
Jede fünfte Frau über 65 ist armutsgefährdet – und die Zahlen steigen.
Niedrige Löhne, Teilzeit und Sorgearbeit führen zu großen Rentenlücken.
Mit der richtigen Strategie lässt sich die Altersvorsorge auch mit wenig Geld stärken.
Jede fünfte Frau über 65 ist armutsgefährdet. Manche müssen sich überlegen, ob sie die Heizung aufdrehen oder die Butter im Supermarkt stehen lassen. Andere verzichten darauf, sich mit Freundinnen im Café zu treffen, weil es nicht ins Budget passt. Altersarmut bedeutet oft auch soziale Isolation. Und sie ist kein individuelles Versagen – sie ist die Folge einer jahrzehntelangen strukturellen Benachteiligung.
Rund 3,5 Millionen Menschen ab 65 Jahren sind von Armut bedroht. Die Quote erhöhte sich im Vergleich zu 2023 von 18,4 Prozent auf 19,6 Prozent. Besonders betroffen sind Frauen: Die Armutsgefährdungsquote bei Frauen ab 65 Jahren lag bei 21,6 Prozent, während sie bei Männern 17,1 Prozent betrug.
Warum Frauen besonders betroffen sind
Frauen verdienen weniger – und das spüren sie bis ins Alter. Der Gender Pay Gap lag im Jahr 2024 in Deutschland bei rund 16 Prozent. Doch das ist nur ein Teil des Problems. Viele Frauen arbeiten in Teilzeit – oft nicht aus Wahl, sondern weil sie es müssen. Sie kümmern sich um Kinder, Haushalt und pflegen Angehörige, während sie selbst finanziell zurückstecken.
Diese unbezahlte Arbeit hat direkte Folgen für ihre Rente. Wer weniger Stunden arbeitet, verdient nicht nur weniger, sondern zahlt auch weniger in die Rentenkasse ein. Das führt zu geringeren Rentenansprüchen – und damit zur sogenannten Gender Pension Gap. Im Jahr 2023 betrug dieser Unterschied in Deutschland laut Statistischem Bundesamt immerhin 27,1 Prozent, was bedeutet, dass Frauen durchschnittlich 27,1 Prozent weniger Alterseinkünfte erhalten als Männer.
Doch selbst ein Vollzeitjob schützt viele Frauen nicht vor finanzieller Unsicherheit. 53 Prozent aller arbeitenden Frauen (also mehr als jede zweite) können langfristig nicht allein von ihrem Einkommen leben . Sie verdienen nicht genug, um Zeiten ohne Erwerbstätigkeit – etwa durch Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Rente – finanziell abzusichern.
Für Mütter sieht es noch düsterer aus: 70 Prozent der erwerbstätigen Frauen können mit ihrem Gehalt langfristig nicht für sich und ein Kind sorgen. Das Risiko, in Armut zu geraten, beginnt also nicht erst im Alter, sondern oft schon in jungen Jahren.
Hinzu kommt, dass viele Frauen in unsicheren Jobs arbeiten. Pflege, Einzelhandel, Reinigungsdienste – der Niedriglohnsektor ist fest in weiblicher Hand. Wer sein Leben lang Mindestlohn verdient, kann kaum fürs Alter vorsorgen. Alleinerziehende stehen noch stärker unter Druck. Sie haben oft keine Möglichkeit, ihre Arbeitszeit zu erhöhen und gleichzeitig für ihre Kinder da zu sein.
Wie kann sie sich absichern – auch mit wenig Einkommen
Viele Frauen stellen sich die Frage, wie sie ihre finanzielle Zukunft im Alter sichern können. Während einige gezielt private Rentenversicherungen oder Wertpapiersparpläne nutzen, sind für andere bereits kleine Rücklagen eine Herausforderung. Unabhängig von der individuellen Situation gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Altersvorsorge Schritt für Schritt aufzubauen. Dazu gehören staatlich geförderte Modelle wie die betriebliche Altersvorsorge, die Riester-Rente oder private Lösungen wie ein Rentenplan oder regelmäßiges Sparen mit einem Fonds- oder ETF-Sparplan. Entscheidend ist, sich frühzeitig zu informieren und eine Strategie zu wählen, die zur eigenen Lebenssituation passt.
Frühzeitig für die Rente vorsorgen
In vielen Unternehmen beteiligt sich der Arbeitgeber an der Altersvorsorge – ein Vorteil, den Arbeitnehmende nutzen sollten. Das kann in Form von Zuschüssen zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV), vermögenswirksamen Leistungen oder Matching-Beiträgen bei einer Direktversicherung erfolgen. Freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung können zwar die spätere Rente erhöhen, bedeuten aber für Geringverdienende eine zusätzliche finanzielle Belastung. Ob sich das lohnt, hängt von der individuellen Situation ab – insbesondere für Frauen mit Lücken in der Erwerbsbiografie.
Außerdem gibt es Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten, die auf die Rente angerechnet werden. Viele Frauen wissen gar nicht, dass sie durch die Pflege von Angehörigen Rentenansprüche erwerben können.
Partnerschaftliche Vereinbarungen treffen
Viele Frauen verlassen sich finanziell auf ihren Partner – und stehen nach einer Trennung mit leeren Händen da. Wer über Jahre unbezahlte Sorgearbeit leistet, sollte das in der Partnerschaft thematisieren.
Beide sollten sich an der Erwerbsarbeit beteiligen, damit nicht nur eine Person finanzielle Einbußen hat. Wenn eine von ihnen weniger arbeitet oder pausiert, kann der oder die andere freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen, um die Lücke auszugleichen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Frauen nicht nur für die Familie sparen, sondern auch gezielt für sich selbst. Ein eigenes Finanzpolster sorgt für mehr Unabhängigkeit – sowohl während des Berufslebens als auch im Alter.
Jede Frau hat eine andere Ausgangslage – und nicht jede kann sich den klassischen „Spartipps“ anschließen. Wichtiger als jeder Finanzplan ist, dass Frauen ihre eigene Absicherung ernst nehmen.
Rente ist kein Zufall
Niemand möchte im Alter ohne genug Geld dastehen. Wer kann, sollte so früh wie möglich etwas für die Rente tun. Wer wenig verdient, sollte prüfen, welche staatlichen Hilfen es gibt. Und wer in einer Partnerschaft lebt, sollte klare Absprachen treffen, damit nicht nur eine Person finanziell zurücksteckt. Altersvorsorge ist keine Aufgabe für später – sie gehört genauso zum Leben wie jede andere wichtige Entscheidung.
Sozialleistungen nutzen – ohne Scham
In Deutschland gibt es Sicherungssysteme für Menschen, die im Alter nicht genug haben. Die Grundsicherung im Alter ist eine solche Leistung, doch viele Betroffene – nicht nur Frauen – verzichten darauf. Häufige Gründe sind Unwissenheit, Scham oder die Angst, als „Bittstellerin“ zu gelten. Dabei ist die Grundsicherung keine Wohltat, sondern eine gesetzlich verankerte Leistung im Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt Rentnerinnen und Rentnern mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen von weniger als 1.015 Euro, ihren möglichen Anspruch auf Grundsicherung überprüfen zu lassen. Obwohl der Anspruch grundsätzlich besteht, wird die Leistung in der Regel für zwölf Monate bewilligt und muss danach neu beantragt werden.
Welche Leistungen umfasst die Grundsicherung?
- Regelsatz für den Lebensunterhalt: Seit 1. Januar 2024 beträgt dieser für Alleinstehende 563 Euro pro Monat, für Paare 506 Euro je Person.
- Karenzzeit für Miete: Im ersten Jahr des Leistungsbezugs werden die tatsächlichen Mietkosten übernommen. Erst danach erfolgt eine Angemessenheitsprüfung, bei der geprüft wird, ob die Wohnkosten reduziert werden müssen.
- Heizkosten: Diese werden in angemessener Höhe übernommen. Einige Behörden legen Grenzwerte für den Verbrauch statt für die Kosten fest, um Preissteigerungen zu berücksichtigen
- Zusätzlich umfasst die Grundsicherung auch die Übernahme der Kosten für Warmwasser
- Einmalige Leistungen für besondere Bedarfe (z.B. Erstausstattung einer Wohnung)
- Leistungen für Bildung und Teilhabe bei Kindern und Jugendlichen
- Mögliche Mehrbedarfszuschläge (z.B. für Schwangere oder Menschen mit Behinderungen)
Wichtig: Kinder müssen in den meisten Fällen nicht finanziell für ihre Eltern einspringen. Eine Unterhaltsprüfung erfolgt nur, wenn das Jahreseinkommen der Kinder jeweils über 100.000 Euro liegt.
Mental Load: Das unsichtbare Hindernis
Altersarmut trifft Frauen nicht nur finanziell – sie belastet auch psychisch und gesellschaftlich. Viele tragen die Hauptverantwortung für Kinder, Haushalt und Pflege, organisieren das Familienleben und stellen eigene Bedürfnisse hinten an.
Unter dieser dauerhaften Belastung rückt die Altersvorsorge oft in den Hintergrund. Viele Frauen haben schlicht keine Zeit oder Energie, sich mit Rentenbescheiden, Sparplänen oder Versicherungen zu beschäftigen. Dringende alltägliche Aufgaben verdrängen oft langfristige Planungen. Und so vergeht Jahr für Jahr– bis das Renteneintrittsalter plötzlich vor der Tür steht.
Es braucht mehr als individuelle Lösungen. Ein sinnvoller Beitrag wäre, Sorgearbeit als gleichwertige Arbeit anzuerkennen.
Was ist Sorgearbeit?
Sorgearbeit, auch als Care-Arbeit bezeichnet, umfasst alle Tätigkeiten der Pflege, Zuwendung und Versorgung für sich und andere1. Dazu gehören:
- Kinderbetreuung und -erziehung
- Pflege von Angehörigen
- Haushaltsarbeiten
- Emotionale Unterstützung und Fürsorge
Frauen leisten, laut Bundestiftung Gleichstellung (Stand 2024) im Durchschnitt 44,3 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer, was oft zu Nachteilen in der Erwerbsarbeit und damit in der eigenständigen Existenz- und Alterssicherung führt. Deshalb sollten Frauen frühzeitig die Möglichkeit und Ermutigung bekommen, ihre eigene finanzielle Zukunft aktiv zu sichern.
Häufige Fragen zur Altersarmut von Frauen
2Wo liegt die Armutsgrenze bei Rentnern?
Wo liegt die Armutsgrenze bei Rentnern?
Die Armutsgrenze bei Rentnern und Rentnerinnen wird
definiert als 60 Prozent des Medianeinkommens der Gesamtbevölkerung. Der Median
ist, was die genau Mitte der Bevölkerung verdient. Wenn das Einkommen aus Rente
und anderen Quellen unter dieser Grenze liegt, gelten Rentner und Rentnerinnen
als armutsgefährdet. Im Jahr 2024 lag der Schwellenwert für Alleinstehende bei
1.378 Euro netto pro Monat.
3Wen betrifft Altersarmut?
Wen betrifft Altersarmut?
Von Armut in Alter sind diejenigen gefährdet, die während
ihrer Arbeitsjahre geringe Einkommen hatten, lange arbeitslos waren oder in
Teilzeit gearbeitet haben. Frauen sind überdurchschnittlich von Armut im Alter
betroffen, da sie aus den genannten Gründen häufiger geringere Renten beziehen.
Aber auch Alleinerziehende, Geringqualifizierte, Selbstständige ohne
ausreichende private Vorsorge oder mit gesundheitlichen Einschränkungen oder
Behinderungen sind überdurchschnittlich von Altersarmut betroffen.
4Warum sind insbesondere Frauen von der Altersarmut betroffen?
Warum sind insbesondere Frauen von der Altersarmut betroffen?
Frauen sind aus verschiedenen Gründen besonders von Altersarmut betroffen:
- Erwerbsbiografie: Frauen haben oft längere Phasen der Teilzeitarbeit oder Unterbrechungen in ihrer Erwerbsbiografie aufgrund von Hausarbeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen. Das führt zu niedrigeren Rentenansprüchen.
- Entgeltungleichheit: Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer, was sich auch auf ihre spätere Rente auswirkt (siehe Gender-Pay-Gap).
- Alleinerziehende: Alleinerziehende haben oft eine besondere finanzielle Belastung und sind daher anfälliger für Altersarmut. Frauen sind häufiger alleinerziehend.
- Teilzeitarbeit: Deutlich mehr Frauen arbeiten in Teilzeit als Männer, was zu niedrigeren Rentenansprüchen führt.
5Wie kann ich mich vor Altersarmut schützen?
Wie kann ich mich vor Altersarmut schützen?
Es gibt einige Maßnahmen, die dazu beitragen können, sich vor Altersarmut zu schützen:
- Frühzeitig vorsorgen: Private Altersvorsorge, wie etwa eine zusätzliche private Rentenversicherung oder andere Anlageformen, können die gesetzliche Rente ergänzen.
- Erwerbsbiografie optimieren: Kontinuierliche Erwerbstätigkeit, Weiterbildung und der Aufbau von Rentenansprüchen sind wichtig, um eine solide finanzielle Basis im Alter zu schaffen.
- Entgeltgleichheit unterstützen: Eine faire Entlohnung unabhängig vom Geschlecht ist wichtig, um sich langfristig gerechte Rentenansprüche zu sichern.
- Partnerschaftliche Aufteilung: In Partnerschaften sollten Aufgaben wie Kindererziehung und Pflege fair aufgeteilt werden, um Erwerbsunterbrechungen zu minimieren.
- Information und Beratung: Informieren Sie sich frühzeitig über Ihre Rentenansprüche und nutzen Sie Beratungsangebote, um eine fundierte Altersvorsorgestrategie zu entwickeln. Denken Sie dabei auch an verfügbare Sozialleistungen. Die Beraterinnen und Berater Ihrer Sparkasse helfen Ihnen gerne weiter.
6Was hilft bei Altersarmut?
Altersarmut lässt sich nicht immer vermeiden, aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, finanzielle Engpässe im Ruhestand abzumildern. Wer nur eine geringe Rente hat, kann prüfen, ob ein Anspruch auf Grundsicherung im Alter besteht. Diese staatliche Unterstützung deckt neben dem Lebensunterhalt auch angemessene Wohnkosten ab. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt Rentnerinnen und Rentnern mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen von weniger als 1.015 Euro, ihren möglichen Anspruch auf Grundsicherung überprüfen zu lassen. Zusätzlich lohnt es sich, mögliche Rentenansprüche zu überprüfen – etwa durch freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung.
Auch ein zusätzliches Einkommen kann helfen. Ein Minijob oder eine selbstständige Tätigkeit bieten oft flexible Möglichkeiten, die Einnahmen zu erhöhen. In manchen Fällen kann es auch sinnvoll sein, über einen Umzug in eine kleinere oder günstigere Wohnung nachzudenken.
Schulden sollten frühzeitig abgebaut oder umstrukturiert werden, um finanzielle Spielräume im Ruhestand zu schaffen. Wer sich unsicher ist, welche Möglichkeiten es gibt, kann sich bei der Deutschen Rentenversicherung oder einer Verbraucherzentrale beraten lassen oder natürlich bei jeder Sparkasse. Auch im Ruhestand kann es Wege geben, die eigene finanzielle Situation zu verbessern – wichtig ist, sich frühzeitig zu informieren und Optionen zu nutzen.