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Ein Goldbarren liegt auf einer Platine.

„Wir erwarten einen Preis von 2.050 US-Dollar je Feinunze“

Gold oder Bitcoin als sicherer Hafen?
6.000 Jahre lang sicherte sich die Menschheit mit Gold gegen die wirtschaftlichen und politischen Aufs und Abs des Lebens ab. Dabei ist die Krisenwährung selbst dem Einfluss vieler Faktoren ausgesetzt. Manche Menschen feiern bereits den Bitcoin als Nachfolger. Dennoch ist der Preis weiterhin hoch. Warum das so ist und wie es weitergeht, erklärt Michael Eubel, Abteilungsleiter des Kompetenzzentrums für Sorten und Edelmetalle bei der Bayerischen Landesbank Bayern LB.

Die Beliebtheit von Gold und anderen Edelmetallen ist in Deutschland unbestreitbar. Der Preis für Gold befindet sich zwar seit einigen Wochen im Abwärtstrend. Dennoch notiert er Anfang September 2023 mit rund 1.940 US-Dollar je Feinunze noch immer in der Nähe seines Allzeithochs von 2.063 US-Dollar. Einige Wirtschaftsexpertinnen und -experten sagen dem glänzenden Edelmetall zwar einen weiteren Abstieg voraus – und eine Ablösung seiner Funktion als sicherer Hafen durch den Bitcoin.  Aber Marktkenner wie Michael Eubel von der Bayern LB bewerten die Aussichten für Gold deutlich positiver.

Im Gespräch mit

Michael Eubel

Abteilungsleiter des Kompetenzzentrums für Sorten und Edelmetalle bei der Bayern LB

Herr Eubel, der Goldpreis bewegt sich – trotz einiger Abschläge – weiterhin in der Nähe seines Allzeithochs. Welche Schlüsselfaktoren beeinflussen diese Dynamik und wie geht es weiter?

Vor allem drei Aspekte waren zuletzt preisbildend beim Gold: Rezession, Inflation und Zins. Aufgrund der anhaltend hohen Inflation und der Rezession, also wegen wirtschaftlicher Unsicherheiten, haben viele Menschen in Gold investiert. Allein 2022 hatten wir bei der BayernLB mit 85 Tonnen den höchsten Umsatz unserer Firmengeschichte. Das waren 9 Tonnen mehr als 2021.

Der Zins ist eigentlich der Feind des Goldes. Je höher er ist, desto geringer die Nachfrage nach Gold, weil die Menschen dann andere Anlageklassen vorziehen. Mit 4,25 Prozent haben wir nun eine Höhe des Leitzinses erreicht, bei der viele erwarten, dass es nicht weiter nach oben geht. Bislang ist der Goldpreis nicht gecrasht. Daher können wir davon ausgehen, dass er sich auf einem stabilen Niveau befindet. Sobald das Zinsniveau sinkt, wird die Nachfrage erneut steigen.

Aber: Mit rund 6 Prozent bewegt sich die Inflation nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. Sollte sie noch einmal zunehmen, wird die Europäische Zentralbank auch die Zinsen wieder anheben. Es gibt also Variablen, die die Prognose erschweren. Dennoch gehen wir bei der BayernLB davon aus, dass der Goldpreis langfristig steigt. Wir erwarten ein Kursziel von 2.050 US-Dollar je Feinunze.

Nicht nur Gold, auch andere Edelmetalle gelten oft als sicherer Hafen in der Krise für die Geldanlage. Ist diese Einordnung – noch – berechtigt?

Für Gold trifft das sicherlich weiterhin zu, für andere Edelmetalle nicht unbedingt. Auch wenn der Preis schwankt, hat Gold große Vorteile. Im Laufe der vergangenen 100 Jahre hat sich sein Wert verhundertfacht. Und: Kein anderes Edelmetall hat eine so hohe Wertdichte. Wenn Sie mit 10 Kilo Gold emigrieren, haben Sie einen Wert von rund 650.000 US-Dollar in der Tasche. Damit lässt es sich eine ganze Weile gut aushalten.

Die anderen Edelmetalle sind entweder zu stark vorhanden, so etwa Silber, und eignen sich deswegen nicht uneingeschränkt für die langfristige Geldanlage. Oder sie sind, wie Platin und Palladium, hauptsächlich industriell gefragt.

Der Bitcoin und andere Kryptowährungen gelten mittlerweile als Alternative zu den Edelmetallen. Werden sie in absehbarer Zeit zu einer ernsthaften Konkurrenz für Gold und Co.?

Das ist doch schon der Fall. Allerdings halte ich persönlich nichts von der Investition in Kryptowährungen. Sie sind nicht reguliert, ihre krassen Wertschwankungen sind unberechenbar und sie eignen sich aufgrund ihrer Anonymität sehr leicht zur Finanzierung krimineller Aktivitäten. Dennoch sind sie mittlerweile zu weit verbreitet, als dass wir sie ignorieren könnten. Ohnehin werden wir aufgrund der rasanten digitalen Entwicklung bald eine systemische Standardisierung der Kryptowährungen erleben, zu der dann auch der digitale Euro gehört. Wahrscheinlich werden sie das Bargeld ablösen. Aber Gold wird niemals verschwinden.

Wie beeinflusst die Nachfrage nach Elektronik und erneuerbaren Energien den Markt für Edelmetalle wie Silber und Platin?

Platin wird hauptsächlich in der Automobilindustrie verwendet. Damit ist sein Preis sehr eng mit der Entwicklung dieses Sektors verbunden. Und der ist aktuell in der Krise. Bei Silber sieht es deutlich besser aus – auch langfristig: Das Edelmetall wird in der Photovoltaik verwendet, die gerade einen neuen Boom erlebt. Außerdem steckt es in der Medizintechnik und selbst in Kühlschränken. Aber vor allem lässt der Bedarf an Silberschmuck wahrscheinlich nie nach.

Geopolitische Spannungen haben schon immer die Edelmetallkurse beeinflusst. Welche Rolle spielen sie bei der Preisprognose?

Das ist ein sehr trauriges Thema. In den vergangenen Jahren haben uns die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg in der Ukraine gezeigt, wie sehr Angst die Goldnachfrage befeuert. Allein im März 2020, also kurz nach Beginn der Coronakrise, belief sich unser Goldumsatz auf bombastische 1,14 Milliarden Euro. Am 8. März hatten wir morgens um 9:30 Uhr schon mehr als 2.000 Orderaufträge. Auch der Ukraine-Krieg trieb die deutschen Privatanlegerinnen und -anleger in Gold.

Zur Wahrheit gehört auch, dass sich die Menschen an Krisen gewöhnen. Dann lässt die Nachfrage wieder nach. Aber wir erleben weltweit eine fundamentale Verschiebung der Kräfte und Machtstrukturen. Das hat mit der Inflations- und Zinsspirale ebenso zu tun wie mit dem allgemeinen politischen Rechtsruck sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern. Das bringt automatisch neue Krisen mit sich. Daher wird auch der Bedarf nach Gold weiterhin steigen.

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Stand: 08.09.2023

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