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Eine ältere Frau und ihre erwachsene Tochter sitzen am Esstisch und schauen besorgt Finanzrechnungen durch.

Pflegegrad Widerspruch: So legen Sie ihn ein

Pflegeantrag
Ihr Pflegeantrag wurde abgelehnt? Oder der Pflegegrad ist Ihrer Meinung nach zu niedrig angesetzt? Dann haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Das sollten Sie dabei beachten.

Das Gutachten, auf dem der Pflegegrad-Bescheid basiert, ist immer eine Momentaufnahme. Daher kann es gute Gründe dafür geben, dass die Bewertung unzutreffend ist. Möglicherweise war die pflegebedürftige Person am Tag der Bewertung außergewöhnlich selbstständig, während Sie im Alltag dennoch Pflege in höherem Ausmaß braucht. Oder die Situation hat sich durch einen Vorfall nach dem Termin verschlechtert, was nun einen höheren Pflegegrad rechtfertigt. Liegt ein überzeugender und gut belegter Grund vor, kann ein Widerspruch Erfolgsaussichten haben. Möglicherweise können Sie dann dennoch entsprechende Leistungen von der Pflegeversicherungerhalten.

Das Wichtigste in Kürze:
  • In der Regel können Sie innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Pflegegrad-Bescheids Widerspruch dagegen einlegen.

  • Sie müssen den Widerspruch schriftlich einlegen und begründen.

  • Der Widerspruch kann von der pflegebedürftigen Person selbst eingelegt werden oder von einer durch sie bevollmächtigten Person – etwa einem oder einer Angehörigen mit Vollmacht oder einem Anwalt beziehungsweise einer Anwältin mit einem Mandat.

In 6 Schritten: So gehen Sie vor, wenn Sie Widerspruch gegen den Pflegegrad-Bescheid einlegen möchten

Bescheid und Gutachten genau prüfen

Lesen Sie den Pflegegrad-Bescheid und das Gutachten sorgfältig durch. Notieren Sie, welche Aspekte Ihrer Meinung nach falsch bewertet wurden.

Tipp: Wenn Sie das Gutachten nicht erhalten haben, sollten Sie es unbedingt anfordern, bevor Sie Widerspruch einlegen. Für eine gute Begründung müssen Sie wissen, warum die Entscheidung entsprechend ausgefallen ist.

Widerspruch schreiben

Formulieren Sie ein Widerspruchsschreiben. Das Schreiben sollte folgende Informationen enthalten:

  • Ihre Kontaktdaten (Name, Adresse und Telefonnummer)
  • Ihre Versicherungsnummer beziehungsweise, wenn Sie für eine andere Person Widerspruch einlegen, deren Versicherungsnummer
  • Wenn Sie für eine andere Person Widerspruch einlegen: deren Namen und Kontaktdaten sowie eine entsprechende Vollmacht
  • Datum des Bescheids
  • Aktenzeichen
  • Aktuelles Datum
  • Begründung Ihres Widerspruchs: Erklären Sie detailliert, warum Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind. Beziehen Sie sich dabei auf konkrete Punkte aus dem Gutachten. Geben Sie Beispiele oder neue Informationen an, die Ihre Sichtweise unterstützen. Wir empfehlen Ihnen, die Begründung direkt im Schreiben vorzunehmen. Möglich ist es jedoch auch, diese nachzureichen. Im Einzelfall kann das etwa sinnvoll sein, wenn Sie noch auf ein Dokument warten, das Ihre Begründung stützt, und gleichzeitig die Widerspruchsfrist zu verstreichen droht. In diesem Fall können Sie statt einer Begründung etwa schreiben: „In Kürze sende ich Ihnen eine Begründung meines Widerspruchs zu.“
  • Unterschrift
  • Fügen Sie dem Widerspruchsschreiben alle relevanten Unterlagen bei, die Ihre Argumente unterstützen. Das können zum Beispielärztliche Atteste, Stellungnahmen von Pflegediensten oder Berichte über den Zustand der pflegebedürftigen Person sein.

Tipp: Verwenden Sie eine klare und sachliche Sprache. Lassen Sie den Brief am besten von einer unbeteiligten Person gegenlesen, um diesen auf Verständlichkeit und Sachlichkeit zu prüfen.

Muster: So könnte ein Widerspruchsschreiben aussehen

[Ihr Name]

[Ihre Adresse]

[Ihre Telefonnummer]

[Versicherungsnummer der betroffenen Person]

[Aktenzeichen]

[Name der Pflegekasse]

[Adresse der Pflegekasse]

[Nur wenn Sie nicht selbst die pflegebedürftige Person sind: Name der versicherten Person]

[Datum]

Betreff: Widerspruch gegen den Pflegegrad-Bescheid vom [Datum des Bescheids]

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich Widerspruch gegen den Pflegegrad-Bescheid vom [Datum des Bescheids] ein. Mit der Einstufung in Pflegegrad [aktueller Pflegegrad] bin ich nicht einverstanden, da meiner Meinung nach die im Gutachten dargestellten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit nicht korrekt bewertet wurden.

Begründung:

[Detaillierte Begründung für Ihre Meinung, Beispiele sowie Belege, die Ihre Sichtweise unterstützen]

Ich bitte Sie, den Bescheid zu überprüfen und den Pflegegrad entsprechend anzupassen.

Mit freundlichen Grüßen

[Ihre Unterschrift]

[Ihr Name]

Anlagen

Widerspruch einreichen

Schicken Sie das Widerspruchsschreiben samt den Beweisen, die Ihre Argumente unterstützen, an die Pflegekasse. Achten Sie darauf, den Versand nachzuverfolgen, um sicherzustellen, dass der Widerspruch fristgerecht eingeht. Verschicken Sie den Brief dafür am besten per „Einschreiben Rückschein“. Bewahren Sie den Rückschein bei Ihren Unterlagen auf.

Bestätigung abwarten

Die Pflegekasse sollte den Eingang Ihres Widerspruchs schriftlich bestätigen. Bewahren Sie diese Bestätigung bei Ihren Unterlagen auf.

Neue Begutachtung

Nachdem Sie den Widerspruch eingereicht haben, prüft die Pflegekasse den Fall erneut. In vielen Fällen wird ein erneutes Gutachten durch den jeweiligen Medizinischen Dienst oder einen anderen Gutachter beziehungsweise eine andere Gutachterin durchgeführt, um festzustellen, ob eine falsche Einschätzung vorliegt. Der Medizinische Dienst der privat Versicherten ist Medicproof. Bereiten Sie sich gut auf diese Begutachtung vor, indem Sie alle relevanten Informationen und Dokumente bereithalten.

Entscheidung abwarten

Nach der Neubegutachtung erhalten Sie einen neuen Bescheid. Darin erfahren Sie, ob Ihr Widerspruch Erfolg hatte und Ihnen der Anspruch auf den jeweiligen Pflegegrad und die damit verbundenen höheren Pflegeleistungen bestätigt wird.

Wichtige Hinweise:

  • Führen Sie sorgfältig Protokoll über den gesamten Prozess, einschließlich aller eingereichten Dokumente und empfangenen Mitteilungen.
  • Heften Sie Unterlagen sauber ab.
  • Ziehen Sie in Erwägung, sich Unterstützung von einer Pflegeberatungsstelle zu holen. Die Beratung ist in der Regel kostenlos.

Das können Sie tun, wenn die Pflegekasse Ihren Widerspruch ablehnt

Neuer Bescheid, altes Ergebnis? Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, können Sie prüfen, ob eine Klage beim Sozialgericht Erfolgsaussichten haben könnte. Dies hängt vom Einzelfall ab. Lassen Sie sich dazu gegebenenfalls am besten von einem Anwalt oder einer Anwältin für Sozialrecht beraten.

Wichtig: Auch beim Widerspruch gegen den zweiten Bescheid gilt in der Regel eine Frist von 30 Tagen. Die Frist beginnt mit dem Zugangsdatum des Bescheids bei Ihnen. Bei privat Versicherten können diese Regelungen abweichen.

Wenn Sie Klage einreichen, fallen für Sie möglicherweise Kosten für eine oder einen Pflegesachverständigen an. Hat die Klage keinen Erfolg, müssen Sie außerdem die Anwaltskosten tragen. Die Klage selbst ist für Sie hingegen meist kostenlos.

Bei Fragen rund um die Pflegekasse und Pflegevorsorge helfen wir Ihnen gerne persönlich weiter.

Lassen Sie sich von unseren Expertinnen und Experten beraten. Wir sind gern für Sie da.
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