Cannabis wird nicht mehr als verbotene Droge eingestuft, daher gibt es auch keine Strafen mehr für den Besitz oder den Anbau kleiner Mengen für Erwachsene.
Es gibt viel Gegenwind – mögliche Nachbesserungen wurden von der Politik in Aussicht gestellt.
Der Plan, Cannabis kommerziell in Fachgeschäften zu verkaufen, wurde aufgeschoben.
Nach jahrzehntelangen Debatten ist nun zumindest die Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland beschlossen. Mit dem „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (kurz: Cannabisgesetz, noch kürzer: CanG) wird das Rauschmittel aus dem Betäubungsmittelgesetz herausgenommen, wo es bisher neben anderen Drogen als verbotene Substanz geführt und mit Strafvorschriften belegt ist. Nach dem CanG dürfen Erwachsene vom 1. April 2024 an ihr eigenes Cannabis anbauen, um es selbst zu konsumieren. Außerdem wird es legal sein, Cannabis in Anbauvereinigungen gemeinschaftlich anzubauen, solange es nicht gewerblich ist.
Das ist erlaubt
Obwohl das Betäubungsmittelgesetz den Konsum von Cannabis bisher nicht verboten hat, ist der Besitz, Handel und Anbau jedoch strafbar. Da jetzt der Besitz kleiner Cannabismengen für Erwachsene legalisiert ist, wird akzeptiert, was längst „gesellschaftliche Realität“ sei.
- In der eigenen Wohnung dürfen bis zu 3 lebende Cannabispflanzen gepflanzt werden.
- Privat dürfen Erwachsene bis zu 50 Gramm Cannabis für den eigenen Konsum aufbewahren, junge Menschen zwischen 18 und 21 Jahren jedoch maximal 30 Gramm pro Monat.
- Der Gehalt des Rauschmittels THC darf bei nicht über 10 Prozent liegen.
- In öffentlichen Bereichen wird es erlaubt sein, dass Personen ab 18 Jahren bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen dürfen.
- Ab 1. Juli ist es so genannten „Anbauvereinigungen“ (das sind Clubs für Volljährige mit bis zu 500 Mitgliedern) erlaubt, Cannabis anzubauen und untereinander zum Eigenkonsum abzugeben.
Das bleibt verboten
Nicht alle angedachten Vorhaben werden im neuen Cannabisgesetz umgesetzt – einiges soll streng verboten bleiben:
- So ist eine legale Abgabe von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften nicht möglich.
- Zugelassenen Clubs ist es nur erlaubt, reines Cannabis zu verwenden (Marihuana oder Haschisch) – verboten ist, Cannabis mit Tabak, Nikotin oder Lebensmitteln zu mischen.
- Es bleibt strafbar, Cannabis an Kinder und Jugendliche weiterzugeben.
- Erwachsene, die bis zu 30 Gramm Cannabis bei sich führen oder bis zu 60 Gramm zu Hause haben, begehen eine Ordnungswidrigkeit. Bei größeren Mengen wird dies strafrechtlich verfolgt.
- In der Öffentlichkeit ist es nicht erlaubt, in einem Radius von 200 Metern um Schulen, Kindergärten, Spielplätze, Jugendeinrichtungen und Sportstätten zu kiffen. Außerdem ist der Konsum in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr untersagt.
- Auch, wenn Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) künftig nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden, bleibt Werbung dafür verboten.
- Es ist immer noch untersagt, Cannabis in den Militärbereichen der Bundeswehr zu konsumieren.
Außerdem prüft das Verkehrsministerium, wie ein Grenzwert für THC am Steuer festgelegt werden könnte, ähnlich der 0,5-Promille-Grenze für Alkohol.
Cannabisgesetz: das Pro und Kontra
Noch am 22. März 2024 gab es im Bundestag eine kontroverse Debatte zum Cannabisgesetz. Das Problem: Die Erwartungen an eine Teillegalisierung sind auf der einen Seite ebenso groß wie auf der anderen Seite die Vorbehalte.
Pro: Die Befürworter und Befürworterinnen des Gesetzes sehen darin die Chance, Realismus und Prävention zu vereinen, ohne dabei die Risiken zu vernachlässigen. Sie sind zuversichtlich, dass die neuen Regeln bald zu einer Entlastung der Justiz führen werden. Besonders im Hinblick auf die Prävention von Kriminalität und den Schutz der Gesundheit halten sie eine kontrollierte Abgabe für sinnvoller als den Schwarzmarkt. Sie betonen, dass das Gesetz verantwortungsvoll ist, da es verhindert, dass Konsumenten an illegale Handelskreise geraten und dort gefährlichere Substanzen von Dealern oder Dealerinnen erhalten.
Kontra: Die Kritiker und Kritikerinnen dagegen bedauern das sich wieder positiv entwickelnde Image, weil sie, etwa im Gesundheitswesen, täglich in der Praxis mit den folgenschweren Nebenwirkungen kämpfen. Sie sind deshalb gegen eine Legalisierung, da sie eine steigende Anzahl von Konsumierenden und einen höheren Bedarf an medizinischer Behandlung befürchten. Zudem werden durch eine Legalisierung die Risiken verharmlost und präventive Maßnahmen im Bereich der Sucht untergraben. Polizei, Justizbehörden und Jugendämter sehen sich vor zusätzlichen und unnötigen Herausforderungen stehen.
Entkriminalisiert, aber nicht enttabuisiert
Alles wird besser, aber nichts wird gut? Die Entkriminalisierung bedeutet für sie, dass ihr Konsum nicht unbedingt strafrechtlich verfolgt und aus der illegalen Ecke rausgeholt wird. Die Enttabuisierung impliziert, dass das Thema in der Gesellschaft offener diskutiert werden kann und ist mit weniger Stigma verbunden ist.
So ist eine Amnestie geplant für Verurteilungen in Fällen, die zukünftig legalisiert werden. Betroffene haben auch die Möglichkeit, die Löschung ihrer Einträge im Bundeszentralregister zu beantragen. Dies betrifft insbesondere Führungszeugnisse.
Etwas Gras drüber rauchen lassen?
Bundeskanzler Olaf Scholz hat noch nie einen Joint geraucht, auch „keinen einzelnen Zug“. CDU-Chef Friedrich Merz probierte nur einmal ins einem Leben Cannabis – und fand es „furchtbar“. Immerhin mehr als ein Viertel der Menschen in Deutschland im Alter zwischen 18 und 64 Jahren konsumiert Cannabis mindestens einmal im Leben.
Laut Daten des Epidemiologischen Sucht-Surveys von 2021
- konsumierten 8,8 Prozent aller Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal Cannabis; das sind rund 4,5 Millionen Personen.
- 8,6 Prozent der 18- bis 25-jährigen Erwachsenen haben in den letzten zwölf Monaten häufiger als 10-mal Cannabis konsumiert.
- Auch 1,6 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten häufiger als 10-mal Cannabis konsumiert zu haben.
Bei der Mehrheit der Verbrauchenden spricht man vom Probierkonsum; bei jedem vierten Cannabis-Konsumierenden besteht jedoch ein problematischer Konsum.
Cannabis auf Rezept seit 2017 gesetzlich geregelt
Medizinisches Cannabis ist dagegen als wichtige Option unumstritten: Dass Cannabis Patienten und Patientinnen das Leben erleichtert – daran gibt es keine Zweifel. Seit dem 10. März 2017 können Schwerkranke in Deutschland Cannabis auf Rezept verschrieben bekommen. Die Krankenkassen müssen die Therapiekosten übernehmen. Seit dieser Liberalisierung hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sogar eine Cannabisagentur eingerichtet. Diese Agentur steuert und kontrolliert hierzulande den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken, aber auch die Ernte, die Verarbeitung, die Qualitätsprüfung, die Lagerung, die Verpackung und die Abgabe der Cannabisblüten an Apotheken.
Wer nicht mit der Cannabiskultur vertraut ist oder keine detaillierte Kenntnis über die verschiedenen Formen von Cannabis hat, kann mitunter die Begriffe für die Substanzen verwechseln. Hier ein kleines Einmaleins:
Cannabis ist der lateinische Begriff für die Hanfpflanze. In Deutschland und vielen anderen Ländern wird der Begriff Cannabis oft für die gesamte Hanfpflanze sowie für THC-haltige Produkte der Pflanze verwendet.
Marihuana oder Gras bezeichnet in der Regel die getrockneten Blüten (und Blätter) der weiblichen Hanfpflanze. An den Drüsenhaaren auf diesen Blüten haftet das „Harz" der Pflanze, das hohe Konzentrationen von THC, CBD und anderen Cannabinoiden enthält. Marihuana variiert je nach Qualität, Herkunft, Anbauweise und Trocknungsgrad in der Regel von grün bis bräunlich, manchmal auch weiß oder leicht lila.
Haschisch ist das gesammelte und oft gepresste (isolierte) „Harz" der Hanfpflanze. Es kann nicht nur aus den Blüten, sondern auch aus den harzhaltigen Blättern gewonnen werden. Die Farbe von Haschisch variiert je nach Qualität und Herstellungsverfahren normalerweise von hellem Graubraun bis zu mattem Schwarz.
Finanzielle Konsequenzen für den Staat
Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland könnte jährlich etwa 2,7 Milliarden Euro für den Staatshaushalt bringen. Ursprünglich geplant war, dass der Fiskus an jedem legal verkauften Gramm mitverdienen sollte. Eine so genannte Cannabissteuer ist jedoch nicht geplant.
So ist die Teillegalisierung erstmal ist kein großer Wurf, aber sie gilt als wichtiger Schritt im globalen Trend zur Entstigmatisierung von Cannabis. Immerhin sollen Repressionskosten wegfallen, die für die Strafverfolgung entstehen: Diese Kosten werden auf rund 1,1 Milliarden Euro geschätzt (800 Millionen bei Strafverfolgungsbehörden, 220 Millionen Euro bei Gerichten und 35 Millionen Euro bei Justizvollzugseinrichtungen).
Finanzielle Konsequenzen für die Wirtschaft
Bei Cannabisfirmen hatte die Legalisierung bis dato große Hoffnungen geweckt: Start-ups träumten von einem boomenden Markt für Freizeitkonsum. Doch bisher ist nicht klar, ob durch das neue Cannabisgesetz ein neuer Wirtschaftszweig entsteht, der zusätzliche Einnahmen generieren und die Schattenwirtschaft eindämmen kann, geschweige denn knapp 20.000 sozialversicherungspflichtige Vollzeitarbeitsplätze in Deutschland neu entstehen lässt. Denn der nächste Schritt der Legalisierung ist noch in der Warteschleife: die Modellprojekte mit zugelassenen Geschäften.
Derzeit sieht es eher so aus: Einige Unternehmen in der Cannabisbranche haben Schwierigkeiten erlebt, während andere verschwunden sind oder aufgekauft wurden. Laut Fachmedien sind mehrere Unternehmen, die Cannabis reimportierten, bereits bankrottgegangen.
Wie geht es jetzt weiter?
Das Cannabisgesetz schlägt einen neuen Weg in der bundesdeutschen Drogenpolitik ein.
Ein Bündnis von Fachverbänden aus dem Gesundheitswesen, der Pädagogik, der Justiz und dem Sicherheitsbereich hatte noch im Februar 2024 alle Abgeordneten persönlich angeschrieben und nachdrücklich darum gebeten, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Ihre Einwände sind, dass durch die Legalisierung dieser Substanz, die Gefahren nicht mehr ernst genommen werden – obwohl bewiesen sei, dass diese Droge süchtig machen und bei jungen Leuten zu dauerhaften und lebenslangen Problemen führen kann. Beispielhaft werden Psychosen, Depressionen und Angststörungen genannt. Und der Deutsche Richterbund zweifelt an einer massiven Entlastung der Justiz, weil das „extrem kleinteilige Gesetz“ in der Umsetzung zu hohem Kontrollaufwand, zahlreichen neuen Streitfragen und zu vielen zusätzlichen Verfahren vor den Gerichten führen kann.
Licht und Dunkel: Nachbesserungen angekündigt
Die Bundesregierung hat zugesichert, einige Regelungen nachträglich zu ändern. Sie muss das Gras wachsen hören, also aufmerksam bleiben: Wenn die praktische Erfahrung zeigt, dass etwas nicht funktioniert, will sie bestimmte Aspekte näher beleuchten und neu überdenken. Denn am Ende ist es wichtig sicherzustellen, dass Missbrauch (sei es von Drogen, Medikamenten oder dem legalen Alkohol) nicht zu düsteren Konsequenzen führt.
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Stand: 28.03.2024