Eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder eine Geldstrafe erwartet Personen, die in Deutschland ein Schneeballsystem (auch: Pyramidensystem) aufbauen. So regelt es das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) § 16. Hohe Strafen – doch was genau hat es mit diesen Systemen auf sich?
Ein Schneeballsystem basiert darauf, dass Teilnehmenden für ihre Investitionen Gewinne angeboten werden, wenn sie weitere Teilnehmende anwerben.
Das System generiert seine Einnahmen vorwiegend mit einer immer stärker anwachsenden Teilnehmerzahl.
Wer das System ins Leben gerufen hat, kassiert den Großteil der Investitionen; die anderen Anlegerinnen und Anleger erleiden oft hohe Verluste. Der Komplettverlust der Anlage ist nicht selten.
So funktionieren Schneeballsysteme
Es kommt einem Schneeball gleich, der einen verschneiten Berg hinunterrollt: Er wird immer größer. Auch beim Schneeballsystem ist das der wesentliche Gedanke. Solange immer mehr Anlegerinnen und Anleger mitmachen, indem sie Kapital einzahlen und neue Anlegende werben, funktioniert es.
Beim Schneeballsystem wartet am Ende jedoch die böse Überraschung: Der Schneeball kann nicht unbegrenzt weiterwachsen. Sobald keine Teilnehmenden mehr dazukommen, entpuppt er sich als Lawine: Denn Schneeballsysteme funktionieren nach dem Prinzip, bei dem die Auszahlungen an frühere Teilnehmerinnen und Teilnehmer hauptsächlich durch die finanziellen Beiträge neuer Anleger und Anlegerinnen finanziert werden. Diese Systeme erfordern eine stetig wachsende Anzahl von Investorinnen und Investoren, um funktionieren zu können – und führen zum Zusammenbruch, wenn das Wachstum nachlässt. Dabei reißt die Lawine oft den kompletten Kapitaleinsatz der später dazugekommenen Personen mit sich.
Ein Beispiel:
Betrüger Bert behauptet, er habe eine exklusive Investitionsmöglichkeit, die hohe Renditen verspreche. Zunächst überzeugt er zwei Freunde, jeweils 1.000 Euro zu investieren – mit dem Versprechen, dass sie innerhalb eines Monats ihren Kapitaleinsatz samt 10 Prozent Rendite zurückerhalten werden, also 1.100 Euro.
Nach einem Monat braucht Bert insgesamt 2.200 Euro (2 x 1.100 Euro), damit er den Kapitaleinsatz samt versprochener Rendite auszahlen kann. Um an das Geld zu kommen, stellt Bert seinen beiden Freunden eine Bedingung: Sie bekommen ihr Geld mit 10 Prozent Rendite nur dann nach einem Monat zurück, wenn in diesem Zeitraum jeder der beiden zwei weitere Investierende findet, die ebenfalls 1.000 Euro einzahlen. Auch diese – verspricht er – bekommen dafür nach einem Monat jeweils 10 Prozent Rendite und ihren Kapitaleinsatz zurück. Dafür müssen aber auch sie jeder zwei neue Teilnehmende werben.
Mit den 4.000 Euro, die von den vier neuen Investorinnen oder Investoren kommen, kann Bert seine zwei Freunde auszahlen (2.200 Euro) und hat noch 1.800 Euro übrig. Das Modell setzt sich fort: Denn auch die vier neuen Investierenden möchten schließlich ausbezahlt werden. So bringen sie bereits, wenn jeder 2 neue Teilnehmende wirbt, 8 neue Anlegerinnen oder Anleger mit. Dafür kommen 8.000 Euro zusammen. Bert muss den 4 Anlegenden aus der vorangehenden Ebene aber nur 4.400 Euro zurückzahlen. Sein Gewinn beträgt nun 3.600 Euro (8.000 Euro – 4.400 Euro). Innerhalb einer Ebene hat sich Berts Gewinn verdoppelt. So profitiert er immer stärker von der wachsenden Zahl der Investorinnen und Investoren. Das geht so lange so weiter, wie neue Investierende dazukommen.
Wenn jedoch keine neuen Anlegerinnen und Anleger mehr gefunden werden, gibt es auch kein Geld mehr, um die Renditen zu zahlen. Das System bricht zusammen. Die späten Investierenden – in hoher Anzahl – verlieren dabei typischerweise ihr gesamtes eingesetztes Geld. Betrüger Bert hingegen hat eine immense Summe eingesteckt.
Woran Sie Pyramidensysteme erkennen können
Betrügerische Systeme wie dieses zu enttarnen, ist nicht immer einfach. Oft wird die Masche leicht verändert, um die Systematik zu verschleiern. So hat etwa der Bundesverband der Verbraucherzentralen vor einigen Jahren über dubiose Geschäfte mit Kryptowährungen wie Bitcoin informiert, hinter denen sich ebenfalls illegale Schneeballsysteme verstecken. Verschiedene Indizien können jedoch darauf hinweisen, dass es sich um Pyramidensysteme handelt. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele:
- Versprechen hoher Renditen bei wenig oder keinem Risiko
Betreibende von Schneeballsystemen locken oft mit der Aussicht auf ungewöhnlich hohe Gewinne in kurzer Zeit und behaupten, das Risiko sei minimal oder nicht vorhanden.
- Fokus auf das Werben neuer Teilnehmender
Ein zentrales Merkmal dieser Systeme ist die Betonung darauf, neue Investierende anzuwerben – oder diesen ein bestimmtes Produkt innerhalb einer bestimmten Zeit verkaufen zu müssen.
- Kein legitimes Produkt und keine Dienstleistung
Die Systeme bieten häufig keine realen, wertvollen Produkte oder Dienstleistungen an. Wenn Produkte beteiligt sind, dienen sie oft nur als Fassade, um den Anschein eines legitimen Geschäfts zu wahren. Wenn es sich vermeintlich um Geldanlageprodukte handelt, werden diese nicht näher erklärt und Fragen dazu in vielen Fällen nur ausweichend beantwortet. Es ist den Investierenden oft nicht klar, wie die angebliche Rendite entsteht.
- Strukturierter Zahlungsplan
Die Auszahlungen hängen typischerweise von der Hierarchieebene im System ab. Die frühen Investierenden erhalten Auszahlungen, die direkt von den Beiträgen späterer Teilnehmender stammen.
- Druck, schnell zu investieren
Oft wird Druck ausgeübt, sich schnell zu beteiligen, um von „einmaligen Gelegenheiten“ zu profitieren, und es wird ein Gefühl der Dringlichkeit vermittelt.
Darum sind Pyramidensysteme in Deutschland verboten
Pyramidensysteme basieren auf Täuschung: Sie versprechen den Teilnehmenden hohe Renditen, die tatsächlich nur aus den Investitionen neuer Teilnehmender gezahlt werden, nicht aus realen Gewinnen oder Investitionserträgen. Es handelt sich um irreführende Geschäftspraktiken und Betrug.
Solche Systeme sind von Natur aus instabil und nicht nachhaltig. Denn sie benötigen immer mehr neue Teilnehmende, um weiterhin Auszahlungen leisten zu können. Sie sind zum Scheitern verurteilt, weil es mathematisch unmöglich ist, unendlich viele neue Investorinnen oder Investoren zu finden. Abgesehen von den wenigen, die ganz oben in der Pyramide stehen, ist für die meisten Teilnehmenden ein Verlust wahrscheinlich.
Tipp: Sie wollen Geld anlegen? Lassen Sie sich nicht auf dubiose Systeme ein, sondern kommen Sie zu uns. Ihr Sparkassen-Berater oder Ihre -Beraterin beantwortet gern alle Ihre Fragen und unterstützt Sie dabei, die Anlageprodukte zu finden, die wirklich zu Ihnen passen.
Das können Sie tun, wenn Sie Opfer eines Pyramidensystems geworden sind
- Beweise sammeln
Bewahren Sie alle relevanten Dokumente, Kommunikation und Finanztransaktionen auf, die mit Ihrer Beteiligung am Pyramidensystem zusammenhängen. Dazu gehören etwa Verträge, E-Mails, Quittungen und Kontoauszüge.
- Anzeige erstatten
Wenden Sie sich an Ihre Polizeidienststelle und schildern Sie den Fall. Erstatten Sie Anzeige.
- Finanzaufsichtsbehörden informieren
Informieren Sie zuständige Behörden wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Bei der BaFin können Sie eine Beschwerde einlegen und den Fall schildern. Diese Behörden können Untersuchungen einleiten und möglicherweise Maßnahmen gegen die Betreibenden des Pyramidensystems ergreifen.
- Andere warnen
Teilen Sie Ihre Erfahrungen in den Sozialen Medien, mit Freunden und Freundinnen sowie Ihrer Familie, um andere vor ähnlichen Betrügereien zu warnen. Öffentliche Aufmerksamkeit kann dazu beitragen, das betrügerische System zu stoppen und andere potenzielle Opfer zu schützen.
Diese Schritte bieten leider keine Garantie dafür, dass Sie Ihren Kapitaleinsatz zurückbekommen. Oft sind die Betrugsmaschen bereits so konzipiert, dass sie Spuren verwischen und das Geld schnell verschwindet. Häufig sind die Betrügenden vorbereitet und tauchen unter, sobald das System kollabiert. Doch möglicherweise können Sie dennoch dazu beitragen, rechtliche Konsequenzen zu erwirken und andere vor ähnlichen Betrügereien zu schützen.
Sparen mit Strategie
Häufige Fragen zu Schneeballsystemen
Woran erkenne ich ein Schneeballsystem?
Häufig sind die Renditeversprechen außergewöhnlich hoch und es liegt ein starker Fokus auf der Rekrutierung neuer Mitglieder – statt auf realen Produkten oder Dienstleistungen. Es gibt in der Regel einen strukturierten Zahlungsplan, der frühere Investorinnen und Investoren aus den Beiträgen der neu geworbenen Teilnehmenden bezahlt.
Druck, schnell zu investieren, und das Fehlen eines legitimen Geschäftsmodells sind ebenfalls typische Warnzeichen. Wenn diese Merkmale in einem Investitionsangebot auftauchen, ist Vorsicht geboten. Investieren Sie nicht.
Was ist der Unterschied zwischen einem Schneeballsystem und Network Marketing?
Die Hauptunterschiede bestehen in der Legitimität und der Geschäftsstruktur: Network Marketing Unternehmen (auch: Multi-Level-Marketing-Unternehmen oder MLM) können legitime Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die tatsächlich verkauft werden. Im Gegensatz dazu haben Schneeballsysteme oft kein reales Produkt oder bieten Produkte an, die nur als Vorwand dienen, um die Struktur des Betrugs zu verbergen.
In einem MLM verdienen die Teilnehmenden ihr Geld sowohl durch den direkten Verkauf von Produkten als auch gelegentlich durch das Anwerben neuer Mitglieder. Bei Schneeballsystemen hängt die Gewinnmöglichkeit hauptsächlich vom Anwerben neuer Investorinnen und Investoren ab. Die „Renditen“ werden aus deren Einzahlungen finanziert.
MLM-Strukturen können legal und auch nachhaltig sein, wenn sie auf echtem Produktverkauf basieren. Schneeballsysteme hingegen sind illegal und unweigerlich zum Scheitern verurteilt, da sie auf einem ständigen Zustrom neuer Gelder basieren, ohne dass ein Mehrwert geschaffen wird. Network Marketing erfordert echte Verkaufsanstrengungen und Kundenservice, während Schneeballsysteme auf der ständigen Expansion der Teilnehmerbasis ohne reale wirtschaftliche Grundlage beruhen.
Ist ein Schneeballsystem in Deutschland illegal?
Ja, Schneeballsysteme sind in Deutschland illegal. Laut Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) § 16 können sie eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen.