Im Gespräch mit
Hubertus Bessau
Der Betriebswirt Hubertus Bessau gründete 2007 mit zwei Studienfreunden mymuesli. Auf ihrer Website können sich Feinschmecker ihr ganz individuelles Biomüsli aus einer Fülle von Zutaten zusammenstellen. Fünf Jahre später gewann das Unternehmen den Deutschen Gründerpreis in der Kategorie Aufsteiger. Inzwischen hat mymuesli mehr als 700 Mitarbeiter. Und das Biomüsli ist mit seinen 566 Billiarden Varianten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Großbritannien, Schweden, den Niederlanden und in Frankreich erhältlich.
Herr Bessau, wie kamen Sie auf die Idee, international zu expandieren?
Hubertus Bessau: Wir haben schon wenige Monate nach unserer Gründung von Passau aus Österreich beliefert, da viele Österreicher fragten, ob auch sie unser Müsli bestellen können. Das war einfach, weil wir nur über die Grenze fahren mussten und dort ins österreichische Postnetz einspeisen konnten.
Wie haben sich die Reihenfolge und die Auswahl der weiteren Länder ergeben?
Es gab keinen Masterplan. Wir wollten immer dorthin gehen, wo wir die meisten Müslifreunde vermuteten. Am lautesten waren die Rufe aus Österreich und der Schweiz, sodass wir gesagt haben: Na klar, wir kommen.
In der Schweiz haben Sie direkt eine eigene Manufaktur aufgemacht.
Die Schweiz schützt ihre Landwirtschaft vor Importen. Pro Produkt muss ein Formblatt beim Zoll eingereicht werden. Mit jedem Lkw Müsli wäre also eine Palette Papier mitgefahren. Der Zoll hätte sechs Wochen gebraucht, um alles zu prüfen. Das konnten wir unseren Schweizer Müslifreunden nicht zumuten, und so haben wir eine Manufaktur in der Schweiz eröffnet.
Gibt es unterschiedliche Müsli-Geschmäcker in den sechs Ländern, in denen Sie jetzt tätig sind?
Holländer zum Beispiel mögen am liebsten Crunchy Müsli. Das Birchermüsli, wie es in Deutschland, Österreich und der Schweiz viele Fans hat, findet da wesentlich weniger Anhänger. So zieht sich das durch alle unsere Produkte.
Wussten Sie das schon vor dem Markteintritt?
Als wir nach Schweden expandierten, hat man uns immer wieder gesagt: Für die Schweden ist Müsli etwas Gesundes, und das passt nicht mit Schokolade zusammen. Wir hatten aber eine internationale Variante unseres Schokomüslis schon fertig, inklusive schwedischer Beschriftung. Es wurde ein Bestseller! Wir haben uns deshalb angewöhnt, alles selber auszuprobieren. Das hat uns bisher immer am weitesten gebracht.
Verändern Sie auch die Website je nach Land?
Wir passen unsere Websites produkt- und angebotsbedingt an, weil wir nicht jedes Produkt, das wir auf dem deutschen Markt haben, überall eins zu eins anbieten.
Gab es jemanden, der Sie beim Schritt ins Ausland beraten hat?
Wir haben immer mit möglichst vielen Leuten gesprochen. Sehr viel von Unternehmer zu Unternehmer, aber auch ganz klassisch, mit Steuerberatern, der Industrie- und Handelskammer und ihren Vertretungen. Doch selbst wenn man mit allen spricht, ist die Empfehlung daraus nicht unbedingt richtig, wie unser Schokomüslibeispiel in Schweden gezeigt hat.
Arbeiten Sie mit lokalen Teams vor Ort oder zentral aus Passau?
Wir haben zwei Manufakturen: eine in unserem Gründungsstandort Passau und eine in Tägerwilen in der Schweiz. Das Marketing sitzt hauptsächlich in Berlin und ist zentral, solange es um die Kernbotschaften und -mechanismen geht.
Wenn es aber landesspezifische Inhalte gibt, dann setzen sich die Marketingteams mit Muttersprachlern zusammen. In Schweden haben wir zum Start zwei Läden eröffnet. Da braucht es dann auch Mitarbeiter vor Ort, die uns auf dem Weg in den Lebensmitteleinzelhandel begleiten können.
Wie hat Ihnen die Sparkasse bei der Internationalisierung geholfen?
Die Sparkasse hat uns auf unserem gesamten zehnjährigen Weg geholfen. Natürlich auch, wenn es um Internationalisierung ging. Dabei haben wir tatsächlich auf sehr klassische Finanzierungsinstrumente zurückgegriffen, etwa Darlehen. Unter anderem dafür, um unsere Kette von Läden zu erweitern. Das geht nicht aus dem Cashflow.
Was war Ihr größter Fehlschlag?
Der sehr naive Gedanke, dass man einfach mal so nach England expandieren kann, nur weil man die Landessprache versteht. Wenn man dann die Website übersetzt, und es passiert nichts, und wenn man dann versucht, ein bisschen Marketing zu machen, und alles zehnmal so viel kostet wie das, was man kalkuliert hatte, dann weiß man, dass das wohl nicht ganz der richtige Weg war.
Welche drei Tipps geben Sie Unternehmern, die internationalisieren?
Der erste Tipp ist, jeden Markt als neues Start-up zu betrachten. Der zweite Tipp und unser größtes Learning: Nur weil man eine Sprache spricht, kennt man den Markt noch lange nicht. Der letzte Punkt ist, solange sich die Rahmenbedingungen für die EU nicht ändern: kein Lebensmittel-Start-up internationalisieren, denn das ist enorm komplex. Und wenn man eine Angebotspalette hat wie wir, ist das eine echte Herausforderung.