
Die Europäische Zentralbank (EZB) plant den Digitalen Euro als Ergänzung zum Bargeld.
Er soll das Bezahlen im Euroraum im Internet, im Geschäft vor Ort und zwischen Personen über die europäischen Grenzen hinweg ermöglichen.
Neben Europa arbeiten auch Kanada, China und andere Länder an digitalen Zentralbank-Währungen (CBDCs).
Kommt er oder kommt er nicht?
Bezahlen ohne Scheine und Münzen, sekundenschnelle Geldüberweisungen – weltweit. Elektronische Zahlungsverfahren werden immer selbstverständlicher. Die Bargeldnutzung nimmt tendenziell ab. Deshalb arbeiten Zentralbanken weltweit an digitalen Varianten ihrer Währungen – auch die EZB.
Nach einer umfassenden Analyse hat der EZB-Rat im Oktober 2023 entschieden, die Entwicklung des Digitalen Euro weiter voranzutreiben. Die laufende Vorbereitungsphase ist auf 2 Jahre angesetzt. Eine Entscheidung zur möglichen Einführung wird frühestens Ende 2025 erwartet.
Bis dahin sind jedoch noch wichtige rechtliche Rahmenbedingungen zu klären: Der Europäische Rat und das Europäische Parlament müssen eine Verordnung der Europäischen Union (EU), also eine gesetzliche Grundlage, verabschieden. Erst danach kann der EZB-Rat endgültig über die Einführung entscheiden. Noch ist also nichts in Stein gemeißelt.
Anderen Währungen zuvorkommen
Die EU-Kommission hat bereits im Juni 2023 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Darin steht auch, warum digitales Zentralbankgeld in Europa notwendig ist: „Der Hauptgrund für die (…) Schaffung des Digitalen Euro besteht darin, dass Zentralbankgeld in physischer Form, das heißt Bargeld, im digitalen Zeitalter allein nicht ausreicht, um die europäische Wirtschaft zu stützen.“ Bargeld genüge nicht, um die Anforderungen einer sich rasch digitalisierenden Wirtschaft gerecht zu werden, heißt es weiter.
Weltweit arbeiten mehr als 100 Zentralbanken an digitalem Zentralbankgeld. Die EZB befürchtet, dass ohne Lösung in Euro andere digitale Währungen und sogenannte Stablecoins (wertstabile Kryptowährungen) den Markt besetzen.
Mit dem Digitalen Euro will die EZB eine europäische Alternative für Zahlungen schaffen, die momentan von US-amerikanischen Anbietern wie Visa, Mastercard, Apple und PayPal abgewickelt werden. So will sie die Abhängigkeit von nicht-europäischen Lösungen verringern.
Noch gibt es den Digitalen Euro nur als Skizze. Aber schon um diese ersten Vorschläge ranken sich zahlreiche Mythen.
- Er ist keine Kryptowährung, hat nichts mit Bitcoin & Co. zu tun und wird auch nicht auf der Blockchain basieren.
- Mit ihm werden Zahlungen sehr schnell, aber nicht schneller abgewickelt: Sie basieren auf den heute bereits etablierten SEPA-Instant Payments (Echtzeitüberweisungen) oder vergleichbaren Standards. SEPA-Instant Payments benutzt auch das neue europäische, kontobasierte Echtzeit-Bezahlsystem wero.
- Eine Begrenzung, sprich ein Haltelimit in der Wallet für den Digitalen Euro sieht der Gesetzesentwurf zwar bisher vor, die Höhe von 3.000 Euro wurde aber nie offiziell bestätigt.
- Er ist nicht diebstahlsicher und kann – wie jedes digitale Zahlungsmittel – auch potenziell Ziel von Betrug oder Cyberangriffen werden.
- Er ist nicht für automatisierte Maschinenzahlungen (M2M-Payments) gedacht: Der Kühlschrank wird also nicht automatisch die Hafermilch damit bezahlen.
- Er vereinfacht keine bestehenden Zahlungsprozesse, sondern baut eine separate Zahlungsverkehrsinfrastruktur auf.
- Er ist bislang noch nicht in einer Probephase getestet worden.
- Frühestens im Jahr 2029 würde er für alle Bürgerinnen und Bürger im Euro-Raum kommen.
Bargeld und Datenschutz bleiben erhalten
Entgegen allen Mutmaßungen steht nicht zu befürchten, dass das Bargeld abgeschafft wird. Die EU-Kommission betont wiederholt in ihrem Gesetzesentwurf, dass der Digitale Euro das Bargeld ergänzen soll. Auch Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz unterstreicht: „Die Europäische Kommission hat zeitgleich mit ihrem Vorschlag zum Digitalen Euro auch einen Legislativvorschlag veröffentlicht, der die Akzeptanz und den Zugang zu Bargeld gesetzlich garantieren soll. (...) Ich kenne wirklich niemanden im Eurosystem, der darüber nachdenkt, das Bargeld abzuschaffen.“
Ein anderer wichtiger Aspekt ist der Datenschutz: „Der Digitale Euro wird so gestaltet, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Zahlungsdienstleister und die Europäische Zentralbank auf das für das reibungslose Funktionieren des Digitalen Euro erforderliche Maß beschränkt wird“, heißt es in dem Entwurf weiter.
Das Bezahlen mit dem Offline-Digitalen Euro soll ähnlich privat sein wie Zahlungen mit Bargeld. Weder die EZB noch die nationalen Zentralbanken werden die Daten, die bei einer Transaktion in Digitalen Euro anfallen, einem identifizierten oder identifizierbaren Nutzer zuordnen können. Allerdings soll die Geldwäsche eingedämmt werden. Daher bleiben Fragen zur Anonymität offen.
Das sind die Vorteile
- Souveränität: Eine digitale Zentralbankwährung hätte den Vorteil, dass sie Europas Eigenständigkeit stärkt und den eigenen Vorstellungen etwa bei Datenschutz Rechnung trägt.
- Finanzielle Inklusion: Digitale Zahlungen würden auch Menschen ohne Zugang zu etablierten Bankdienstleistungen ermöglichen, am Finanzsystem teilzuhaben und elektronische Transaktionen durchzuführen.
Das sind die Herausforderungen
- Unklarer Mehrwert: Derzeit ist nicht klar, wie genau der Digitale Euro konkret aussehen soll. Nach allem, was bisher bekannt ist, baut die EZB ein neues Zahlverfahren auf – parallel zu den bereits existierenden. Dies würde für Privatpersonen keinen erkennbaren Vorteil bieten.
- Datenschutz und Privatsphäre: Ein Digitaler Euro könnte das Potenzial haben, umfassende Informationen über Transaktionen zu sammeln. Das wirft Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Privatsphäre auf. Es wären geeignete Schutzmechanismen und Kontrollen erforderlich, um diese Risiken zu minimieren.
- Cybersicherheitsrisiken: Die Nutzung digitaler Technologien birgt immer ein gewisses Risiko von Cyberangriffen und Hacking. Ein digitales Währungssystem müsste mit robusten Sicherheitsmaßnahmen ausgestattet sein, um die Integrität und Sicherheit des Systems zu gewährleisten.
- Abhängigkeit von technischer Infrastruktur: Ein zusätzliches digitales Zahlverfahren würde eine weitgehend neue zuverlässige und hochentwickelte technische Infrastruktur erfordern, um einen reibungslosen Zahlungsverkehr zu ermöglichen. Das wäre mit sehr hohen Kosten verbunden. Ausfälle oder Störungen dieser Infrastruktur könnten zu erheblichen Beeinträchtigungen führen.
- Potenzielle finanzielle Instabilität: Die Einführung eines Digitalen Euro könnte sich auf die bestehende Finanzinfrastruktur auswirken und Geschäftsmodelle von Banken und Finanzinstituten verändern. Es müssten Mechanismen entwickelt werden, um potenzielle negative Auswirkungen auf die Stabilität des Finanzsystems in Europa zu begrenzen.
- Ein Regulator als Marktteilnehmer: Die EZB würde mit dem Digitalen Euro nicht nur wie bisher als Aufsichtsbehörde, sondern auch als direkter Marktakteur und Wettbewerber auftreten. Dies könnte zu einem Interessenkonflikt führen, da die Zentralbank sowohl den Rahmen für den Zahlungsverkehr setzt als auch dann selbst ein Zahlungsmittel anbietet.
Keine Blockchain-Basierung
Die Blockchain-Technologie speichert Datenblöcke hintereinander ab – wie der Name sagt, in einer Block-Kette. Die Datenbank ist eine sogenannte „verteilte Datenbank“ und liegt somit nicht nur auf einem Server. Alle Teilnehmenden des Blockchain-Systems haben eine vollständige Kopie der Datenbank auf ihrem Rechner. Fälschungssicher wird die Blockchain, da jeder neue Datenblock mit dem vorherigen verbunden ist – und nicht mehr nachträglich geändert werden kann.
Obwohl die genaue technische Umsetzung noch nicht feststeht, wird der Digitale Euro als Bezahlverfahren den Massenmarkt (Retail) nicht auf einer öffentlichen Blockchain basieren. Im Rahmen der Entwicklung von digitalem Zentralbankgeld für Anwendungen im Interbanken-Bereich (Wholesale Settlement) hingegen werden bereits Lösungen getestet, die auch die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) als technologische Basis beziehungsweise Blockchain-Komponenten beinhalten.
Die Blockchain-Technologie speichert Datenblöcke, die chronologisch aneinandergereiht sind – wie der Name sagt, in einer Block-Kette. Die Datenbank ist eine sogenannte „verteilte Datenbank“ und liegt somit nicht nur auf einem einzelnen Server. Alle Teilnehmenden des Blockchain-Systems haben eine vollständige Kopie der Daten. Fälschungssicher wird die Blockchain, da jeder neue Datenblock mit dem vorherigen verbunden ist.
Nachträgliche Änderungen sind technisch nicht möglich. Das erschwert Manipulationen. Zudem ist der Energieverbrauch von Blockchain-basierten Systemen oft ein kritischer Faktor. Während Kryptowährungen wie Bitcoin auf ein energieintensives „Proof-of-Work“-Verfahren setzen, könnten alternative Technologien effizienter und nachhaltiger sein.

Meilensteine zur Einführung des digitalen Euro
Die EZB hat das Projekt Digitaler Euro 2021 ins Leben gerufen. Bevor er eingeführt werden kann, muss jedoch der Europäische Gesetzgeber eine Verordnung dazu erlassen. Im Juni 2023 hat die Europäische Kommission einen Verordnungsvorschlag zur Einführung unterbreitet, den EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten bewerten müssen. Diese Arbeiten werden voraussichtlich nicht vor Ende 2025 abgeschlossen sein.
Diese beiden Prozesse – Gesetzgebung und Entwicklung eines Regelwerkes mit technischen Vorgaben – laufen parallel. Das Eurosystem wird alle Änderungen an der Gestaltung des Digitalen Euros prüfen, die sich aus den Gesetzgebungsprozessen ergeben.
Erst nachdem der Gesetzgeber eine Verordnung verabschiedet hat, kann der EZB-Rat über die Ausgabe des Digitalen Euros final entscheiden. Und erst nach dem Inkrafttreten der Verordnung kann die EZB mit der Umsetzung der Ausgabe beginnen. Daher ist jetzt davon auszugehen, dass der Digitale Euro für Endkunden und -kundinnen frühestens 2029 über Sparkassen, Banken und andere zugelassene Finanzdienstleister zur Verfügung gestellt wird.
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Häufige Fragen
Erst nach dem Inkrafttreten der Verordnung zum Digitalen Euro kann die EZB mit der Umsetzung des Projekts zur Ausgabe beginnen. Der Gesetzgebungsprozess wird nicht vor Ende 2025 abgeschlossen sein. Mit der anschließenden Umsetzungsphase kann man davon ausgehen, dass er frühestens 2029 zur Verfügung steht.
Mit dem Digitalen Euro könnte man überall im Euroraum kostenlos und in Echtzeit zahlen. Die genauen Bedingungen und Prozesse, um ihn zu erwerben und zu verwalten, legt die EZB fest. Zu seinem Start sollen Zahlungen im Geschäft (Point of Sale), im Internet (E- und M-Commerce) und zwischen Privatpersonen (Person-to-Person) möglich sein. Er soll in allen Bereichen des täglichen Zahlungsverkehrs für Bürgerinnen und Bürger eine Rolle spielen. Auch Zahlungen zwischen Behörden und Verbrauchern sollen damit möglich werden. Die Menschen könnten Geld direkt von Wallet zu Wallet überweisen – per Smartphone oder Smartwatch, sowohl online als auch offline. Eine Internetverbindung ist also keine Voraussetzung.
Der Digitale
Euro soll nach Planung der EZB nicht nur die Souveränität und eine unabhängige
europäische Zahlungsverkehrsinfrastruktur stärken. Sondern er soll auch
zentrale Vorteile für Bürger, Bürgerinnen sowie Unternehmen im Euroraum
bringen. Ziel der EZB ist es, eine sichere und wettbewerbsfähige Alternative zu
bestehenden privaten Zahlungslösungen anzubieten. Gleichzeitig will sie ein
Gegengewicht zu den marktbeherrschenden US-amerikanischen BigTechs und FinTechs
zu schaffen.
Digitale Währungen sind elektronische Zahlungsmittel, da sie nur in digitaler Form existieren. Sie unterscheiden sich von physischen Währungen wie Bargeld oder Münzen, da sie nur in digitaler Form existieren. Sie lassen sich in 2 Hauptkategorien einteilen:
1. Kryptowährungen:
- Dezentral organisiert, ohne Kontrolle durch Zentralbanken oder Staaten
- Basieren auf Blockchain-Technologie für sichere, transparente Transaktionen
- Beispiele: Bitcoin, Ethereum, Solana
2. Digitale Zentralbankwährungen (CBDCs):
- Von Zentralbanken herausgegeben und kontrolliert
- Digitale Version einer Landeswährung
- Zentralisiert verwaltet
Beide Varianten zielen darauf ab, den Zahlungsverkehr zu modernisieren und zu vereinfachen. Während CBDCs das bestehende Finanzsystem ergänzen, bieten Kryptowährungen eine unabhängige Alternative.
Auch wenn der Digitale Euro eine digitale Form hat, unterscheidet er sich in wesentlichen Punkten von Kryptowährungen:
- Zentralisierung: Der digitale Euro wird von der EZB ausgegeben und kontrolliert werden, im Gegensatz zu dezentralen Kryptowährungen wie Bitcoin.
- Stabilität: Als digitale Form des Euro wäre sein Wert stabil und an den physischen Euro gekoppelt. 10 Digitale Euro wären immer genauso viel wert wie eine 10-Euro-Banknote.
- Regulierung: Er unterliegt den Vorschriften und Sicherheitsstandards der Zentralbank sowie dem rechtlichen Rahmen einer EU-Verodnung, während Kryptowährungen oft weniger reguliert sind.
- Zweck: Er soll als Ergänzung zum Bargeld dienen und nicht als spekulatives Anlageobjekt, wie viele Kryptowährungen.
- Technologie: Obwohl die genaue technische Umsetzung noch nicht feststeht, wird er nicht auf einer öffentlichen Blockchain basieren (wie die meisten Kryptowährungen).
Wenn der
Digitale Euro eingeführt wird, existiert er parallel zum Euro-Bargeld und zu Ihrem Girokontoguthaben. Dies bedeutet, dass Sie die Wahl haben, ob Sie Ihr Geld in
physischer Form oder in digitaler Form halten möchten. Ihr Geld wird nicht
automatisch in Digitale Euro umgewandelt. Sie können weiterhin mit physischem
Geld bezahlen, Bankkonten verwenden oder eben Digitale Euro in digitalen
Geldbörsen oder Konten halten – je nach Ihren Vorlieben und Bedürfnissen.
