Das monatliche Durchschnittseinkommen in Deutschland liegt bei 4.105 Euro brutto – zwei Drittel der Beschäftigten verdient weniger.
Der Median für das deutschlandweite Nettoeinkommen beträgt 2.109 Euro pro Monat.
Laut Berechnungen des IW Köln gehören Singles mit einem Nettoeinkommen von 3.775 Euro zu den einkommensreichsten zehn Prozent der Gesamtbevölkerung.
Deutschlands Mittelschicht hat sich in den vergangenen Jahren verkleinert. Die Ränder der Mitte schrumpfen sowohl durch sozialen Abstieg als auch durch sozialen Aufstieg. Neben Diskussionen über Bürgergeld und Reichensteuer stellt sich vielen Menschen eine persönliche Frage: Wie bin ich eigentlich finanziell aufgestellt – verglichen mit dem Rest der Bevölkerung hierzulande? Bin ich reich? Dabei neigen die meisten Menschen dazu, ihre finanzielle Situation im Vergleich zu anderen falsch einzuschätzen. Denn wir vergleichen uns zwar gern, doch nach wie vor gilt für viele: Über Geld spricht man nicht! Um die eigenen Finanzen richtig einordnen zu können, fehlt es oft an Vergleichswerten.
Wie kann ich mein Einkommen und Vermögen mit anderen vergleichen?
Eine erste Orientierung bietet hier das Durchschnittseinkommen in Deutschland. Die Summe wird vom Statistischen Bundesamt ermittelt und lag im April 2022 bei 49.260 Euro im Jahr. Das entspricht einem Monatslohn von 4.105 Euro brutto. Doch davon können viele nur träumen. Tatsächlich verdienen zwei Drittel der Beschäftigten weniger als das ermittelte Durchschnittsgehalt – nur ein Drittel verdient mehr. Dieses Ungleichgewicht liegt an der Art der Erhebung, bei der auch Personen mit sehr hohem Gehalt berücksichtigt werden. Ein Millionengehalt kann also viele niedrigere Gehälter ausgleichen. Somit eignet sich das deutschlandweite Durchschnittseinkommen nur bedingt zum Vergleich.
Der Median ist eine Kenngröße mit mehr Aussagekraft. Bei der Ermittlung dieses Werts werden Ausreißer, wie die Gehälter von Großverdienern, nicht im Ergebnis berücksichtigt. Der Median ist der Wert, der in der Mitte aller Werte liegt. Das bedeutet: Es gibt genauso viele Löhne, die niedriger als auch höher sind. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW Köln) hat einen Median für das Nettoeinkommen ermittelt, der aktuell bei 2.109 Euro pro Monat liegt. Demnach verfügen 50 Prozent der Berufstätigen in Deutschland über ein höheres Einkommen und die anderen 50 Prozent über ein geringeres.
0Euro Nettoeinkommen
bildet aktuell die Mitte aller Gehälter in Deutschland.
Doch das individuelle Gehalt variiert stark, da es von vielen Faktoren abhängt. Dazu gehören neben dem Beruf unter anderem Geschlecht, Alter und Bildungsabschluss, aber auch die Branche, der Beschäftigungsumfang sowie die Unternehmensgröße. Außerdem spielen die persönlichen Lebensumstände eine große Rolle dabei, wie viel am Ende des Monats übrigbleibt. Ein Leben als Single, in Partnerschaft oder Familie mit Kindern – all diese Aspekte beeinflussen die individuelle finanzielle Situation. Die Frage „Wie reich bin ich?“ erweist sich also als komplex.
Geldvermögen privater Haushalte ist 2023 erneut gewachsen
Ergebnissen der Deutschen Bundesbank zufolge sind die Menschen in Deutschland durch gestiegene Zinsen auf ihre Ersparnisse und Kursgewinne an den Börsen insgesamt reicher geworden. Das Geldvermögen der privaten Haushalte, bestehend aus Bargeld, Wertpapieren, Bankeinlagen und Versicherungsansprüchen, erhöhte sich im zweiten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorquartal um 94 Milliarden Euro auf etwa 7.492 Milliarden Euro. Die Summe liegt jedoch immer noch deutlich unter dem Rekordwert von 7.624 Milliarden Euro, der Ende 2021 erreicht wurde.
Im zweiten Quartal trugen insbesondere Kursgewinne an den Börsen positiv zum Vermögenszuwachs bei. Der Wert börsennotierter Aktien, die von Privathaushalten gehalten wurden, stieg um 9 Milliarden Euro, während Investmentfonds ein Plus von 19 Milliarden Euro verzeichneten. Trotzdem ging das Interesse an Aktien spürbar zurück, und Privatanleger – und -anlegerinnen investierten nur noch knapp eine Milliarde Euro in Aktien und andere Anteilsrechte – der niedrigste Wert seit 2016.
Der größte Teil des Geldvermögens bleibt weiterhin in Bargeld und Einlagen bei Banken, wie beispielsweise Tagesgeld und Festgeld. Dieser Posten belief sich zum Ende des zweiten Quartals auf über 3.100 Milliarden Euro. Aufgrund der gestiegenen Zinsen verlagerten Sparer und Sparerinnen jedoch ihre Gelder um. Sichteinlagen, also Gelder auf in der Regel unverzinsten Girokonten sowie Tagesgeld, wurden um 18 Milliarden Euro verringert. Gleichzeitig stiegen höher verzinsliche Termineinlagen, also Festgeld, um 43 Milliarden Euro.
In Versicherungen und anderen Altersvorsorgeprodukten waren Ende des zweiten Quartals etwa 2.290 Milliarden Euro investiert. Allerdings belastet die hohe Inflation das Geldvermögen der Menschen, da die reale Gesamtrendite (also die tatsächlich erzielte Rendite nach Abzug der Inflation) seit Ende 2021 negativ ist. Das schmälert die Stimmung, denn die finanzielle Zufriedenheit der Menschen in Deutschland wird durch die aktuelle Wirtschaftslage beeinträchtigt. Trotz dieser Herausforderungen gibt es jedoch Hoffnung. Gemäß Vermögensbarometer 2023 des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) erwarten mehr Menschen als im Vorjahr eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation in naher Zukunft.
Ein Online-Rechner macht den Vergleich möglich
„Die meisten Menschen hierzulande rechnen sich zur Mittelschicht“, sagt Judith Niehues, Leiterin des Clusters Mikrodaten und Verteilung am IW Köln. Dabei gebe es keine allgemeingültige Definition von Mittelschicht und Oberschicht. Um dennoch einen aussagekräftigen Vergleich zu ermöglichen, hat das Forschungsinstitut einen Online-Rechner entwickelt.
Die Anwendung berücksichtigt das monatliche Nettoeinkommen und die Anzahl der Personen, die im Haushalt leben. Außerdem kann eine Vergleichsgruppe gewählt werden, die der eigenen Lebenssituation entspricht – vom Wohnort über das Geschlecht bis hin zum Schulabschluss. Sobald alle Daten eingegeben sind, zeigt eine Grafik, wie viel Prozent der Gesamtbevölkerung und der Vergleichsgruppe ärmer oder reicher sind. Dabei stützt sich der Rechner auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels, der umfassendsten Langzeitstudie in Deutschland.
Besonders interessant für Paare und Familien: Der Rechner berücksichtigt die Personenanzahl im Haushalt, indem er das bedarfsgewichtete Nettoeinkommen pro Person vergleicht. Bedarfsgewichtung bedeutet, dass das Leben günstiger wird, wenn mehrere Leute unter einem Dach leben. Schließlich werden Miete und Nebenkosten geteilt, während Alleinstehende solche Ausgaben alleine schultern müssen.
Die Online-Anwendung des IW Köln teilt das verfügbare Einkommen also nicht einfach durch die Anzahl der Familienmitglieder. Nur die erste Person wird vollständig berücksichtigt – jede weitere zur Hälfte. Bei einem Haushalt, in dem zwei erwachsene Menschen leben, wird das Einkommen also durch den Faktor 1,5 geteilt. Demnach muss ein Paar lediglich das 1,5-fache des Singleeinkommens erwirtschaften, um denselben Lebensstandard zu erreichen. Übrigens: Kinder unter 14 Jahren werden in dieser Berechnung mit einem Faktor von 0,3 berücksichtigt. In Geldbeträgen ausgedrückt bedeutet das, ein Single mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro erreicht denselben Lebensstandard wie ein kinderloses Paar mit einem Monatseinkommen von 3.000 Euro. Eine Familie mit zwei Kindern benötigt dafür hingegen ein Einkommen von 4.200 Euro.
Die Frage nach dem Wohlstand: Einkommen versus Vermögen
Laut Berechnungen des IW Köln gehören Singles mit einem Nettoeinkommen von 3.775 Euro bereits zu den einkommensreichsten zehn Prozent der Gesamtbevölkerung – ab 5.141 Euro sogar zu den oberen drei Prozent. Zumindest dann, wenn der Wohlstand am Einkommen bemessen wird, nicht am Vermögen.
Generell kann zwischen Einkommensreichtum und Vermögensreichtum unterschieden werden. Während sich Einkommensreichtum auf das regelmäßige Einkommen bezieht, setzt sich Vermögensreichtum aus dem Besitz materieller und finanzieller Werte zusammen. Das können Immobilien, Geld, Investitionen, Aktien, Unternehmen, Schmuck, Kunstwerke und andere Sachwerte sein. Laut IW Köln gelten Haushalte als wohlhabend, wenn ihr gemeinsames Nettovermögen 477.200 Euro übersteigt. Wohlstand oder Reichtum lässt sich also nicht allein anhand des Einkommens bemessen.
Die Frage „Wie reich bin ich?“ ist also von vielen Faktoren abhängig. Neben dem Einkommen und Vermögen spielen unter anderem der Familienstand und Wohnort eine Rolle. Somit liefern Anwendungen wie der Online-Rechner des IW Köln wertvolle Vergleichsgrößen. Das ist wichtig, um eine realistische Einschätzung der eigenen finanziellen Situation vornehmen zu können. Die Berechnungen des Forschungsinstituts beweisen: Man muss keine Millionen auf dem Konto und den Sportwagen vor der Villa geparkt haben, um reich zu sein.
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Stand: 17.01.2024