Zum ersten Mal sind Krankheit und Suchtprobleme die Hauptursachen für Überschuldung – bisher war Arbeitslosigkeit Überschuldungsursache Nummer Eins.
Die häufigsten Schuldenarten sind Ratenkredite und aufgeschobene Zahlungen – hier verlieren die Schuldner und Schuldnerinnen am schnellsten den Überblick.
Mehr als die Hälfte der überschuldeten Personen lebt allein – unter den Singles sind Männer deutlich öfter und signifikant höher verschuldet als Frauen.
Krankheit und Sucht erstmals wichtigste Gründe für Überschuldung
Eine überraschende Wende bei den Ursachen für Überschuldung: Laut Überschuldungsreport 2024 des Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF) sind erstmals Krankheit und Sucht die Hauptgründe, weshalb Menschen in Deutschland in die Schuldenfalle geraten – und nicht mehr Arbeitslosigkeit. Fast jeder fünfte Überschuldungsfall (18,4 Prozent) im Jahr 2023 war auf gesundheitliche Probleme zurückzuführen, während Jobverlust nur noch in 17,5 Prozent der Fälle verantwortlich war. Experten erklären diesen Wandel mit der Arbeitsmarktlage und der demografischen Entwicklung.
Unerwartete Ereignisse oder sorgloser Konsum?
10,5
Prozent der Menschen sind wegen Einkommensarmut überschuldet. Weitere entscheidende Ursachen für Schulden – im schlimmsten Fall sogar für Zahlungsunfähigkeit – bei Privatpersonen sind unerwartete Lebensereignisse und finanzielle Schocks: beispielsweise Scheidungen, Tod des Partners oder der Partnerin, eine
gescheiterte Selbstständigkeit, Naturkatastrophen – so genannte Faktoren „außerhalb
der direkten Kontrolle“. Diese Auslöser unterscheiden sich von Ursachen wie
schlechtem Finanzmanagement, unwirtschaftlicher Haushaltsführung, mangelnder
finanzieller Bildung oder übermäßigem Konsum, die eher in der Verantwortung des
Einzelnen liegen.
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Hier sind die meisten Schulden fällig
Kaufe jetzt,
zahle später? Ratenkredite sind die häufigste Schuldenart: Genau dadurch
geraten viele Menschen in die Schuldenfalle. Auch „Buy now, pay
later"-Angebote treiben viele in die Überschuldung, warnt der Verbraucherzentrale
Bundesverband. Hohe Verzugszinsen und Mahngebühren machen es schwer, den
Überblick zu behalten. Weitere Gefahren sind Steuerschulden und Rückforderungen
von Sozialleistungen – diese Schulden werden häufig nicht direkt beglichen,
sondern aufgeschoben, was die finanzielle Belastung weiter verstärkt.
Viele Schulden, viele Gläubiger
Viele
Menschen haben mit Schulden zu kämpfen, die sie nicht ausgleichen können, doch
nicht alle suchen Hilfe. Das Statistische Bundesamt erfasst lediglich jene, die
aktiv professionelle Hilfe suchen. Die tatsächliche Zahl der Betroffenen dürfte
deutlich höher liegen, da viele sich nicht an die Schuldnerberatung wenden. Ein
Großteil aller Schulden besteht gegenüber öffentlichen Gläubigern wie dem
Finanzamt. Auf ausstehende Zahlungen können zunächst Mahnungen folgen, dann Vollstreckungsmaßnahmen
wie Pfändungen oder Lohnabzüge. Bleibt das erfolglos, können die Forderungen etwa
an ein Inkassounternehmen übergeben werden.
Viele Singlehaushalte sind verschuldet
Im Jahr 2023 lebte gut die Hälfte (51 Prozent) aller überschuldeten Personen allein – sie hatten im Schnitt fast 30.000 Euro Schulden. Ein erstaunlicher Unterschied zeigt sich dabei zwischen den Geschlechtern:
- Alleinlebende Männer waren nicht nur häufiger verschuldet,
- sondern auch tiefer im Minus als Frauen.
Während Männer im Schnitt ein Schuldenberg von mehr als 31.000 Euro drückte, mussten Frauen „nur“ rund 26.000 Euro schultern.
Ebenfalls interessant bei der Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts : Auch in Einkommen umgerechnet, sind die Männer damit höher verschuldet. . Männer würden theoretisch 28 Monate lang ihr gesamtes Einkommen benötigen, um ihre Schulden abzuzahlen, während Frauen nach 24 Monaten schuldenfrei wären – wenn sie alles dafür aufbrächten. Insgesamt lagen die Schuldenberge bei Singlehaushalten also weit über dem Durchschnitt, und die Zahlen zeigen deutlich, wie unterschiedlich Männer und Frauen betroffen sind.
Sind Schulden immer bedenklich?
Schulden sind nicht grundsätzlich negativ zu bewerten. In vielen Fällen können sie sogar sinnvoll sein. So sind beispielsweise Investitionen sogenannte „gute Schulden". Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie zukünftiges Potenzial schaffen, welches die Kosten der Schulden übersteigen kann. Gute Schulden entstehen, wenn Geld für Investitionen aufgenommen wird, die langfristig den eigenen finanziellen Zustand verbessern. Beispiele dafür sind:
- Bildungskredite: Investitionen in Bildung können später zu einem höheren Einkommen führen.
- Immobilienfinanzierung: Ein Kredit für den Kauf einer Immobilie kann als Vermögensaufbau dienen, da Immobilien oft an Wert gewinnen.
Für Unternehmen gilt, dass sie Kredite gut für die Expansion nutzen können, während öffentliche Haushalte mit Krediten beispielsweise die Infrastruktur finanzieren.
Sie sind in finanzielle Schieflage geraten?
So können Sie Schulden vorbeugen
Lage checken und Übersicht gewinnen
Die erste Hilfe auf dem Weg zu mehr Finanzbewusstsein ist das Haushaltsbuch. Darin listen Sie alle Ausgaben auf, die Sie haben: egal ob beim Einkaufen, Bäcker, im Restaurant, beim Shoppen, im Kino oder Fußballstadion. Am Ende des Monats folgt der erste Check: Wie viel Geld ist eigentlich geflossen? Und wofür?
Der zweite Check: Wie sieht es auf Ihrem Konto aus? Anders als im Haushaltsbuch sind im digitalen Finanzplaner auch alle Fixkosten zu erkennen: Miete, Strom, Telefon Ihr Konto ist daher der beste Indikator, um zu erkennen, wie es um Ihre Finanzen bestellt ist. Überprüfen Sie regelmäßig, was eingeht und abgebucht wird.
Bewusst mit Geld umgehen
Der einfachste Tipp: Zahlen Sie immer bar. Es ist wurde immer wieder bewiesen, dass wir auf diese Weise weniger Geld ausgeben. Ebenso simpel: Gehen Sie nur mit Einkaufszettel in den Supermarkt. Und halten Sie sich an das, was draufsteht. So gehen Sie sicher, dass Sie nur das kaufen, was Sie auch brauchen. Vermeiden Sie Spontankäufe.
Aus dem „Überschuldungsreport 2024“ geht hervor, dass Schuldenprobleme Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft betreffen. Deshalb kommen auch Menschen mit völlig unterschiedlichen finanziellen und sozialen Hintergründen sowie verschiedenen Alters zur Schuldnerberatung.
Einsparpotentiale erkennen
Gerade bei Strom- oder Gasanbietern, Versicherungen oder Telefon- und Internetverträgen lässt sich oft der ein oder andere Euro herausholen. Haben Sie schon einmal Preise verglichen? Das Wechseln eines Anbieters ist in den meisten Fällen auch gar nicht so kompliziert, wie viele denken.
Einsparpotenziale gibt es aber auch im Alltag viele. Wenn es finanziell eng wird, sollten Sie daher jede Ausgabe hinterfragen. Muss es der teure Handyvertrag sein? Mit einer Prepaid-Karte wird es günstiger. Das luxuriöse Fitnessstudio? Im Park joggen ist kostenlos.
3 häufige Schuldenfallen
Ein Dispo
… ist eine eingeräumte Kontoüberziehung und praktisch, wenn es zum Monatsende mal eng wird. Sind Sie jedoch über einen längeren Zeitraum im Minus – wenn auch innerhalb Ihres Dispokredits – ist das ein Warnsignal. Sie geben Geld aus, das sie nicht haben.
Null-Prozent-Finanzierungen
… sind ungefährlich, oder? Das stimmt nicht. Der Nachteil von Null-Prozent-Finanzierungen liegt oft darin, dass sie zum unüberlegten Kauf verleiten können, weil die Raten auf den ersten Blick günstig erscheinen. Zudem können versteckte Kosten oder Gebühren im Kleingedruckten lauern, und es besteht die Gefahr, mehrere solche Finanzierungen gleichzeitig abzuschließen und die Übersicht zu verlieren. Wenn Sie wegen des geringen Risikos viele Finanzierungen auf einmal abschließen, warten monatlich viele Gläubigerinnen beziehungsweise Gläubiger auf ihr Geld. Unser Tipp: Vereinbaren Sie für Konsumgüter wie Fernseher, Spielekonsolen oder Handys keine Ratenzahlung. Ungefährlicher ist es, wenn Sie für diese Dinge sparen und sie dann direkt bezahlen.
Eine Umschuldung
… ist nicht immer die beste Lösung, aber kann unter bestimmten Umständen sinnvoll sein. Sie haben schon Schulden und möchten diese mit einem neuen Kredit abzahlen? Das ist nur dann ratsam, wenn Sie mit Ihrem Kreditinstitut monatliche Raten vereinbaren, die Sie problemlos leisten können. Oft werden damit aber bestehende Verbindlichkeiten nur verschoben. Außerdem werden sie aufgrund von Zins und Zinseszins größer.
Schuldenstress? Es gibt immer einen Ausweg
Alle Menschen, die Probleme haben, ihre Rechnungen zu zahlen oder Schulden zu begleichen, sollten sich nicht noch weiter unter Stress setzen. Auch wenn dies keine angenehme Situation ist: Es gibt immer einen Ausweg. Eines müssen Sie tun: Aktiv werden. Wenn Ihnen dies allein nicht möglich ist, gibt es noch immer den Weg zu einer Schuldnerberatung – im Zweifel mit einem Freund.
Stand 27.09.2024