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Was tun bei Insolvenz? Das sind Ihre Rechte

Zahlungsunfähige Unternehmen
Ob bestellte Ware, Garantieanspruch, Fitnessstudio oder Gutschein: Geht ein Händler oder Dienstleister in Insolvenz, stehen viele Kunden und Kundinnen vor offenen Fragen. Was passiert mit gezahltem Geld, Bestellungen oder Gutscheinen? Hier erfahren Sie, was jetzt wichtig ist – und wo es Hilfe gibt.
Das Wichtigste in Kürze:
  • Insolvenz heißt nicht automatisch Verlust: Viele Leistungen laufen erst mal weiter – zum Beispiel Strom oder Gutscheine. Auch Garantien können noch gelten.

  • Schnell reagieren lohnt sich: Belege sichern, Rückbuchungen prüfen, Forderungen rechtzeitig anmelden – das erhöht die Chance auf Erstattung.

  • Beratung bei den richtigen Stellen holen: Verbraucherzentralen beraten kostenlos. Auch Zahlungsdienstleister oder der Insolvenzverwalter können wichtige Anlaufstellen sein.

Plötzlich bankrott

Der Fall eines E-Bike-Händlers, der Anfang des Jahres 2025 Insolvenz anmeldete, hat viele Kundinnen und Kunden kalt erwischt: bezahlte Räder wurden nicht geliefert, Garantieleistungen abgelehnt. Immer häufiger geraten Unternehmen in finanzielle Schieflage – wie etwa Modehäuser, Fitnessstudioketten, kleinere oder größere Online-Shops.

Wirtschaftliche Entwicklung

Zahl der Firmeninsolvenzen steigt

Für das Jahr 2024 meldeten die Amtsgerichte laut Statistischem Bundesamt 21.812 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Bezogen auf 10.000 Unternehmen gab es im Jahr 2024 in Deutschland insgesamt 63,5 Unternehmensinsolvenzen. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt. Experten erwarten für 2025 erneut einen Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland – mit bis zu 26.000 Unternehmensinsolvenzen. Damit kehrt die Entwicklung zur Situation vor Corona zurück. Insgesamt ist insder Mittelstand robust aufgestellt.

Insolvenz bedeutet nicht automatisch, dass Kunden oder Kundinnen leer ausgehen. Nicht selten ist schnelles Handeln entscheidend. Deshalb ist es wichtig, Folgendes wissen:

Was passiert mit…

  • … bestellter und bereits bezahlter Ware?

    Wer vor der Insolvenzeröffnung bezahlt hat, ist meist einer von vielen Gläubigern. In der Regel heißt das: kein Geld zurück, es sei denn, die Ware wird noch geliefert. In diesem Fall können Sie sich beim Insolvenzverwalter melden – doch die Chance auf Rückzahlung ist gering.

    Tipp: Bezahlen Sie in solchen Fällen nie per Vorkasse. Kreditkarte oder einige Bezahlsysteme bieten besseren Käuferschutz.
  • … Gutscheinen?

    Gutscheine verlieren nicht automatisch ihre Gültigkeit. Doch auch hier gilt: Wer den Gutschein vor der Insolvenz gekauft hat, steht oft hinten an. Die Einlösung ist meist nicht mehr möglich, weil der Betrieb eingestellt wird oder schlicht niemand mehr da ist, der die Leistung erbringen kann. Möglicherweise gibt es mehrere Standorte des Unternehmens, und Sie können in einer anderen Filiale den Gutschein einzulösen. Falls dies nicht möglich ist, steht es Ihnen offen, sich an den vorläufigen Insolvenzverwalter zu wenden. Ob sich der Aufwand lohnt, hängt nicht zuletzt vom Wert des Gutscheins ab.

    Tipp: Gutscheine zeitnah einlösen – und nicht ewig aufheben.
  • … Garantieansprüchen oder Kulanz?

    Garantieversprechen kommen häufig vom Hersteller – nicht vom Handel. Ist der Händler oder die Händlerin bankrott, sollten Sie sich direkt an den Hersteller wenden. Bei freiwilligen Kulanzleistungen sieht es schlechter aus: Diese werden im Insolvenzfall meist nicht mehr gewährt.

    Beispiel: Bei einem defekten Haushaltsgerät hilft der Blick in die Unterlagen: Ist dort ein Herstellerversprechen dokumentiert, besteht weiterhin Anspruch – unabhängig vom Händler.
  • … Strom- oder Energieversorgung?

    Wird ein Energieversorger insolvent, fällt die Versorgung nicht einfach aus. In Deutschland ist es gesetzlich geregelt, dass Kundinnen und Kunden automatisch in die Grundversorgung übergehen – meist beim örtlichen Stadtwerk. Der Strom oder das Gas fließt also weiter. Allerdings kann das für Verbraucher und Verbraucherinnen finanziell spürbar werden, denn die Grundversorgung ist oft deutlich teurer als zuvor vereinbarte Sonderverträge. Eventuell bereits gezahlte Abschläge (z. B. bei Jahresvorauszahlungen) sind gefährdet und können im Insolvenzfall verloren gehen.

    Als Deutschland in einer schweren Energiekrise steckte, geriet im Sommer 2022 Uniper, der größte Gashändler des Landes, in Existenznot: Wegen ausbleibender Gaslieferungen aus Russland musste das Unternehmen teuren Ersatz beschaffen – und verlor zeitweise bis zu

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in Worten: zweihundert Millionen Euro pro Tag. Der Staat griff ein und rettete Uniper – nicht zuletzt, weil rund 1.000 Stadtwerke am Versorgungsnetz des Konzerns hingen.

  • .… Versicherungen?

    Auch Versicherer können insolvent gehen – zum Beispiel kleinere Nischenanbieter. Hier greifen oft Sicherungseinrichtungen, etwa bei Lebens- oder privaten Krankenversicherungen. Bestehende Verträge werden im Regelfall auf einen anderen Anbieter übertragen oder verwaltet.

    Wichtig: Verträge werden in der Regel fortgeführt – Panik ist nicht nötig, aber ein prüfender Blick lohnt sich.
  • … Pflegeeinrichtungen?

    Pflegeheime und ambulante Pflegedienste: Seit Anfang 2024 wurden laut dem Arbeitgeberverband Pflege bundesweit 1.264 Insolvenzen oder Schließungen von Pflegeeinrichtungen verzeichnet. Eine Insolvenz bedeutet jedoch nicht automatisch die sofortige Schließung; in vielen Fällen läuft der Betrieb zunächst weiter. Pflegebedürftige behalten ihren Anspruch auf Leistungen, doch Vorauszahlungen können verloren gehen.

    Tipp: Angehörige sollten frühzeitig Heimleitung, Pflegekasse oder Heimaufsicht kontaktieren. Hilfe bieten auch Verbraucherzentralen und Pflegestützpunkte.
  • … Bauunternehmen?

    Geht ein Bauunternehmen in Insolvenz, drohen Bauherren hohe Verluste – vor allem, wenn bereits Anzahlungen geleistet wurden. Ohne vertragliche Absicherung sind diese Zahlungen oft verloren.

    Hinweis: Verbraucherzentralen empfehlen Sicherungsinstrumente wie eine Vertragserfüllungsbürgschaft, um sich davor zu schützen.

Wenn Sie unsicher sind, ob ein Unternehmen insolvent ist, finden Sie aktuelle Informationen unter insolvenzbekanntmachungen.de. Sobald eine Insolvenz bekannt wird, lohnt der Blick auf die Website des Insolvenzverwalters oder auf Mitteilungen im Bundesanzeiger.

Weitere Beispiele:

  • Reiseveranstalter: Geht ein Anbieter insolvent, sind Kunden und Kundinnen durch den Reisesicherungsschein abgesichert – aber nur bei Pauschalreisen. Bei einzelnen Buchungen (z. B. nur Hotel) gibt es diesen Schutz nicht. Einzelbuchungen wie Flüge oder Hotels ohne Sicherung können jedoch zum vollständigen Verlust führen.

  • Fitnessstudios oder Abonnements: Mitgliedsbeiträge oder Abo-Gebühren werden oft im Voraus bezahlt. Bei Insolvenz besteht die Gefahr, dass keine Leistung mehr erbracht wird, das Geld aber weg ist. Im Idealfall lässt sich prüfen, ob Kündigungsrechte bestehen oder Lastschriften zurückgeholt werden können.

  • Vereine oder Privatschulen: Geht ein Träger in Insolvenz, verlieren Mitglieder und Eltern oft im Voraus gezahlte Beiträge oder Gebühren. Rückforderungen sind nur über das Insolvenzverfahren möglich.

  • Crowdfunding-Projekte: Im Falle der Insolvenz eines Projektträgers besteht kein Rechtsanspruch auf Rückzahlung. Hier gilt besondere Vorsicht, da meist kein klassischer Kaufvertrag vorliegt.

3 Goldene Regeln: Das können Sie tun

  1. Möglichst nicht per Vorkasse zahlen – besser per Kreditkarte oder über Dienste mit Käuferschutz.
  2. Rechnungen, Bestellbestätigungen und E-Mails sorgfältig aufbewahren.
  3. Forderungen sollten frühzeitig angemeldet werden – meist innerhalb einer bestimmten Frist.

Je nach Zahlungsart bestehen unterschiedliche Chancen, bereits gezahltes Geld im Insolvenzfall zurückzuerhalten. Die Übersicht zeigt, was gilt.

Geliefert ist geliefert: Zahlungspflicht bleibt trotz Insolvenz bestehen

Auch wenn ein Händler Insolvenz anmeldet, müssen Raten für bereits gelieferte Waren weiterhin beglichen werden. Das gilt ebenso bei einem Kauf auf Rechnung: Ist die Ware geliefert, besteht eine Zahlungspflicht. Wurde die Ware noch nicht vollständig bezahlt und ist sie mangelhaft, kann es sinnvoll sein, die Reparaturkosten mit den offenen Beträgen zu verrechnen. Eine solche Verrechnung sollte jedoch unbedingt mit dem Insolvenzverwalter abgestimmt werden.

Unvorbereitet erwischt, gut nachbereitet geschützt

Ob kleines Familienunternehmen oder Großkonzern: Eine Insolvenz bedeutet nicht immer das sofortige Aus oder vollständigen Leistungsverlust. Gerade bei kleineren Betrieben lohnt sich oft ein Anruf, eine Mail oder das persönliche Gespräch – sei es mit dem Inhaber oder später mit dem Insolvenzverwalter. Manchmal lässt sich gemeinsam eine Lösung finden, etwa eine Teilerstattung, Lieferung oder Verrechnung. Wer informiert ist, Zahlungsbelege parat hat und ruhig bleibt, hat bessere Chancen.

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Stand: 09.04.2025

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