekämpfen und das Bruttoinlandsprodukt zu stabilisieren. Ab 2015 startete die EZB ein umfangreiches Programm zum Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen – und erreichte folgende Ergebnisse:

  • Das Preisniveau stabilisierte sich, die Inflationsraten blieben jedoch lange Zeit unter den Erwartungen.
  • Unternehmen konnten günstiger Kapital aufnehmen, was in einigen Ländern Investitionen förderte.
  • Kritiker warnten vor der Blasenbildung in den Immobilienmärkten einiger Euro-Länder.

QE als Krisenhelfer oder Risiko?

Die quantitative Lockerung ist ein mächtiges Instrument, das in Krisenzeiten die Wirtschaft stützen soll. Die Historie zeigt: Ihre Wirkung hängt stark von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und dem Vertrauen der Märkte ab. Während in den USA die Maßnahmen der Federal Reserve relativ erfolgreich waren, blieb die Wirkung in Japan und der Eurozone in einigen Punkten hinter den Erwartungen zurück. Dennoch ist QE eine bedeutende Option, wenn traditionelle Maßnahmen ausgeschöpft sind. Besonders als Ergänzung zu Reformen kann sie helfen, die wirtschaftliche Stabilität nachhaltig zu sichern.

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Häufige Fragen und Antworten

Das Hauptziel ist, die Wirtschaft in schwierigen Zeiten zu stimulieren, insbesondere wenn herkömmliche geldpolitische Instrumente wie Zinssenkungen nicht mehr wirken. QE soll die Kreditvergabe fördern, und Unternehmen sowie Verbraucherinnen oder Verbraucher entlasten und Investitionen anregen.

Quantitative Lockerung unterscheidet sich deutlich von traditionellen Maßnahmen wie der Senkung des Leitzinses. Während herkömmliche Geldpolitik auf indirekte Weise die Wirtschaft steuert, indem sie den Zugang zu Krediten erleichtert, erhöht QE direkt die Geldmenge im Finanzsystem. Dies geschieht durch den gezielten Ankauf von Staatsanleihen oder anderen Wertpapieren durch die Zentralbank. Diese direkte Einwirkung auf die Finanzmärkte macht QE besonders effektiv, wenn traditionelle Methoden nicht ausreichen, um die Wirtschaft zu beleben.

Ja, eine übermäßige Geldmenge durch QE kann dazu führen, dass die Preise steigen. Eine moderate Inflation von 2 Prozent gilt jedoch als Ziel der Zentralbanken, da sie Wirtschaftswachstum fördert und Schulden leichter tragbar macht. In einer stagnierenden Wirtschaft oder bei Deflationsgefahr ist das Inflationsrisiko ohnehin gering, da die zusätzliche Liquidität zunächst die Nachfrage und Investitionen stärkt. Problematisch wird es, wenn QE zu lange fortgeführt wird oder Vermögenswerte (Assets), etwa an den Aktien- und Immobilienmärkten, überbewertet werden.

Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank oder die Federal Reserve sind die treibende Kraft hinter der quantitativen Lockerung. Sie steuern den gesamten Prozess, entscheiden über die Höhe der Ankäufe und legen fest, welche Arten von Wertpapieren gekauft werden.

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