Nach dem Tod eines Familienmitglieds möchten die Erbinnen und Erben die Beerdigung vom Konto der verstorbenen Person bezahlen? Oder der Erbe oder die Erbin einer Immobilie muss die Änderung im Grundbuch veranlassen? In Fällen wie diesen kann unter Umständen ein Erbschein nötig sein – vor allem wenn es kein notarielles Testament gibt. Mit dem Erbschein können Erbende nachweisen, dass und mit welchem Anteil sie geerbt haben.
Ein Erbschein ist ein Nachweis darüber, dass jemand zu den Erben oder Erbinnen einer verstorbenen Person (sogenannte/r Erblasser oder Erblasserin) gehört. Ein gemeinschaftlicher Erbschein gibt außerdem Auskunft über die jeweiligen Erbteile der Erbinnen und Erben.
Wer als Erbe oder Erbin auf das Konto des Erblassers oder einer Erblasserin zugreifen will, muss nachweisen, dass er oder sie zu den Erbenden zählt. Das geht beispielsweise mit einem Erbschein oder einer Kontovollmacht, die über den Tod hinaus greift. Auch andere Nachweise sind möglich, etwa ein notarielles Testament.
Einen Erbschein können Sie als Erbe oder Erbin selbst beim Nachlassgericht beantragen oder über den jeweiligen Notar oder die Notarin beziehungsweise die Nachlassverwaltung beantragen lassen.
Wann Sie einen Erbschein brauchen – und wann nicht
Wenn Erbende auf ihr Erbe zugreifen wollen, kann ein Erbschein als Nachweis dienen, dass der Zugriff berechtigt ist. Er klärt darüber auf, wer geerbt hat – und bei mehreren Erbenden zu welchem Anteil. Mit diesem Nachweis können Sie sich also als Erbende oder Erbender ausweisen, um beispielsweise auf das Konto einer verstorbenen Person zuzugreifen. Das kann etwa nötig sein, um die Beerdigungskosten zu bezahlen.
Einen Erbschein können Sie kostenpflichtig beim zuständigen Nachlassgericht beantragen. In vielen Fällen ist das jedoch nicht notwendig, weil Sie den benötigten Nachweis oft auch alternativ erbringen können. So können Sie beispielsweise häufig einen Erbvertrag oder ein notarielles Testament als Nachweis vorlegen. Ein privates Testament reicht dafür hingegen nicht aus. Je nach Fall kann jedoch eine beglaubigte Kopie des handschriftlichen Testaments zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll genügen. Fragen Sie für den jeweiligen Fall nach. Wichtig ist, dass Sie das Dokument eindeutig als Erbende oder Erbender ausweist.
Tipp: Für den Zugriff auf das Girokonto einer verstorbenen Person ist es optimal, wenn Sie schon zu deren Lebzeiten eine Kontovollmacht über den Tod hinaus erhalten haben. Dann müssen Sie keinen Nachweis vorlegen.
Wenn Sie Ihr Erbe ausschlagen möchten
Sobald Sie den Erbschein beantragen, können Sie die Erbschaft nicht mehr ausschlagen. Auch Schulden des Erblassers oder der Erblasserin können dann gegebenenfalls auf Sie und die anderen Erbenden übertragen werden. Überlegen Sie, das Erbe auszuschlagen, sollten Sie daher keinen Erbschein beantragen. Nachdem Sie von der Erbschaft erfahren haben, gilt eine Frist von sechs Wochen, um ein Erbe auszuschlagen.
Diese 3 Arten von Erbscheinen gibt es
Wer einen Erbschein beantragt, muss in der Regel die Art von Erbschein angeben. Dabei gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten:
- Alleinerbschein:
Die Erteilung dieses Erbscheins ist möglich, wenn Sie alleiniger Erbe oder alleinige Erbin des Erblassers oder der Erblasserin sind.
- Gemeinschaftlicher Erbschein:
Gibt es mehrere Erbinnen oder Erben, ist die Beantragung eines gemeinschaftlichen Erbscheins möglich. Er enthält Angaben zu allen Erbenden.
- Teilerbschein:
Gibt es mehrere Erbinnen und Erben, können Sie jedoch auch einen Teilerbschein beantragen. Er enthält lediglich Angaben zu Ihrem Erbteil.
So beantragen Sie einen Erbschein
Einen Erbschein können Sie entweder über den jeweiligen Notar oder die Notarin oder die Nachlassverwaltung beantragen oder als Erbe oder Erbin selbst den Antrag stellen. Für Letzteres müssen Sie sich meist persönlich an das zuständige Nachlassgericht wenden. Dabei handelt es sich in der Regel um das Amtsgericht am Wohnort des Erblassers oder der Erblasserin.
Zum persönlichen Antrag ist die Angabe nötig, dass Sie das Erbe annehmen sowie die Höhe Ihres Erbteils. Außerdem ist oft eine eidesstattliche Versicherung nötig, dass Ihnen nichts bekannt ist, das der Korrektheit Ihrer Angaben entgegensteht. Wenn Sie nicht Alleinerbe oder -erbin sind, können Sie den Prozess oft beschleunigen, indem Sie einen gemeinsamen Antrag mit den weiteren Erbenden stellen oder Ihrer Beantragung Vollmachten von diesen beilegen.
Außerdem brauchen Sie gegebenenfalls folgende Dokumente:
- Sterbeurkunde des Erblassers oder der Erblasserin mit Angabe des Zeitpunkts des Todes und letztem gewöhnlichen Aufenthalt sowie Sterbeort
- Testament in beglaubigter Kopie
- Falls kein Testament vorliegt: Nachweise darüber, dass Sie in der gesetzlichen Erbfolge der jeweilige Erbe oder die Erbin sind, zum Beispiel Familienstammbuch, Geburtsurkunde bei Kindern des Erblassers oder der Erblasserin oder Heiratsurkunde bei Ehefrau oder Ehemann der verstorbenen Person usw.
- Falls Rechtsstreitigkeiten über das Erbrecht vorliegen: nähere Angaben dazu
- Reisepass oder Personalausweis, um sich als jeweiliger Erbender auszuweisen
- Adressen der Erbenden
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Häufige Fragen zum Erbschein
Wie lange habe ich Zeit, um einen Erbschein zu beantragen?
Grundsätzlich gibt es keine bestimmte Frist, um einen Erbschein zu beantragen. Allerdings verjährt gegebenenfalls der Anspruch auf die Erbschaft beim Pflichtteil nach drei Jahren.
Wie teuer ist es, einen Erbschein zu beantragen?
Die Gebühren sind abhängig vom Wert des Nachlasses. Dabei werden gegebenenfalls vererbte Schulden abgezogen. Näheres regelt das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Beachten Sie, dass zu den Kosten für den Erbschein in der Regel noch eine Gebühr für die eidesstattliche Versicherung hinzukommt. So können Sie beispielsweise bei einem Wert der Erbschaft von bis zu 50.000 Euro mit Kosten von insgesamt rund 330 Euro ausgehen. Davon beträgt die reine Gebühr für den Erbschein 165 Euro. Wenden Sie sich für Ihren Fall am besten direkt an das zuständige Nachlassgericht.
Kann ich einen Erbschein ohne Notar beantragen?
Ja, das ist möglich. Wenden Sie sich dazu als Erbe oder Erbin persönlich an das zuständige Nachlassgericht. Dabei handelt es sich in der Regel um das Amtsgericht am letzten Wohnort der verstorbenen Person.
Können Erben auch ohne Erbschein über den Nachlass verfügen?
Ein Erbschein ist nicht in allen Fällen erforderlich, um als Erbe oder Erbin auf den Nachlass zuzugreifen. So können Erbinnen und Erben beispielsweise auf das Konto der verstorbenen Person zugreifen, wenn sie schon zu Lebzeiten eine Kontovollmacht über den Tod hinaus erhalten haben. Je nach Fall können außerdem möglicherweise alternative Nachweise vorgelegt werden.
Muss jeder Erbe einen Erbschein beantragen?
Nein, nicht immer ist ein Erbschein zwingend notwendig. Wenn Sie einen Erbschein brauchen, kann außerdem ein gemeinschaftlicher Erbschein mit Angaben zu allen Erbenden eine Möglichkeit sein.