Die neue EU-Regelung zum Recht auf Reparatur soll es einfacher und kostengünstiger machen, elektronische Geräte wie Smartphones und Haushaltsgeräte reparieren zu lassen statt sie durch neue zu ersetzen.
Auf einer Online-Plattform sollen Verbraucher und Verbraucherinnen sehen können, wo und zu welchem Preis sie ihr Gerät reparieren lassen können.
Die Richtlinie wird wohl noch vor der Europawahl im Juni in Kraft treten. Danach haben die Staaten dann 2 Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht zu gießen.
Sie kommen abends von der Arbeit zurück, doch statt etwas Entspannung erwartet Sie zuhause vor allem ein Berg Wäsche. Fix sortiert und zack in die Waschmaschine. Tür zu, Programm an. Doch na nu, wo bleibt das vertraute Geräusch strudelnden Wassers? Hier stimmt etwas nicht. Aus- und einschalten, kurzes Ruckeln an Maschine und Schlauch. Nichts passiert. Energisches Rütteln an Maschine und Schlauch. Die Waschmaschine regt sich nicht. Kaputt. Garantie? Natürlich abgelaufen. Eine neue Maschine? Teuer – für Sie und die Umwelt. Reparieren? Wann hat zuletzt jemand ein Gerät repariert?
Doch letzteres soll wieder zur Norm werden – zumindest für gewisse Geräte. In der Europäischen Union wurde im April 2024 eine neue Richtlinie auf den Weg gebracht, die das Recht auf Reparatur stärkt. Dieses Recht verpflichtet Hersteller, bestimmte Geräte zu reparieren, wenn sie defekt sind sowie den Zugang zu Ersatzteilen, Werkzeugen und Reparaturinformationen – auch für unabhängige Werkstätten – zu vereinfachen. Die EU hat mit dieser Regelung auf das zunehmende Bedürfnis der Verbraucher und Verbraucherinnen reagiert, ihre Geräte länger nutzen und reparieren zu können, anstatt sie zu ersetzen. 77 Prozent der EU-Verbraucher bevorzugen die Reparatur ihrer Produkte gegenüber dem Neukauf – das ergab schon 2020 eine Umfrage des Eurobarometers .
0Kilogramm
Elektroschrott werden jedes Jahr durchschnittlich von jedem Menschen in Deutschland entsorgt.
Zu viel Müll
Immer mehr Geräte umgeben uns, immer komplexer sind sie konstruiert. Und doch landen sie früher oder später im Schrott. Heutzutage meist früher. Nicht, weil sie weniger lang halten, sondern auch weil sie so schwer zu reparieren sind. So fortschrittlich unsere Gesellschaft mittlerweile scheint, so verschwenderisch ist sie.
2021 wog die Menge an Altgeräten, die jeder Bewohner in Deutschland durchschnittlich abgegeben hat, 12,1 Kilogramm. Hinzu kommen die Produkte, die unerkannt im Restmüll oder an anderen Orten entsorgt wurden. Diese Zahl dürfte weiter wachsen, denn wie die europäische Statistikbehörde Eurostat ebenfalls ermittelt hat, verdoppelte sich der Verkauf von Elektro- und Elektronikgeräten in DE zwischen 2012 und 2021 von 7,6 auf 13,5 Millionen Tonnen pro Jahr.
Verbraucher und ihre neuen Rechte
Um die Zahl der Verschrottungen zu senken, soll jeder Käufer und jede Käuferin künftig das gesetzlich verankerte Recht haben, vom Verkäufer die Nachbesserung eines defekten Geräts zu verlangen – kostenfrei oder gegen Gebühr. Zwei Fälle sind dabei zu unterscheiden.
Wenn der Defekt innerhalb der gesetzlichen Gewährleistung auftritt (landläufig fälschlicherweise als Garantie bezeichnet), die in der Regel zwei Jahre beträgt, verlängert sich diese Frist mit der Reparatur um ein Jahr. Statt also einfach ein neues Gerät zu erhalten, bekommen die Käuferinnen und Käufer ihr in Stand gesetztes Gerät und zudem eine verlängerte Garantie. Bisher wird in der Praxis bei Gewährleistungsfällen das defekte Gerät meist einfach gegen ein neues ausgetauscht. Mit dem Anspruch auf eine längere Gewährleistung bei einem reparierten Produkt soll die Reparaturoption attraktiver werden.
Unterschied Garantie und Gewährleistung
Die gesetzliche Gewährleistung schreibt vor, dass neue Waren mindestens 2 Jahre lang umgetauscht werden können, wenn sie fehlerhaft sind oder nicht der Beschreibung entsprechen. Eine Garantie bezeichnet hingegen eine freiwillige Leistung des Händlers oder Herstellers.
Reparaturrecht gilt länger als 2 Jahre
Die Reparaturpflicht gilt für Hersteller aber noch länger als die bisherige Gewährleistungsregel. Je nach Produkt soll sie zwischen 5 und 10 Jahren liegen. Wie lange genau, muss noch bestimmt werden.
Die Hersteller werden verpflichtet, die Reparatur innerhalb einer angemessenen Frist für den Verbraucher durchzuführen. Sie können den Auftrag auch untervergeben an andere Unternehmen. Unabhängige Reparaturbetriebe sollen von den Herstellern nicht daran gehindert werden, Ersatzteile – egal, ob originale, kompatible oder per 3D-Druck hergestellte – zu verwenden. Das soll zugleich einen Impuls für die Wirtschaft hin zum Kreislaufsystem geben.
Reparatur und Ersatzteile
Die EU-Richtlinie verpflichtet damit die Unternehmen, Ersatzteile und Werkzeuge für eine festgelegte Mindestdauer vorzuhalten. Auf einer Website müssen die Hersteller oder ggf. die Importeure oder Vertreiber transparent machen, wie teuer eine entsprechende Reparatur ist. Der Preis dafür muss zugleich angemessen sein und darf nicht von der Reparatur abschrecken. Dies unterstützt das Recht der Verbraucher, ein defektes Gerät reparieren zu lassen, statt es wegzuwerfen. Das Recht auf eine Reparatur wird somit nicht nur zu einer Sache der Nachhaltigkeit, sondern schont auch den Geldbeutel der Käuferin oder des Käufers.
Besonderer Schutz für kleinere Unternehmen
Für die Hersteller heißt dies allerdings, dass Sie für jedes Gerät mögliche Mängel auflisten, eine passende Reparaturmaßnahme vorschlagen, den Preis und die Reparaturdauer benennen müssen. Sollten sie den neuen Vorschriften nicht nachkommen, drohen ihnen Strafen, die „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen, wie es in der Richtlinie heißt.
Für kleinere Unternehmen kann das eine außerordentliche Belastung sein. Daher hat das EU-Parlament die EU-Kommission beauftragt, diese bei der Einhaltung zu unterstützen.
Online-Plattform mit allen Informationen
Damit die Verbraucherinnen und Verbraucher auf einen Blick sehen, wo sie ihre Geräte reparieren lassen können, wird die Europäische Online-Plattform für Reparaturen geschaffen. Dort oder auf den nationalen Seiten wird eine Karte die jeweiligen Reparaturbetriebe oder -initiativen listen. Ebenfalls soll dort stehen:
- Wie lange eine Reparatur dauert,
- ob es vorübergehend Ersatzware für den Zeitraum der Reparatur gibt,
- wo und zu welchen Bedingungen die Waren eingereicht werden können.
Welche Geräte die Richtlinie umfasst
Fürs Erste gilt das Recht auf Reparatur für diese 10 Produktarten:
- Haushaltswaschmaschinen und Haushaltswaschtrockner (Einzelgeräte)
- Haushaltswäschetrockner (Kombigeräte)
- Haushaltsgeschirrspüler
- Kühlgeräte
- Elektronische Displays
- Schweißgeräte
- Staubsauger
- Server und Datenspeicherprodukte
- Mobiltelefone, schnurlose Telefone und Slate-Tablets
- Waren, die Batterien für leichte Verkehrsmittel enthalten
Das Recht auf Reparatur umfasst also die großen Haushaltsgeräte (außer Herde/Backöfen), Smartphones und auch E-Bikes und E-Roller. Elektrofahrräder und E-Scooter zählen zu den leichten Verkehrsmitteln.
Ab wann gilt das Recht auf Reparatur?
Das EU-Parlament hat die Richtlinie am 23. April 2024 mit großer Mehrheit angenommen (584 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen, 14 Enthaltungen). Der Rat der Europäischen Union muss die Richtlinie billigen, was eher eine Formalie ist. Haben die EU-Staaten zugestimmt, werden die Regeln in nationales Recht überführt. Dazu haben die Staaten zwei Jahre Zeit. Bis dahin wird sich noch reichlich Schrott ansammeln.
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Stand: 6. Mai 2024