
Deutschland hat eine starke KI-Forschung und einen wachsenden KI-Start-up-Sektor, hinkt aber bei Investitionen und beim Innovationstempo hinterher.
Im internationalen Vergleich dominieren die USA und China mit massiven finanziellen und strategischen Ressourcen.
Bürokratie, Fachkräftemangel und eine regulierungsintensive Umgebung bremsen die Entwicklung hierzulande.
Künstliche Intelligenz (KI) gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft – sie verändert Wirtschaft, Gesellschaft und das tägliche Leben in rasantem Tempo. Anwendungen wie ChatGPT haben einmal mehr bewiesen, welches Potenzial in KI steckt. Das weltweite Marktvolumen für KI betrug 2024 rund 228Milliarden US-Dollar und könnte bis 2028 auf 632 Milliarden US-Dollar wachsen, wie die Ergebnisse einer umfassenden Studie zeigen.
Künstliche Intelligenz ist Wachstumstreiber und Gamechanger
Laut der OECD ist Deutschland im KI-Wettbewerb gut aufgestellt und hat besondere Stärken in der Forschung und Software-Entwicklung. Der menschenzentrierte Ansatz hierzulande, das heißt, die Interessen einzelner Menschen und der Gesellschaft stehen beim Einsatz von KI im Mittelpunkt, gelte international als vorbildlich für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI.
KI hat bereits verschiedene Branchen verändert, darunter das Verkehrswesen, das Gesundheitswesen sowie den Bildungs- und Kreativsektor. KI eröffnet Unternehmen völlig neue Möglichkeiten: Sie hilft, Abläufe zu optimieren, senkt Kosten und ermöglicht Geschäftsmodelle, die zuvor undenkbar waren.
Auch im Finanzsektor wird KI immer wichtiger: Finanzinstitute nutzen sie etwa, um Betrug aufzudecken, Risiken besser einzuschätzen oder Kundinnen und Kunden personalisiert zu beraten.
Die deutsche KI-Landschaft: enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik
Deutschland hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Initiativen gestartet, um im Bereich der KI aufzuholen. Die Bundesregierung verabschiedete 2018 eine nationale KI-Strategie mit zwölf Handlungsfeldern, die 2020 fortgeschrieben wurde. 2024 wurden 836 Millionen Euro für konkrete KI-Projekte bereitgestellt. 2025 sollen 5 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung in diesem Bereich zur Verfügung gestellt werden.
Wichtige Forschungszentren wie das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) mit sechs KI-Kompetenzzentren an verschiedenen Standorten für den Austausch zwischen Forschungseinrichtungen sowie diverse Exzellenzcluster an Universitäten treiben die KI-Grundlagenforschung voran. Aktuell werden 208 Studiengänge (Stand 2024) mit KI-Schwerpunkt an deutschen Universitäten und Hochschulen angeboten, ergänzt durch 171 Studiengänge im Bereich Data Science.
Ebenso sollen solide politische und rechtliche Grundlagen für den Einsatz von KI im Gesundheitswesen geschaffen werden.
Die Wirtschaft investiert kräftig in KI
Auch die deutsche Start-up-Szene erlebt im Bereich KI einen regelrechten Boom: Laut dem appliedAI Institute for Europe waren 2024 insgesamt 687 KI-Start-ups in Deutschland aktiv – ein deutlicher Anstieg gegenüber 508 im Vorjahr. Viele dieser Jungunternehmen entwickeln Spitzentechnologien und ziehen namhafte Investoren an. So gilt etwa DeepL aus Köln mit seiner Übersetzungs-KI weltweit als erfolgreich und behauptet sich gegen Google Translate oder die Übersetzungsfunktionen von ChatGPT. Große Konzerne wie Siemens, Bosch oder SAP haben ebenfalls KI zu einem Schwerpunkt ihrer Innovationsstrategie gemacht und investieren in eigene KI-Labore und Kooperationen.
Mehrere deutsche KI-Start-ups haben sich in den letzten Jahren international einen Namen gemacht und sind auf dem Weg, weltweit erfolgreich zu werden. Hier sind einige der vielversprechendsten:
Aleph Alpha
- Gegründet: 2019 in Heidelberg
- Fokus: Entwicklung großer Sprachmodelle, ähnlich wie ChatGPT
- Besonderheit: Offene Innovationsstrategie, die Forschungsergebnisse und KI-Modelle öffentlich zugänglich macht
- Finanzierung: 500-Millionen-Euro-Runde Ende 2023, davon 300 Millionen für die Forschungstochter2
Helsing
- Standort: München
- Fokus: KI für militärische Anwendungen
- Erfolg: Entwickelt KI für Eurofighter-Kampfjets der Bundeswehr und arbeitet mit Rheinmetall zusammen
DeepL
- Fokus: KI-basierte Übersetzungstechnologie
- Erfolg: Gilt als einer der bekanntesten deutschen KI-Vertreter mit internationalem Potenzial2
Cognigy
- Standort: Düsseldorf
- Fokus: Entwicklung von KI für smarte Chatbots und virtuelle Assistenten1
Konux
- Fokus: KI-basierte Lösungen für die Industrie, insbesondere Predictive Maintenance
Dynamik zeigt sich auch im Finanzsektor
KI-Technologien kommen bereits auch bei Banken zum Einsatz – etwa durch Chatbots im Kundenservice, automatisierte Betrugserkennung oder intelligente Analysesysteme zur Kreditprüfung. Die Sparkassen planen beispielsweise, bis Sommer 2025 alle ihre Beschäftigten mit einem KI-basierten Assistenzsystem (S-KIPilot) auszustatten, um Routineaufgaben zu erleichtern und die Produktivität zu steigern.
Vergleich mit anderen führenden KI-Nationen
- USA
Die Vereinigten Staaten (USA) sind in vielerlei Hinsicht Vorreiter in Sachen KI. Amerikanische Tech-Giganten wie Google, Microsoft, Meta (Facebook und Instagram) oder OpenAI (ChatGPT) stecken immense Ressourcen in KI-Forschung und -Produkte. Die USA dominieren weltweit auch bei privaten Investitionen in künstliche Intelligenz – mit einem beeindruckenden Vorsprung. 2023 flossen rund 67 Milliarden US-Dollar an privaten Investitionen in den KI-Sektor. Zum Vergleich: In China waren es fast 8 Milliarden (2. Platz), Großbritannien kam mit fast 4 Milliarden auf Platz 3, während Deutschland mit 1,9 Milliarden US-Dollar weiter abgeschlagen auf Platz 4lag, wie eine Erhebung der Standford University zeigt.
Zudem fördert eine ausgeprägte Start-up-Kultur in den USA die Innovationskraft – Risikokapital ist leichter verfügbar und Wagnisse werden belohnt. Auch bürokratische Hürden sind niedriger als in Europa. Neue KI-Unternehmen können so rasant wachsen.
Das Zusammenspiel aus Kapital, Spitzenforschung und riesigen Datenmengen macht die USA zum Innovationsmotor der KI. Viele bahnbrechende Entwicklungen – von autonomen Fahrzeugen bis zu intelligenten Assistenten – entstehen dort zuerst.
- China
China hat in den letzten Jahren eine beispiellose KI-Offensive gestartet. DeepSeek – Chinas neuestes Sprachmodell, wird bereits als mögliche Konkurrenz zu ChatGPT und Co. gehandelt. Die Regierung in Peking hat das klare Ziel ausgegeben, bis 2030 zum weltweit führenden KI-Land aufzusteigen. Entsprechend fließen enorme staatliche Investitionen in Forschung, Start-ups und die Umsetzung von KI-Projekten. China kann dabei einen besonderen Vorteil nutzen: die riesige Bevölkerung und damit gewaltige Datenmengen. In Bereichen wie Gesichtserkennung, E-Commerce oder Smart City gelten chinesische Unternehmen als führend, weil sie auf einen gigantischen Fundus an Nutzerdaten zugreifen können – oft freier als dies in westlichen Ländern der Fall ist. Unterstützt durch staatliche Programme werden neue KI-Lösungen in China sehr schnell implementiert, sei es bei digitalen Bezahlsystemen, in der Produktion oder bei Behörden.
Große Tech-Konzerne wie Alibaba, Baidu oder Tencent arbeiten Hand in Hand mit dem Staat und treiben Innovationen in rasantem Tempo voran. Das schnelle Wachstum geht hier allerdings häufiger zulasten der Regulierung: Datenschutz und ethische Standards spielen (noch) eine geringere Rolle als in Europa.
- Europäische Union und Großbritannien
Die europäische KI-Strategie zielt darauf ab, dass KI auf den Menschen ausgerichtet und vertrauenswürdig ist. Europa verfolgt beim Thema KI einen kooperativen und regulierungsbetonten Ansatz. Die EU-Staaten haben erkannt, dass sie im Schulterschluss mehr erreichen können: Es gibt gemeinsame Strategien und Forschungsprogramme, um Synergien zu nutzen.
Vor dem Hintergrund der 500 Milliarden Dollar schweren Stargate-Investitionsoffensive der USA und dem Durchbruch des chinesischen KI-Start-ups DeepSeek fordern deutsche und französische Start-up-Verbände in einer gemeinsamen Erklärung, die der Deutschen Presseagentur vorliegt, zügiges Handeln in Europa. Demnach brauche es mehr Kapital von Großinvestoren, um das Wachstum von KI-Start-ups zu beschleunigen. Künstliche Intelligenz solle mehr im öffentlichen Sektor und bei kleinen und mittleren Unternehmen eingesetzt werden. Es brauche darüber hinaus eine widerstandsfähige europäische Digitalinfrastruktur, um die Abhängigkeit von globalen Tech-Konzernen zu reduzieren. Schließlich seien faire Wettbewerbsbedingungen nötig, um Monopole aufzubrechen.
Ein weiteres Beispiel für den europäischen Schulterschluss in Sachen KI ist der europäische Rechtsrahmen mit der KI-Verordnung, dem sogenannten EU AI Act, der seit Februar 2025 schrittweise eingeführt wird. Mit dem AI Act hat die EU die weltweit erste umfassende KI-Gesetzgebung auf den Weg gebracht.
Für deutsche Unternehmen kann die EU-Kooperation ein Vorteil sein – sie profitieren von EU-Fördermitteln, können in einem großen Binnenmarkt KI-Lösungen skalieren und müssen nicht jede Entwicklung allein stemmen. Allerdings bedeutet der strengere europäische Regulierungsrahmen auch, dass manche Dinge etwas langsamer vorangehen als in den unregulierteren Umfeldern der USA oder China.
Trotz aller Fortschritte sieht sich Deutschland mit einigen Herausforderungen konfrontiert, die es zu bewältigen gilt, um im KI-Rennen mitzuhalten:
- Bürokratie und langsame Umsetzung: Innovative KI-Ideen schaffen es hierzulande oft nur zögerlich von der Konzeptphase in die Praxis. Umständliche bürokratische Prozesse, langwierige Genehmigungsverfahren oder vorsichtige Unternehmensstrukturen können Projekte ausbremsen.
- Fachkräftemangel: Ein zentrales Hemmnis ist der Mangel an KI-Expertinnen und -Experten. Die Nachfrage nach Menschen mit KI-Know-how ist in den vergangenen Jahren explodiert. Gleichzeitig können viele dieser Stellen nicht besetzt werden, weil schlicht nicht genug ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen. In Umfragen nennen deutsche Firmen den Mangel an qualifizierten Beschäftigten (26 Prozent) sogar häufiger als Unternehmen in anderen Ländern als Bremse für KI-Projekte (23 Prozent weltweit).
- Regulierung versus Innovationsfreiheit: Deutschland und Europa setzen auf hohe Standards und Regulierung, was einerseits Vertrauen schafft, andererseits aber Innovation verlangsamen kann. Strenge Datenschutzgesetze (wie die DSGVO) und Regelwerke wie der AI Act stellen sicher, dass KI ethisch und sicher eingesetzt wird – können aber in der Umsetzung aufwendig sein. Unternehmen müssen oft erst klären, was erlaubt ist, bevor sie ein KI-Produkt auf den Markt bringen können. Das kann dazu führen, dass man bei neuen Technologien abwartet, während anderswo bereits experimentiert wird. Der Bundesminister für Digitales, Volker Wissing, mahnte jüngst im „Deutschlandfunk“ , man müsse Investitionen erleichtern und dürfe neue Produkte nicht durch Überregulierung behindern.
Fazit
Deutschland ist derzeit noch keine führende KI-Nation – dafür fehlen bislang die nötigen Investitionen und das erforderliche Innovationstempo. Doch die Weichen für die Zukunft werden jetzt gestellt. Die Forschung hierzulande ist exzellent, die Start-up-Szene wächst. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, muss Deutschland die Chancen noch entschlossener nutzen: mit mehr Investitionen und weniger Bürokratie, einer gezielteren Talentförderung und strategischen Zusammenarbeit in Europa. Deutschland hat das Potenzial, in der KI-Welt ganz vorne mitzuspielen – jetzt kommt es darauf an, es auch zu nutzen.
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Stand 11.03.2025
