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Neuwagen auf einem Wagon

Welche Auswirkungen hat die Krise am deutschen Automarkt?

Vorzeigesektor bricht ein
Im August sanken die Neuzulassungen für Autos um fast 30 Prozent. Was einst als Vorzeigesektor der deutschen Wirtschaft galt, kämpft nun an allen Fronten mit massiven Herausforderungen. Unser Experte erklärt die Hintergründe und beleuchtet die Konsequenzen für Gesamtwirtschaft sowie die Entwicklung an den Börsen.

Der deutsche Automarkt, einst eine Stütze der Wirtschaft, steckt in einer tiefen Krise: Der Absatz ist im August im Vergleich zum Vorjahresmonat drastisch eingebrochen. Besonders betroffen sind laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Elektroautos mit einem Minus von rund 69 Prozent. Autos mit Dieselmotoren verbuchten einen Rückgang von 24,4 Prozent und Benziner 7,4 Prozent. Insgesamt liegt das Minus bei 27,8 Prozent. Im bisherigen Jahresverlauf wurden fast 590.000 Neuwagen weniger verkauft als im Vergleichszeitraum 2019.

Obwohl für den europäischen Gesamtmarkt für 2024 ein Wachstum von 4 Prozent erwartet wird, ist die Situation vor allem bei den deutschen Autobauern extrem angespannt: VW hat einen harten Sparkurs angekündigt und schließt Werksschließungen nicht aus. Premiummarken wie Audi, BMW, Mercedes und Porsche kämpfen nicht nur mit harten Einbrüchen, sondern auch mit deutlich geringeren Marktanteilen. Eine schnelle Erholung ist nicht absehbar. Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, erklärt die Ursachen dieser Entwicklung und gibt einen Ausblick, wohin sich die aktuelle Situation für den deutschen Automarkt, aber auch für Anlegerinnen und Anleger entwickeln könnte.

3 Fragen zu Geld an

Dr. Ulrich Kater

Chefvolkswirt der Deka

Herr Dr. Kater, warum tut sich der deutsche Automarkt aktuell so schwer?

Wie meistens, wenn etwas mächtig schiefläuft, sind mehrere Ursachen am Werk: So leidet etwa die gesamte Autobranche unter einer geringeren Nachfrage, insbesondere in Europa. Inflation und Kaufkraftverlust, schwache Konjunktur und eine veränderte Einstellung zum eigenen Auto in der jüngeren Generation führen dazu, dass das Geschäft mit Neu- und Gebrauchtwagen seit der Coronakrise sehr mau ausfällt.

Dazu kommt natürlich die Umstellung auf die Elektromobilität. Selbst wenn diese vollkommen glatt verlaufen wäre, hätte sie eine erheblich geringere Wertschöpfung im Autosektor bedeutet. Denn der Elektromotor benötigt weniger Teile als der Verbrenner. Und schließlich belastet die Konkurrenz aus anderen Ländern zusätzlich, insbesondere aus China. Wenngleich die Skepsis der Nachfrager bezüglich der Datensicherheit solcher Importe aus autokratischen Ländern hoch ist und hoch bleiben dürfte. All dies zusammen setzt die deutschen Branchen unter erheblichen Anpassungsdruck.

Wie schwer wiegt die Schwäche der Automobilindustrie auf der deutschen Wirtschaft?

Die deutschen Unternehmen haben sich in der Vergangenheit als sehr flexibel in ihren Geschäftsmodellen erwiesen. Sie konnten Produktionsabwanderungen, etwa nach Asien, durch neue Industriestrukturen ersetzen. Bei der Autobranche dürfte das aber schwerfallen. Die Folge wäre ein geringer Industrieanteil in der deutschen Wirtschaft.

Das wäre nicht schlimm, wenn die wegfallenden Arbeitsplätze durch ebenso produktive Jobs im Dienstleistungsbereich ersetzt würden. Werden sie aber nicht. Dazu fehlt es hierzulande an Innovationskraft und Infrastruktur. Das heißt zwar nicht, dass die Arbeitslosigkeit steigen wird, aber neue Arbeitsplätze werden im Durchschnitt wahrscheinlich schlechter bezahlt. Das ist nicht gut für die Produktivität und am Ende auch nicht für den Wohlstand.

Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus der aktuellen Situation für Investorinnen und Investoren?

In der Vermögensanlage denken wir schon lange nicht mehr national, sondern im Maßstab der Weltmärkte. Es gibt auch in Zukunft viele erfolgreiche Autofirmen. Dank der internationalen Kapitalmärkte kann man hier überall als Aktionär dabei sein. In politisch unruhigen Zeiten sollte man jedoch bei der Länderauswahl zweimal hinschauen – die Aufgabe der Länderanalysten bei der Aktienanlage wird wichtiger.

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Stand: 24.09.2024

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