2,4 Cent pro Kilowattstunde mehr: Die Gasumlage ist beschlossen
Diese Sonderumlage ist zunächst befristet bis 1. April 2024
Je nach Entwicklung am Markt kann die Umlage alle drei Monate neu angepasst werden
Die Mehrwertsteuer auf Gas wird befristet von 19 auf 7 Prozent gesenkt.
Alle sind von den steigenden Gas-Preisen betroffen
Ein rasanter Anstieg der Energiekosten steht bevor – doch noch spüren die Menschen die hohen Belastungen nicht im vollen Ausmaß. Erst 2023 werden viele Menschen von den zusätzlichen Heiz- oder Nebenkosten kalt erwischt werden. Gerade Haushalte mit mittlerem Einkommen, aber vor allem Rentner und Geringverdiener, also besonders jene, die kein Wohngeld oder keine Sozialhilfe empfangen. Und das in einer Zeit, in der schon jetzt jeder dritte deutsche Haushalt kein nennenswertes Erspartes hat, auf das er in Krisenzeiten zurückgreifen kann.Etwa die Hälfte aller deutschen Haushalte heizt mit Gas. Aber auch die Industrie ist auf den Brennstoff angewiesen und wird die Erhöhungen weiterreichen. Somit betrifft am Ende die Preissteigerung alle.
Mehrwertsteuer auf Gas wird gesenkt
Angesichts der rapide gestiegenen Gaspreise will die Bundesregierung die Verbraucher in Deutschland bei der Mehrwertsteuer entlasten. Künftig soll laut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Steuer auf Gas 7 statt wie bisher 19 Prozent betragen. Dies soll bis März 2024 gelten und damit solange wie die Gasumlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunde erhoben wird. Scholz sagte, die Entlastung werde damit deutlich höher ausfallen als die Belastung durch Umlagen.
Hunderte Euro im Jahr als Mehrbelastung
Laut Bundesregierung ist die finanzielle Belastung durch die Umlage erheblich: Schnell können zusätzliche Belastungen von mehreren hundert Euro pro Jahr auf die Haushalte zukommen. Die Umlage beläuft sich konkret auf 2,419 Cent pro Kilowattstunde. Für einen vierköpfigen Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr bedeutet das eine jährliche Mehrbelastung von gut 480 Euro – allerdings kommt dann noch die Mehrwertsteuer hinzu. Für einen Singlehaushalt mit einem Verbrach von 5.000 Kilowattstunden Gas kommen wenigstens 144 Euro im Jahr hinzu, netto.
Gas sparen ist notwendig wie nie zuvor
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck spricht von einer „nationalen Kraftanstrengung“: Neben Bund, Ländern und Kommunen ist jeder Einzelne gefragt, Gas einzusparen. Jede sinnvolle Sparmaßnahme entspannt die Lage – sowohl in Unternehmen als auch in Privathaushalten.
Deutschland importiert 90 Prozent seines Gasbedarfs
Seit im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine immer weniger russisches Gas nach Deutschland gelangt, müssen sich insbesondere deutsche Gas-Importeure auf dem Weltmarkt nach Ersatz umsehen. Eine große Herausforderung: Denn Deutschland deckt rund 90 Prozent seines Gasbedarfs aus Importen; das durch Pipelines oder mit Schiffen importierte Gas verkaufen große Einkäufer weiter an Stadtwerke und andere Versorger. Allerdings mit steigenden Preisen, denn was knapp und schwer zu beschaffen ist, wird teuer. Die Versorger geben ihre höheren Einkaufspreise an ihre Kunden weiter.
Die drei Hauptzulieferer
Aus Russland, Deutschlands bisher größtem Lieferanten, kamen früher bis zu 53 Prozent des deutschen Gasbedarfs – also mehr als die Hälfte. Norwegen, der zweitgrößte Lieferant, arbeitet mittlerweile am Limit. Die Niederlande, die drittwichtigste Gasbezugsquelle, dürfen wegen drohender Erdbebengefahr ihre Gasförderung nicht erhöhen.
Häufige Fragen zur Gasumlage:
Wofür wird Gas gebraucht?
Gas kommt vor allem zum Einsatz, wenn Wärme und Energie erzeugt werden sollen. In Haushalten, die Gas verwenden, betrifft dies insbesondere Heizungen und Warmwasser.
Was bedeutet die Gasumlage?
Infolge des Kriegs gegen die Ukraine fallen große Gaslieferungen aus Russland aus. Deutsche Importeure müssen nun kurzfristig von anderen Zulieferern deutlich teurer und enorm große Mengen am Markt ankaufen. Gasimporteure tun sich deshalb schwer, die Preise zu halten, die sie ihren Kunden – den Stadtwerken und anderen, die die Versorgung bundesweit sicherstellen – langfristig zugesagt haben. Damit sie weiter arbeiten können, brauchen sie Unterstützung in Form der Gasumlage. Diese Sonderumlage wurde am 15. August 2022 ist beschlossen: Gezahlt werden muss sie von Oktober 2022 an von allen, die Gas verbrauchen. Die Umlage ist zunächst bis 1. April 2024 befristet.
Ab wann ändert sich die Gas-Rechnung?
Alle privaten und geschäftlichen Kunden, die Gas nutzen, erhalten diese Sonderumlage als Aufschlag zur gewohnten Gasrechnung. Ab Ende November 2022 könnten Kunden voraussichtlich die ersten Rechnungen mit Zuschlag bekommen.
Wie teuer wird die Gasumlage?
Nachdem eine Spanne zwischen 1,5 bis 5 Cent je Kilowattstunde diskutiert worden ist, wurde am 15. August 2022 bekannt gegeben: Die Umlage beläuft sich auf 2,419 Cent pro Kilowattstunde. Für einen vierköpfigen Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr bedeutet das eine jährliche Mehrbelastung von gut 480 Euro – allerdings kommt dann noch die Mehrwertsteuer hinzu. Ein Zwei-Personenhaushalt muss mit 200 bis 300 Euro mehr rechnen. Für einen Singlehaushalt mit einem Verbrach von 5.000 Kilowattstunden Gas kommen 144 Euro im Jahr hinzu, netto. Auf Vergleichsportalen wie Verivox oder Check24 sind individuelle Modellrechnungen möglich.
Kann sich die Höhe der Gasumlage noch ändern?
Ja. Die Firma Trading Hub Europe, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber, war an der Berechnung der Gasumlage maßgeblich beteiligt. Sie wird die Entwicklung am Markt weiter beobachten und kann die Umlage alle drei Monate anpassen:
- nach oben, wenn der Gaspreis international weiter so stark ansteigt,
- nach unten, wenn die Beschaffung auf dem Markt wieder günstiger werden sollte.
Sind neben der Mehrwertsteuer-Senkung weitere Entlastungen geplant?
Die Bundesregierung plant ein drittes Entlastungspaket, das unter anderem Einkommensschwache beim Wohngeld mit einem Heizkostenzuschuss unterstützen soll. Diskutiert wird auch, die Einkommensteuer anzupassen. Weitere Lösungen werden noch diskutiert. Sicher ist, dass die Mehrwertsteuer auf Gas zeitweise von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden soll.
Wie lässt sich Gas einsparen?
Es ist heute ohnehin das Gebot der Stunde, ökologisch bewusster zu leben und Energie zu sparen. Kleine Einsparmöglichkeiten bringen in der Summe eine große Wirkung. Zum Beispiel:
- Die Raumtemperatur runterregeln (hier sollen Klauseln, die in Mietverträgen eine bestimmte Raumtemperatur vorschreiben, vorübergehend ausgesetzt werden)
- Weniger Beleuchtung nutzen
- Geräte nicht grundsätzlich im Stand-by-Modus lassen
- Sparsamer mit Warmwasser umgehen
- Instandhaltung der Heizkörper im Blick behalten
- Wasch- und Spülmaschinen voll befüllen
Steht ohnehin eine Modernisierung an, lohnt es, beispielsweise diese Aspekte zu berücksichtigen:
- Bei alten Gasheizungen auf Brennwert- oder Solartechniken umsteigen
- Neue Fenster einsetzen
- Eine gute Wärmedämmung von vornherein einplanen
- Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung bevorzugen
- Private Pools nicht mehr mit Gas und Strom heizen
Wie sind die europäischen Gasspeicher gefüllt?
Nach aktuellen Daten der europäischen Gasspeicherbetreiber lag (Stand 12. August 2022) der Füllstand bei 75,43 Prozent. Damit ist das erste Ziel sogar schon zwei Wochen früher erreicht worden als gefordert. Doch die weiteren Ziele sind ehrgeizig: Am 1. Oktober 2022 soll der Füllstand auf 85 Prozent steigen und am 1. November 2022 auf 95 Prozent.
Was passiert eigentlich mit dem nicht exportierten Gas in Russland?
Russland wird nicht mehr die großen Mengen seines geförderten Gases los und müsste das nicht exportierte Gas zwischenlagern. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die russischen Gasspeicher schon seit Sommer 2022 voll sind. Laut Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) könne Russland aber auch nicht kurzfristig einfach neue Gasspeicher bauen. Und aufgrund fehlender Pipelines kann das Gas auch nicht einfach nach Asien umgeleitet werden. Der Bau eine solchen Infrastruktur dauert Jahre. So muss also auch Russland nach Lösungen suchen. Der finnische Fernsehsehsender Yle veröffentlichte am 4. August 2022 Bilder, die zeigen, wie Russland offenbar große Mengen an Erdgas verbrennen muss. Auch Daten der Weltraumbehörde Nasa zeigen, dass seit Mitte Juni 2022 nahe der Verdichterstation von Nord Stream 1 bei Sankt Petersburg hohe Flammen lodern.
Stand: 17.08.2022