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Ein junger Mann repariert ein Elektrogerät. Er schaut auf seinen Laptop und sucht eine Anleitung.

Recht auf Reparatur: EU will Hersteller zum Umdenken bringen

Weniger Elektroschrott
Die EU hat ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft gesetzt: Mit neuen Vorschriften will sie Reparaturen von Elektrogeräten einfacher und erschwinglicher machen. Lesen Sie, welche Produktedazugehören und was das für Ihren Garantieanspruch bedeutet.
Das Wichtigste in Kürze:
  • Die EU-Regelung zum Recht auf Reparatur soll es einfacher und kostengünstiger machen, elektronische Geräte wie Smartphones und Haushaltsgeräte reparieren zu lassen, statt sie durch neue zu ersetzen.

  • Auf einer Online-Plattform sollen Verbraucher und Verbraucherinnen sehen können, wo und zu welchem Preis sie ihr Gerät reparieren lassen können.

  • Die Richtlinie ist seit Juli 2024 in Kraft. Die EU-Staaten haben bis Mitte 2026 Zeit, diese in nationales Recht zu gießen.

Sie kommen abends von der Arbeit zurück, doch statt etwas Entspannung erwartet Sie zu Hause vor allem ein Berg Wäsche. Fix sortiert und zack in die Waschmaschine. Tür zu, Programm an. Doch wo bleibt das vertraute Geräusch strudelnden Wassers? Hier stimmt etwas nicht. Aus- und einschalten, kurzes Ruckeln an Maschine und Schlauch. Nichts passiert. Energisches Rütteln an Maschine und Schlauch. Die Waschmaschine regt sich nicht. Kaputt. Garantie? Natürlich abgelaufen. Eine neue Maschine? Teuer – für Sie und die Umwelt. Reparieren? Wann hat zuletzt jemand ein Gerät repariert?

Letzteres soll wieder zur Norm werden – zumindest für gewisse Geräte. In der Europäischen Union ist im Juli 2024 eine neue Richtlinie in Kraft  getreten, die das Recht auf Reparatur stärkt. Dieses Recht verpflichtet Hersteller, bestimmte Geräte zu reparieren, wenn sie defekt sind sowie den Zugang zu Ersatzteilen, Werkzeugen und Reparaturinformationen – auch für unabhängige Werkstätten – zu vereinfachen. Die EU hat mit dieser Regelung auf das zunehmende Bedürfnis der Verbraucher und Verbraucherinnen reagiert, ihre Geräte länger nutzen und reparieren zu können, anstatt sie ersetzen zu müssen. 89 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürgerinnen in Deutschland gaben an, die Reparatur ihrer Produkte gegenüber dem Neukauf zu bevorzugen – wie eine Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverband  ergab.

0,0Kilogramm

Elektroschrott werden jedes Jahr durchschnittlich von jedem Menschen in Deutschland entsorgt.

Zu viel Müll

Immer mehr Geräte umgeben uns, immer komplexer sind sie konstruiert. Und doch landen sie früher oder später im Schrott. Heutzutage meist früher. Nicht, weil sie weniger lang halten, sondern auch weil sie so schwer zu reparieren sind. So fortschrittlich unsere Gesellschaft mittlerweile scheint, so verschwenderisch ist sie.

2022 wog die Menge an Altgeräten, die jeder Bewohner und jede Bewohnerin in Deutschland durchschnittlich abgegeben hat, 10,8 Kilogramm . Hinzu kommen die Produkte, die unerkannt im Restmüll oder an anderen Orten entsorgt wurden. Diese Zahl dürfte weiter wachsen, denn wie die europäische Statistikbehörde Eurostat  ebenfalls ermittelt hat, verdoppelte sich der Verkauf von Elektro- und Elektronikgeräten in DE zwischen 2012 und 2021 von 7,6 auf 13,5 Millionen Tonnen pro Jahr.

Neue Rechte für Verbraucherinnen und Verbraucher

Um die Zahl der Verschrottungen zu senken, soll jeder Käufer und jede Käuferin künftig das gesetzlich verankerte Recht haben, vom Verkäufer die Nachbesserung eines defekten Geräts zu verlangen – kostenfrei oder gegen Gebühr. Zwei Fälle sind dabei zu unterscheiden.

Wenn der Defekt innerhalb der gesetzlichen Gewährleistung auftritt (landläufig fälschlicherweise als Garantie bezeichnet), die in der Regel zwei Jahre beträgt, verlängert sich diese Frist mit der Reparatur um ein Jahr. Statt also einfach ein neues Gerät zu erhalten, bekommen die Käuferinnen und Käufer ihr in Stand gesetztes Gerät und zudem eine verlängerte Garantie. Bisher wird in der Praxis bei Gewährleistungsfällen das defekte Gerät meist einfach gegen ein neues ausgetauscht. Mit dem Anspruch auf eine längere Gewährleistung bei einem reparierten Produkt soll die Reparaturoption attraktiver werden.

Unterschied Garantie und Gewährleistung

Die gesetzliche Gewährleistung schreibt vor, dass neue Waren mindestens 2 Jahre lang umgetauscht werden können, wenn sie fehlerhaft sind oder nicht der Beschreibung entsprechen. Eine Garantie bezeichnet hingegen eine freiwillige Leistung des Händlers oder Herstellers.

Reparaturrecht gilt länger als 2 Jahre

Die Reparaturpflicht gilt für Hersteller aber noch länger als die bisherige Gewährleistungsregel. Je nach Produkt soll sie zwischen 5 und 10 Jahren liegen. Wie lange genau, muss noch bestimmt werden.

Die Hersteller werden verpflichtet, die Reparatur innerhalb einer angemessenen Frist für den Verbraucher beziehungsweise die Verbraucherin durchzuführen. Sie können den Auftrag auch untervergeben an andere Unternehmen. Unabhängige Reparaturbetriebe sollen von den Herstellern nicht daran gehindert werden, Ersatzteile – egal, ob originale, kompatible oder per 3-D-Druck hergestellte – zu verwenden. Das soll zugleich einen Impuls für die Wirtschaft hin zum Kreislaufsystem geben.

Reparatur und Ersatzteile

Die EU-Richtlinie verpflichtet damit die Unternehmen, Ersatzteile und Werkzeuge für eine festgelegte Mindestdauer vorzuhalten. Auf einer Website müssen die Hersteller oder gegebenenfalls die Importeure oder Vertreiber transparent machen, wie teuer eine entsprechende Reparatur ist. Der Preis dafür muss zugleich angemessen sein und darf nicht von der Reparatur abschrecken. Dies unterstützt das Recht der Verbraucher, ein defektes Gerät reparieren zu lassen, statt es wegzuwerfen. Das Recht auf eine Reparatur wird somit nicht nur zu einer Sache der Nachhaltigkeit, sondern schont auch den Geldbeutel der Käuferin oder des Käufers.

Besonderer Schutz für kleinere Unternehmen

Für die Hersteller heißt dies allerdings, dass Sie für jedes Gerät mögliche Mängel auflisten, eine passende Reparaturmaßnahme vorschlagen, den Preis und die Reparaturdauer benennen müssen. Sollten sie den neuen Vorschriften nicht nachkommen, drohen ihnen Strafen, die „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen, wie es in der Richtlinie heißt.

Für kleinere Unternehmen kann das eine außerordentliche Belastung sein. Daher hat das EU-Parlament die EU-Kommission beauftragt, diese bei der Einhaltung zu unterstützen. 

Nationale Online-Plattformen mit allen Informationen

Damit die Verbraucherinnen und Verbraucher auf einen Blick sehen, wo sie ihre Geräte reparieren lassen können, sollen bis Juli 2027 von den Mitgliedstaaten Online-Plattformen für Reparaturen geschaffen werden. Dort soll eine Karte die jeweiligen Reparaturbetriebe oder -initiativen listen. Ebenfalls soll dort stehen:

  • Wie lange eine Reparatur dauert,
  • ob es vorübergehend Ersatzware für den Zeitraum der Reparatur gibt,
  • wo und zu welchen Bedingungen die Waren eingereicht werden können.

Welche Geräte die Richtlinie umfasst

Fürs Erste gilt das Recht auf Reparatur für diese 10 Produktarten:

  1. Haushaltswaschmaschinen und Haushaltswaschtrockner (Einzelgeräte)
  2. Haushaltswäschetrockner (Kombigeräte)
  3. Haushaltsgeschirrspüler
  4. Kühlgeräte
  5. Elektronische Displays
  6. Schweißgeräte
  7. Staubsauger
  8. Server und Datenspeicherprodukte
  9. Mobiltelefone, schnurlose Telefone und Slate-Tablets (ohne Tastatur)
  10. Waren, die Batterien für leichte Verkehrsmittel (s. u.) enthalten

Das Recht auf Reparatur umfasst also die großen Haushaltsgeräte (außer Herde/Backöfen), Smartphones und auch E-Bikes und E-Roller. Elektrofahrräder und E-Scooter zählen zu den leichten Verkehrsmitteln.

Seit wann gilt das Recht auf Reparatur?

Die Richtlinie ist im Juli 2024 in Kraft getreten. Bis Ende Juli 2026 haben die EU-Staaten nun Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung die EU-Richtlinie konkret in nationales Recht umsetzen wird und ob es zusätzliche Maßnahmen über die Richtlinie hinaus geben wird, um das Recht auf Reparatur in Deutschland zu stärken. Bis dahin wird sich noch reichlich Schrott ansammeln.

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Stand: 3. Februar 2025

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