Abwärme richtig nutzen: Diese 3 Dinge sollten Sie wissen
Möglichkeiten, die thermische Energie zu nutzen, gibt es viele. Betriebe entscheiden sich je nach Bedarf zwischen drei Varianten: Benötigen sie Wärme, Kälte oder Strom?
1. Wie nutze ich zusätzliche Wärme?
Abwärme muss keine hohen Temperaturen haben, um für andere Prozesse Energie zu liefern. Für die Beheizung von Räumen reichen bereits 30 Grad aus. Für die Vorwärmung von Verbrennungsluft benötigen Sie allerdings Temperaturen in Höhe von 400 Grad. Wärme bietet ein großes Anwendungsspektrum. Checken Sie, bei welchen Arbeitsschritten Sie Wärme benötigen.
Technologien, die Sie kennen sollten:
- Wärmetauscher übertragen die Abwärme auf ein Medium mit niedriger Temperatur.
- Wärmespeicher ermöglichen die Nutzung der thermischen Energie zu einem späteren Zeitpunkt.
- Wärmepumpen regulieren die Temperaturen der Abwärme.
Grundsätzlich gilt: Je höher die Temperaturen der Abwärme, desto höher die späteren Möglichkeiten zur weiteren Nutzung.
2. Wie wandele ich die Abwärme in Kälte um?
Wärme zum Kühlen einsetzen – das geht. Allerdings nur indirekt, denn Sie benötigen dafür Kältemaschinen, die die Wärme umwandeln. Je nach Art der Kältemaschine, stellt sie Temperaturen bis zu minus sechzig Grad bereit. Die Kältemaschinen benötigen für ihren Betrieb Abwärmetemperaturen zwischen 80 und 160 Grad.
Besonders im Hochsommer ist es für Unternehmen sinnvoll, Abwärme zur Klimatisierung der Räume zu nutzen. Was für Mitarbeiter ein angenehmes Arbeiten bedeutet, verbessert gleichzeitig die Energiebilanz des Unternehmens. Aufgrund der Digitalisierung gibt es immer mehr Rechenzentren. Das steigert zusätzlich den Bedarf an Kühlungsanlagen in Deutschland.
3. Wie gewinne ich Strom aus der Abwärme?
Jeder Betrieb benötigt Strom. Um Strom aus Abwärme zu generieren, braucht es allerdings hohe Temperaturen. Sonst bleibt der Wirkungsgrad relativ gering. Der Markt bietet ein breites Angebot an Technologien, die Wärme in Strom umwandeln. Ob eine klassische Turbine oder wartungsfreie thermoelektrische Generatoren: Sie suchen sich das Verfahren aus, das am besten zu Ihrem Betrieb passt. Je nach Verfahren benötigen Sie für die Umwandlung Temperaturen von 70-540 Grad.
Checkliste
1. Machen Sie eine Bestandsaufnahme
Möchten Sie Ihr Unternehmen energieeffizient gestalten, führen Sie als erstes eine Bestandsaufnahme durch: Bei welchen Arbeitsprozessen entsteht überschüssige Wärme? Kann ich diese Abwärme vermeiden? Denn effiziente Isolierung, neue Baumaterialen oder das Umgehen von Überkapazitäten vermeiden in vielen Fällen das Entstehen von Wärme. Die umweltfreundlichste Möglichkeit bleibt das Vermeiden der Abwärme.
2. Holen Sie sich Rat
Holen Sie sich frühzeitig Experten mit ins Boot. Spezialisierte Energieberater, die die Branche gut kennen, entwickeln ausgeglichene Energiemanagementsysteme, die genau zu Ihrem Unternehmen passen. Besprechen Sie sich gleichzeitig mit den Finanzberatern Ihrer Hausbank.
3. Prüfen Sie, inwieweit sich die Abwärmenutzung lohnt
Die Deutsche Energie-Agentur schätzt, dass Unternehmen durch eine gezielte Nutzung der Abwärme bis zu 60 Prozent des Energieverbrauchs und der Energiekosten senken. Die energieeffiziente Nutzung verringert außerdem die Häufigkeit von Investitionskosten in neue Kühlungsanlagen oder Heizsysteme. In der Regel liegen die Renditen im zweistelligen Prozentbereich.
4. Klären Sie, wo Sie Abwärme nutzen können
Besonders in den energieintensiven Industrien der Metallverarbeitung, der Zement- oder Papierindustrie lohnt sich die Nutzung der zusätzlichen thermischen Energie. Die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten beschränken sich aber nicht allein auf den Betrieb.
- Wärmerückgewinnung: Wird Abwärme dem gleichen Arbeitsprozess wieder zugeführt, spricht man von Wärmerückgewinnung. In der Praxis funktionieren beispielsweise Lüftungsanlagen nach diesem Prinzip: Wärmetauscher übertragen die entstandene Abwärme von Klimaanlagen auf die noch kalte Zugluft und vermeiden eine zusätzliche Energiezufuhr.
- Betriebsinterne Nutzung: Das Unternehmen kann die thermische Energie natürlich auch für andere Prozesse verwenden. Je nach Bedarf betreibt die Abwärme Heizungsanlagen, Warmwasser, Kühlungsanlagen oder generiert Strom. Die genaue Abstimmung besprechen Sie mit Ihrem Energieberater.
- Externe Nutzung: Produziert Ihr Unternehmen mehr Energie als es nutzen kann, suchen Sie externe Abnehmer. Idealerweise sitzen diese am gleichen Standort, sodass er die thermische Energie in hohem Umfang nutzen kann. Je weiter die Entfernung, desto mehr Abwärme geht verloren. Schließen Sie frühzeitig Verträge mit Ihren Abnahmepartnern. Möchten Sie Energie in das Fernwärmenetz einspeisen, bedenken Sie den Zustand der örtlichen Stromnetzinfrastruktur.
5. Haben Sie die praktischen Rahmenbedingungen im Blick
Sie wissen, welche Möglichkeiten der Abwärmenutzung es in Ihrem Unternehmen gibt? Dann sollten Sie noch folgende Aspekte beachten:
- Hat Ihr Unternehmen genug Raum für neue Anlagen?
- Benötigen Sie Schulungen für die Mitarbeiter?
- Brauchen Sie neues Fachpersonal?
- Haben Sie alle erforderlichen Genehmigungen?
- Wann müssen die Anlagen gewartet werden?
Haben Sie diese Checkliste abgearbeitet, bleibt nur noch ein To Do offen:
6. Klären Sie die Finanzierung
Nachhaltige Modernisierungsmaßnahmen kosten. Besprechen Sie Ihre Pläne deswegen frühzeitig mit dem Berater Ihrer Hausbank wie der KfW oder der Sparkasse. Da energieeffizientes Wirtschaften nicht nur im Interesse einzelner Betriebe liegt, liegen zusätzlich öffentliche Fördermittel bereit. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert Umbauten und übernimmt bis zu 80 Prozent der Kosten für die Energieberatung im Mittelstand. Die KfW hat das Kreditprogramm „Energieeffizienz und Prozesswärme aus Erneuerbaren Energien in der Wirtschaft“ ins Leben gerufen. Mit bis zu 25 Millionen Euro und 55 Prozent Tilgungszuschuss unterstützt sie Unternehmen bei der Umstellung auf Abwärmenutzung. Tipp: Nutzen Sie neben der Expertise Ihrer Hausbank auch die Angebote der Fördermittelberatung.
3 Fragen an
Jan-Christoph Egerer
Herr Egerer, warum haben Sie sich für das Nutzen von Abwärme entschieden?
Wir verfolgen das Ziel, besonders nachhaltig zu produzieren. Im Bereich der Ofen- und Kältetechnik hat sich in den letzten Jahren enorm viel getan. Betriebswirtschaftlich ist die Energieeffizienz der neuen Technologien ein großer Vorteil. Mit unserem neuen Energiemanagementsystem arbeiten wir viel effizienter und sparsamer.
Aber wichtig bleibt: Das Endprodukt muss schmecken.
Wie haben Sie herausgefunden, wodurch Sie besonders viel Energie einsparen können?
Wir haben uns Hilfe eines Energieberaters geholt. Das ist in einer Backstube, deren Öfen ständig einen Wärmeüberschuss produzieren, auch nötig. Im Handwerk ändern sich ja auch ständig Abläufe im Herstellungsprozess.
Man muss sich fragen: Wann nutzt man die Abwärme am besten? Soll der Spülprozess stattfinden, wenn wirklich am meisten Abwärme da ist? Mit unserem Abwärmekonzept können wir nun jährlich bis zu 650.000 Kilowattstunden Primärenergie einsparen.
Lohnt sich die Abwärmenutzung?
Und die Mitarbeiter sind zufriedener. Wir haben jetzt nicht mehr die Lautstärke und diese Wärmeextreme in der Backstube, die belastend sein können. Für das Team ist das eine deutliche Verbesserung.